Im Thread zum Thema "Zielzeit" gab´s ein paar Statements zum Thema "Trainieren nach Puls". Da das ein interessantes und wichtiges Thema ist, hat Alpi vorgeschlagen dazu einen neuen Thread zu eröffnen, was ich hiermit mache:

Ich werde meine Meinung dazu noch einmal anhand meines sportlichen Werdegangs erklären.
Ich habe mit 18 Jahren angefangen, mehr oder weniger gezielt Ausdauersport zu betreiben. Damals habe ich jeden Meter mit meiner Vespa zurückgelegt. Meine Kondition war unter aller Sau, und ich hab mich nicht mehr wohlgefühlt. Da sich meine Vespa ohnehin aufgelöst hat, hab ich die Situation genutzt und mir ein Rennrad gekauft. Das erste Monat damit war schlimm, weil sich zwei Jahre Sportabstinenz eben nicht förderlich auf das Tempo am Rennrad auswirken. Dann gings aber recht schnell besser. Meine Kondition steigerte sich kontinuierlich. Nach geschätzten weiteren drei Monaten schien ich jedoch wie an einer Mauer anzustehen. Ich konnte mich kaum verbessern.
Ein Bekannter meiner Eltern ist Sportmediziner, und bot an, mich per Ergometrie durchzuchecken und einen angepassten Trainingsplan zu erstellen.
Die Diagnose - viele werden´s eh erraten - fiel folgendermaßen aus:
Lausige Grundlagenausdauer. Ich hatte immer in viel zu hohem Pulsbereich trainiert. Daß es so etwas wie Grundlagenausdauer, aeobe und anerobe Schwelle überhaupt gibt, war mir damals völlig neu.
Also hab ich mir eine Pulsuhr gekauft und mich ein Jahr lang recht genau an den Trainingsplan gehalten.
Ich bin in diesem Jahr 12000km gefahren, was für das zweite Jahr am Rad recht ordentlich ist.
Der Trainingserfolg war dementsprechend gut. Und ich muß zugeben, daß ich das ohne Pulsmesser so nicht geschafft hätte. Erst das Trainieren mit Pulsuhr hat es mir damals ermöglicht, mein kläglich verkümmertes Körpergefühl wieder zu entwickeln. Die Ergometrie am Ende dieser Saison fiel sehr befriedigend aus, und es war für mich eindrucksvoll das Ergebnis mit dem der ersten Ergometrie zu vergleichen.
Ich bekam wieder einen Trainingsplan. Aber das Fahren mit Pulmesser machte immer weniger Spaß. Ich hatte das Gefühl zu wissen, wann es Sinn machte Grundlagenausdauer im niedrigen Pulsbereich zu trainieren, und wann es mir gut tat, eine dreiviertel Stunde bei 80% HFmax zu kämpfen.
So wurde der Brustgurt immer seltener angelegt. Irgendwann war die Batterie leer und das Thema damit endgültig erledigt.
Als ich vor drei Jahren mit dem Laufen begonnen habe, hab ich das von vorn herein ohne Pulsmesser gemacht und war sehr glücklich und auch einigermaßen erfolgreich dabei. Ich habe eben halbwegs gelernt auf meinen Körper zu hören. Dieses gewonnene Körpergefühl ist für mich wahrscheinlich sogar der Hauptansporn, Ausdauersport zu betreiben. Deshalb bin ich oft verwundert, daß sich manche Läufer regelrecht gegen dieses Hören auf den Körper zu wehren scheinen.
Hier im Forum ist sinngemäß zu lesen: "ich laufe morgen meinen ersten Halbmarathon. Meine HFmax beträgt xyz. Soll ich den Lauf mit einer HF von 165,3 beginnen, oder ist das zu hoch?"
Ich hoffe der Verfasser fühlt sich nicht angegriffen - das will ich natürlich nicht. Ich habe das hier angeführt, weil es dieses - meiner Meinung nach - fragwürdig Herangehen an den Ausdauersport eindrucksvoll beschreibt.
Ich bin selbst noch nie einen HM (zumindest noch nie als Rennen) gelaufen, deshalb erscheint ein Ratchlag von mir vielleicht unqualifiziert. Aber ich denke, wenn man die gesamte HM Distanz mit dem Blick auf das Hangelenk läuft, dann geht ein wesentlicher Aspekt des Ausdauersportelns verloren: Das Hören auf den eigenen Körper.
Es ist doch eine wertvolle Erfahruntg, wenn man z.B. nach 10km spürt, daß man nun vielleicht für die nächsten zwei, drei Kilometer etwas Tempo rausnehmenm muß, um das Rennen gut zu bewältigen. Wenn man nach diesen zwei, drei Kilometern merkt, daß man recht hatte mit seinem Gefühl, und wieder schneller laufen kann, dann ist das doch ein riesen Erfolg.
Wenn man den gesamten Lauf Kilometer für Kilometer penibel genau nach irgendwelchen Pulsempfehlungen läuft, dann geht dieser schöne Aspekt doch fast zur Gänze verloren!
Ich hoffe ich habe euch mit meinen Ausführungen nicht gelangweilt.
(dafür kann ich mir wohl die Kurzvorstellung als Mitglied sparen, nachdem ich euch meinen sportlichen Werdegang so ausführlich erzählt habe;) )
Also, der langen Rede kurzer Sinn:
Das Pulsmessen ist im Training gerade für den Anfänger (natürich auch für den TopProfi, aber das ist eine andere Geschichte) ein nützliches Instrument, um sein Training effizient zu gestalten. Es mag auch vielen routinierteren Läufern als Motivationsstütze helfen. Das sind beides positive Aspekte.
Dennoch sollte man aufpassen, nicht in eine Pulshörigkeit zu verfallen, da es meiner Meinung dem Körpergefühl abträglich ist, wenn man nicht zumindest hin und wieder ohne Uhr und Pulsmesser einfach mit sich und seinem Körper trainiert.
grüße jimbo