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Wintercross Wallernhausen

Wintercross Wallernhausen

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Ja-Nein-Ja-Nein-Ja-Nein, das ist der Stand meiner Meinung zum Wintercross-Start am Samstagnachmittag. Mein jüngster Sohn meint: „Versuch es doch, was hast du zu verlieren?“ Beschluss Samstagabend: Ja, ich starte! Zusage via Internet erteilt.
Sonntagmorgen 3:30 Uhr wach gehustet. Wo kommt das denn her? Unruhiger Halbschlaf bis 6:50 Uhr der Wecker klingelt. „Es ist Sonntagmorgen, warum verdammt willst du dich jetzt anziehen um eine Geländestrecke zu rennen?“ rebelliert mein Kopf und der Körper stimmt ihm zu. „Nicht denken!“ befehle ich mir selbst und schlüpfe in die bereitliegenden Laufklamotten. Fahre zum Bäcker und erbeute Frühstück für die selig schlummernde Familie. Beide Hunde ebenfalls voll im Schlafmodus. Also Nemo in die Küche gelockt und heimlich gefüttert, einen Cappuccino to go angerührt, Tasche packen und los ins Auto. Zwischendurch Hustenattacken. Mir ist schlecht. Was tue ich hier? Rauf auf den Berg, einbiegen in den Feldweg, Hund raus zur Morgentoilette. Es ist 7.30 Uhr, nur Hundemenschen sind unterwegs. Wir gehen ein kleines Stück. Nemo springt vergnügt über die Wiesen, ich nuckele meinen Wachmacher aus dem Thermobecher. Eigentlich echt schön die friedliche Morgenwelt. Ich fühle mich etwas besser. Weiterfahrt nach Wallernhausen. Parken, nachmelden, Startnummer entgegen nehmen. Jetzt ist es besiegelt. Wir laufen die 10 Kilometer mit 250 Höhenmetern.
Gespräche mit Kennern der Strecke. „Wenn du die lange Steigung oben bist hast du es geschafft, dann geht’s überwiegend bergab. „ „Du warst ja am Donnerstag so gut wie oben, das kleine Stückchen schaffst du mit Hund auch noch. „ Na dann wird’s wohl passen. Einziges Ziel für Nemo und mich: Ankommen! An Zeit peile ich so 1:20 bis 1:30 Stunden an.
Massenstart mit viel Gebell. Wir starten ganz hinten, denn das wird unser Platz im Canicross-Feld bleiben. Die anderen düsen uns davon. Egal, wir laufen ganz locker Wohlfühltempo den ersten Kilometer bis die Steigung beginnt. Die habe ich ja Donnerstag bereits erkundet und nicht geschafft . Mit Nemo ,der zieht ,geht es eindeutig besser aufwärts. An dem Punkt an dem ich kapituliert hatte beim letzten Training geht mit Hund noch was, obwohl die Beine signalisieren: „Jetzt ist´s mal gut“. Wir schaffen das! Beiße ich die Zähne zusammen. Wir sind ja angeblich gleich oben. Die ersehnte Kuppe ist da, gerade Strecke über einen Parkplatz, eine Kreisstraße, jetzt wird’s locker. Um eine Kurve, da ist eine Steigung. Moment mal, es hieß doch nach der langen Steigung wäre es geschafft. Es geht bergauf und bergauf und bergauf. Der Hund läuft wie ein Uhrwerk, mein Körper schreit um Hilfe. „Wir schaffen das! Wir schaffen das!“ hämmer ich mir selbst ein.
Ab Kilometer 4 endlich steil bergab. Der Hund will mehr Tempo. Nein, lieber nicht. Letztes Jahr hab ich mir durch umknicken die Bänder gerissen. Der Schotterweg ist matschig, also Bremse zu und langsam bergab. Absolutes Bummeltempo, gefühlt, aber egal. Die anderen Canicrosser sind eh längst außer Sichtweite. Unten am Berg angekommen geht’s, wie sollte es anders sein, wieder bergauf. Aha! Von wegen der Rest wird ein Spaziergang. Kilometer 5, ich fange echt an mich zu ärgern. Kurz nur. Bin ich Sonntag früh aufgestanden um mich zu ärgern? Ändert es etwas? Macht es die Strecke leichter? Nö!
Wir traben bergauf, gerade, bergab, bergauf, ein bisschen wie Berg- und Talbahn. Der Hund läuft und läuft und läuft und ich hinterher. Immer bedacht ihn nicht zu schnell werden zu lassen, denn der letzte Kilometer geht nochmal…wie sollte es anders sein…bergauf. Da möchte ich noch Reserven haben. Ich fange an den Morgen zu genießen. Schöner Wald, toller Hund, kein Zeitdruck, Ruhe und Frieden, alles ist gut. Jeder Meter bringt uns näher ans Ziel.
Bei Kilometer 8 sehen wir wieder eine andere Läuferin vor uns. Einen Kilometer weiter sind wir auf 20 Meter an sie ran. Nun der Endspurt. Mit Nemo als Motivator geht’s die letzte Steigung hoch und ins Ziel wo wir angefeuert und bejubelt werden. Ich bin glücklich, knuddel den Hund, freu mich, versorge uns mit Wasser und Tee und mache irgendwann runtastic aus. Äh, unter einer Stunde? Nicht möglich! Doch da der Start der Läufer Gruppe 2 noch nicht erfolgt ist muss es wohl stimmen. Hammer. Ich bin sprachlos.
Nette Gespräche und Glücksgefühle genieße ich noch einen Moment, dann geht’s nach Hause zur Familie, frühstücken.
Erst auf der Fahrt kommt richtig bei mir an dass der Hund zwar den Bärenanteil der Leistung gebracht hat, aber ich heute weit mehr geschafft habe als ich mir zugetraut habe. Und deutlich mehr als meine Kritiker mir nach dem Schlaganfall zugetraut hätten. Tränen laufen. Es geht eben doch! Ich kann meine Ziele erreichen, auch mit Handicap. So wie der Hund es mir vorlebt. Ich muss nur dran glauben. Dies war erst der Anfang!

Der Lauf war super organisiert. Eine anspruchsvolle, aber sehr schöne Strecke. Kompliment an den Verein!

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Unmoegliche hat geschrieben:.... ich heute weit mehr geschafft habe als ich mir zugetraut habe. Und deutlich mehr als meine Kritiker mir nach dem Schlaganfall zugetraut hätten. Tränen laufen. Es geht eben doch! Ich kann meine Ziele erreichen, auch mit Handicap. So wie der Hund es mir vorlebt. Ich muss nur dran glauben. Dies war erst der Anfang!
Na siehste! Du kannst es doch! :daumen:

Jetzt steht der Läufercarriere nix mehr im Weg! :nick:

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Ich bin ja hin und weg! Das habt ihr beide großartig gemacht :daumen: Und deine Einstellung, dich nicht ärgern zu wollen, ist mustergültig. Ihr beide werdet sicher noch viele schöne und aufregende Wettkämpfe bestreiten :)

Gruss Tommi
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