[font="]Donnerstag Morgen las meine Freundin den Runnersworld-Newsletter und sagte auf einmal "Hey, hast du gesehen, dass morgen ein Bremer Nachtlauf stattfindet?" Ich war etwas perplex, weil der Lauf komplett an mir vorbeigegangen war, nachdem ich in letzter Zeit häufig nach einem Lauf hier in der Nähe gesucht hatte, bei dem ich mal teilnehmen könnte. Ich laufe erst seit Anfang Dezember, und dabei habe ich mich noch von Anfang Januar bis März wegen Eis, Schnee, Kälte und vor allem dem inneren Schweinehund nicht aus dem Haus bewegt...
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[font="]Naja, am Donnerstag habe ich dann hin und her überlegt, ob ich da mal mitmachen soll, wobei auf der Positivseite vor allem die Lust, bei sowas mal mitzumachen (und das Laufshirt, dass es zur Anmeldung gab

) standen, auf der Negativseite allgemeine Feigheit und der oben erwähnte Schweinehund... immerhin habe ich sowas bisher nie mitgemacht, und auch wenn ich weiß, dass ich 30 Minuten bzw. 5 Kilometer halbwegs locker wegstecken kann, war ich mir einfach nicht sicher, ob das alles so eine gute Idee wäre. Am Donnerstag Abend war außerdem der abschließende Termin meines Laufkurses, d.h. 30 Minuten Laufen, und bisher hatte ich "Als Anfänger immer mindestens einen Tag Pause zwischen den Läufen!" als in Stein gemeißelte erste Regel des Laufsports immer penibel befolgt.

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[font="]Ich habe mich dann erstmal auch nicht online angemeldet, sondern mir überlegt, dass ich den nächsten Tag abwarten und gucken wollte, wie es mir da geht, und dann notfalls einfach nach Bremen fahren und mich nachmelden könnte. Gesagt, getan, am Freitag morgen ging es meinen Beinen und allen sonstigen relevanten Körperteilen ganz gut. Trotzdem war ich mir nicht sicher, ob ich an dem Lauf teilnehmen sollte... Laufen bei Dunkelheit, wo ich doch sowieso nicht gucken kann? Mit anderen Leuten? Auf Zeit? Wie lange darf man eigentlich bei einem 5k maximal brauchen, bis einen der Besenwagen überrollt?

Und woher bekomme ich einen Startnummernhalter? (Ich habe tatsächlich mittels eines Flyers von einem Sushirestaurant überprüft, ob man eine Startnummer nicht auch mittels einiger Magneten von der Pinwand halbwegs sicher befestigen könnte [Nein, man kann es nicht

], und im Anschluss im vererbten Nähkästchen meiner Oma nach Sicherheitsnadeln gegraben...).
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[font="]Als der Schweinehund dann beinahe gesiegt hatte, hat meine Freundin mit einem "mach doch einfach" doch noch dafür gesorgt, dass ich spontan meinen Krempel gepackt und mich in den Zug nach Bremen gesetzt habe, um einfach mal auf gut Glück zu gucken, ob noch ein Startplatz zu ergattern wäre. In Bremen angekommen, ging es dann (mit dem ausgeklügelten Plan, in irgendeinem Sportgeschäft noch einen Nummernhalter zu besorgen) Richtung Marktplatz zu den kaum zu übersehenden knallorangen Sportscheck-Zelten, wo ich tatsächlich noch einen Startplatz bekam. Und: Es gab gar keine Startnummer! Nach zweimaligem durchsuchen des Sackes, in dem mir der Zeitchip, das Shirt, ein Berg von Flyern, Kaugummi, Schweißband und (sportiver!) Babybrei überreicht worden waren, war ich drauf und dran, nochmal nachfragen zu gehen... habe mir dann die Peinlichkeit aber doch erspart.

Es gab schlicht keine physische Startnummer, so dass auch mein Shoppingtripp nach einer Halterung ausfiel. Naja, weil ich nicht so recht wusste, was ich mit den verbleibenden 2,5 Stunden bis zum, Start mit mir anfangen sollte, setzte ich mich noch in den nächstbesten Fastfoodtempel mit Blick auf den Startbereich und betrieb, ganz professionell, Carboloading mit Pommes und Cola...

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[font="]Nach einiger Rumsitzerei und einigen Touren rund um das Veranstaltungsgelände, um schonmal zu gucken, wo ich hin muss, damit ich mich später nicht verlaufe, begann dann pünktlich um 20:30 der Kinderlauf. Die Kinder waren dann auch exzellente Versuchskaninchen für mich, um mir anzusehen, wie so ein Start von statten geht.

Außerdem taten auch gute Ausschilderung und Lautsprecherdurchsagen ihr übriges, damit ich mich nicht ausversehen in der Schlange vor der Bratwurstbude anstellte. Einige Zeit später fand auch ich mich dann, gewandet in ein weiß-oranges Shirt, was nun wirklich farblich genau das Gegenteil dessen ist, in dem ich mich sonst so wohlfühle, mit Zeitchip im Schnürband und in der sicheren Gewissheit, dass nicht nur ich ohne Startnummer dort rumlief, im Startbereich ein. Den Rest kennt ihr sicher... Startschuss, lostrotten, irgendwann war dann genug Platz, um zu laufen. Aber wie schnell läuft man eigentlich bei sowas? Weil ich nicht unbedingt der letzte werden wollte, suchte ich mir angemessen unsportlich aussehende Menschen aus, denen ich zutraute, zumindest nicht wesentlich schneller zu sein als ich (manchmal, musste ich feststellen, täuscht der erste Eindruck doch ungemein!), und hängte mich an deren Fersen.
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[font="]Auf der gesperrten Obernstraße ging es Richtung Brill, und bis dahin dachte ich noch, dass es doch echt angenehm ist, so viel Platz beim Laufen zu haben und nicht total im Gedränge festzustecken... bis die Kurve auf die erste Weserbrücke kam, die man auf dem (auch von Fußgängern frequentierten) Fußgängerweg zurücklegte, so man, wie könnte es anders sein, sofort im Gedränge feststeckte. Da ich aber ohnehin nicht der Schnellsten einer bin, war mir das erstmal egal, auch, als es dann auf der anderen Weserseite zurück zur zweiten Brückenquerung ging. Dort angekommen, folgte dann die erste Bewährungsprobe für mich als jemanden, der bisher nur auf ebenen Feldwegen unterwegs war... Höhenunterschiede!

Erst eine Straße mit Gefälle, dann unter der Brücke durch, und auf der anderen Seite wieder den Deich hoch. Dank des geringen Tempos der Gruppe, in der ich feststeckte, war das Bergauflaufen aber doch noch erträglich. Auf der anderen Flussseite sah man schon die ersten Menschen in Richtung Ziel rasen, aber mein Ziel war ja nicht Geschwindigkeit, sondern einzig der Sieg über den inneren Schweinehund. Also ging es über die Brücke, den Deich entlang aufs Weserstadion zu, dann 180-Grad-Wende den Deich runter (wenn ich keine Startnummer habe, wie will man denn eigentlich nachher feststellen, wer ich war, wenn ich mich einfach ganz am Anfang den Deich runtergerollt und einfach mal 800 Meter abgekürzt hätte?

), durch eine Straßenunterführung, in der schon der vordere Teil des Hauptfeldes entgegen kam, dann nochmal einige Steigungen in einem Park. Als ich nach der zweiten Durchquerung wieder aus dem Tunnel herauskam, begann der leichte Nieselregen sich dann langsam in mittelschweren Nieselregen zu wandeln, der, je weiter es die Schlacht entlangging, desto stärker wurde. Außerdem fingen nun, nach Kilometer 4, auch die Beine an zu nerven, so dass ich ein Stück mit einigen Schwierigkeiten mehr humpelnd als laufend zurücklegte... ging aber nach kurzer Zeit wieder. Und dann läuft man nichtsahnend um eine Ecke, und was steht vor einem? Genau, eine verdammte Treppe!

Der Gedanke "Wie soll ich da denn jetzt hochkommen?" und der kurzzeitige Wunsch nach einem Treppenlift hielten nicht lange, denn die Treppe hochzulaufen, ging doch überraschend gut, so dass ich die letzen Meter zum Ziel dann auch nicht kriechend, sondern in halbwegs passablem Lauf hinter mich brachte. Kurz vorher dachte ich noch, dass ich jetzt doch dann auch genug aufgewärmt wäre, um noch ein paar Kilometer weiter zu laufen. Naja, aber da es dann auch angefangen hatte, richtig zu schütten, habe ich das doch erstmal seinlassen.

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[font="]Stattdessen gab es Isogetränke, Bananen, Babybrei etc. an von Menschenmassen belagerten Ständen, und als ich mich dort durchgekämpft (und meinen Zahnarzt, der auch mitlief, getroffen) hatte, auch noch die Möglichkeit, seinen Einmal-Zeitchip in eine Box zu werfen, um am Gewinnspiel für einen Kopfhörer teilzunehmen. Jetzt rächte sich mein Versuch, den Chip möglichst fest einzufädeln, nämlich ganz vorne... also musste ich im strömenden Regen irgendwie meinen Schuh auffädeln und wieder zufriemeln. Nächstes mal hole ich mir so ein Klettband oder sowas. Mit einem Ergebnis von 33:57, mit dem ich sicherlich ganz zufrieden sein konnte, ging es dann zum Bahnhof zurück, erstaunlicherweise ohne Schmerzen und Humpeln. Und natürlich habe ich den Zug trotzdem knapp verpasst, aber das ist eine andere Geschichte.
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[font="]Mein Fazit zum Bremer Nachtlauf: definitiv toll organisierte Veranstaltung, die wirklich spaß macht. Nächstes Jahr mache ich in jedem Fall wieder mit, und dann komme ich vielleicht nicht nur auf Platz 878. Für mich war es ein gelungenes Lauf-Debüt, bei dem es sogar eine Medaille für meine persönliche Wall of Fame gab. Man muss ja nicht dazu sagen, dass jeder eine bekommen hat.

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