Freitag, der lange Lauf
Heute sollte es also sein. Der Tag, an dem ich die 10 Kilometer angehe.
Die Strecke hatte ich vermessen, ich kannte Start und Ziel. Mittags ins Wochenende gestartet, zum Umziehen nach Hause und dann sollte es losgehen.
Zu Hause verkündet mein Gatte freudestrahlend, dass er mitlaufen möchte. Das stand nun gar nicht auf meinem Plan. Also kein Hörbuch, sondern Unterhaltung unterwegs. Na gut, soll er halt mitkommen. Wenn es ihm zu weit ist, kann er allein zum Auto zurücklaufen.
13 Grad, trüber Himmel, etwas windig. Blöderweise kommt der Wind aus der falschen Richtung, also zuerst Rückenwind. Mich gruselt schon vor dem Gegenwind auf den letzten Kilometern.
Wie erwartet prescht mein Mann los wie auf unseren kurzen Runden. Ich lache und bremse ihn mächtig ab. Geschwindigkeit ist heute egal, es soll so langsam sein, dass ich so weit wie möglich durchhalte. Ich plane keine festen Gehpausen, möchte es lieber vom aktuellen Empfinden abhängig machen. In den letzten Wochen habe ich ja gelernt, Rücksicht auf meinen Puls zu nehmen.
Als nach dem 4. Kilometer die Abzweigung zu meiner bisherigen Strecke kommt, wird mir etwas mulmig. Soll ich wirklich? Ja, ich soll. Also einfach geradeaus weiter. Nach 5 Kilometern klebt der Puls bei 154. Nicht wirklich hoch, also erstmal keine Gehpause. Bei Kilometer 7 bekomme ich leichtes Seitenstechen. Der Körper wird unwillig und ich vermisse jetzt wirklich die Ablenkung auf den Ohren. Stattdessen fange ich laut an zu schimpfen, zur Erheiterung meines Mannes. Ich finde alles doof und anstrengend und viel zu weit. Ihm scheint das alles überhaupt nichts auszumachen, er ist begeistert von unserem langsamen Rumtappsen. Es gelingt ihm auch, mich wieder zu beruhigen und zum Weiterlaufen zu motivieren.
Ab Kilometer 8 kommt der Gegenwind. Ich habe zwar eine Windjacke drübergezogen, fange aber schlagartig an zu frieren. Ich ziehe mir die Kapuzen von Shirt und Jacke über den Kopf, aber die unangenehme Kälte im Nacken bleibt. Ich habe mehr mit der Kälte als mit dem Wind zu tun. Wir sind so weit gekommen, jetzt bremst uns nichts mehr.
Was soll ich noch weiter schreiben? Wir haben es tatsächlich geschafft.
Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben 10 Kilometer am Stück gelaufen
Es waren 10,13 Kilometer in 1:17:47 Stunde, Pace 7:40, keine Höhenmeter, Durchschnittspuls 154
Wenn ich unterwegs nicht soviel geredet hätte, wäre der Puls sicher niedriger gewesen

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Selbst die voll aufgedrehte Heizung im Auto konnte mich nicht richtig wärmen, erst unter der heißen Dusche kam ein normales Temperaturgefühl zurück. Mir geht es jetzt gut, nur die Waden sind etwas beleidigt und meckern rum.
Mein Mann kam übrigens fast tiefenentspannt am Auto an und meinte, von der Puste her wäre noch mehr gegangen, aber seine Beine würden sich sehr müde anfühlen.
Für uns ist jedenfalls heute schon Weihnachten.
Sonntag werden wir noch unsere Spaßrunde drehen, und nächste Woche lasse ich es mal ganz langsam angehen.