Nach 1,5jähriger Wettkampfabstinenz und 1 Jahr wengier als moderatem Training hat’s gereicht, ich habe mich wieder zum Österreichischen Frauenlauf angemeldet und brav darauf hintrainiert... wobei ich euch ja eh schon ein oder zweimal bezüglich fehlenden Fortschritts angejammert hatte.

Wie dem auch sei, gestern war’s endlich soweit. Ich war echt schon seit ca. 2 Wochen nervös.
Es waren diesmal beinahe 8000 Frauen am Start. Einige dürften sich aber durch das Wetter abschrecken haben lassen: Noch um 8.00 morgens begann es regelrecht zu schütten, es war beinahe kühl. Im Endeffekt ein Riesenglück: Seit zwei Wochen hatte es bei uns regelmäßig über 30°C, sodaß ein Lauf, der erst um 10:30 (5 km-Strecke) und 11:00 (10-km-Strecke) beginnt, ohnehin zur reinen Tortur geworden wäre. Ab 9:00 war das Wetter etwas besser, es regnete nicht mehr ganz so viel, hörte zwischendurch ganz auf, blieb aber relativ kühl. Also beinahe ideal! Meine einzige Sorge bei dem Regenwetter: Dass meine traditionelle knallrote Haarfarbe auswaschen könnte – ein Horrorszenario! Am Ende werde ich von Santitätern zwangsverarztet, wenn mir rote Ströme das Gesicht herunterlaufen.
Während die Blöcke der 5-km-Läuferinnen starten, laufe ich mich ein bisschen warm. Und während wir 10-km-Läuferinnen am Start stehen, sagen die Veranstalter durch, dass die Siegerin der 5km auch schon im Ziel ist. Die Nervosität steigt noch mehr, die Minuten bis zum Start werden per Lautsprecher heruntergezählt, und inmitten einer Horde nervös auf- und abspringender Mädchen bereue ich, nicht noch ein zehntes Mal aufs Klo gegangen zu sein.
Dann der Startgong. Ja, ein Gong, kein Schuss – wir Frauen sind ja so friedliebend! Die Dame hinter mir rammt mir den Ellbogen ins Kreuz, ihr geht’s nicht schnell genug; dabei sind wir noch nicht mal bei der Startlinie! Bis dahin geht’s im Trippelschritt dahin, doch dahinter beginnt sich das Feld relativ schnell aufzuteilen, es ist genug Platz zum Laufen, ohne dass man Angst haben muss, der Vorderfrau in die Ferse zu treten.
Vollgepumpt mit Adrenalin laufe ich dahin – endlich! Den ganzen Morgen habe ich mich schon gefühlt wie ein Rennpferd in der Startbox.

Der erste Kilometer ist schnell da – und ich kann nicht anders, ich muss auf die Uhr sehen und die Zwischenzeit stoppen – 5:34, eigentlich schneller als vorgenommen. Ich hatte geplant, die ersten km in meinem gewohnten Wohlfühltempo (6:00) zu laufen, um dann ab der Hälfte etwas zu beschleunigen, wenn noch Reserven vorhanden sind. Also bremse ich wieder ein bisschen, obwohl jetzt die Leute rechts und links an mir dauernd vorbeiziehen, und das nagt doch am Selbstwertgefühl. Egal.
Die Strecke ist schön, meine „Hausstrecke“, die ich auch im Training oft laufe; etwas abgewandelt nur, damit die 10km zusammen kommen. Jedenfalls eine Riesenallee, rundherum Wiesen, Bäume, Sträucher. Das letzte Stück führt diesmal sogar am Riesenrad vorbei ein Stück durch den Prater.
Weiter geht’s, die ersten drei km fliegen scheinbar anstrengungslos vorüber. Ich fühle mich leicht und fliegend und laufe relativ gleichmäßig das angefangene Tempo – 5:36, 5:40, 5:42.. Dann Halbzeit – 5km. Bald gibt’s zu trinken. Weil es morgens so kühl war, habe ich nichts eigenes mitgebracht, was ich schon bereue. Es ist doch ziemlich warm geworden und schwül. Ich schnappe mir also einen Becher, überlege es mir gleich und nehme noch einen zweiten. Ich beschließe, wieder einmal zu versuchen, im Laufen aus Bechern zu trinken. Und wieder einmal schütte ich mir das Wasser mit viel Schwung genau in die Luftröhre. Röchelnd und hustend versuche ich krampfhaft trotzdem weiterzulaufen und möglichst wenig vom verbliebenen Wasser zu verschütten. Durstig wär ich nämlich eigentlich schon. Also noch ein Versuch – mit dem selben Ergebnis. Es reicht, ich lege eine Trink-Geh-Pause, bis das Wasser in der Luftröhre meinen Körper via Nase verlassen hat.
Jetzt versuche ganz sanft das Tempo zu erhöhen. Für mich immer ein schwieriges Unterfangen, ich fange dann immer unbewußt an, quasi zu sprinten. Also ganz sanft Gas geben – geht auch super. Mittlerweile bin ich es, die die anderen überholt. So geht es eigentlich weiterhin ganz locker km um km weiter – jeder in ca. 5:30. Beim achten Kilometer denke ich, dass ich eigentlich noch viel Kraft und Energie spüre. Also ziehe ich das Tempo weiter an, schon ziemlich bis zum Maximum, und hoffe, dass ich es zwei Kilometer durchhalten kann. Naja, ich kann.... fast. Etwa auf km 9,5 geht mir dann doch die Puste aus, hauptsächlich, weil ich mich durch das Tempo in einen wahren Rausch gelaufen bin und breit grinsend und mit verzückt verdrehten Augen mit zu einem ca. 500m Sprint verleiten habe lassen.
Vor dem Zieleinlauf ist noch eine 90°-Linkskurve. Kurz davor steht mein Freund und schreit so laut, dass ich ihn sogar durch das Walkman-Gedudel höre und hinsehen kann – um dann natürlich angeberisch loszuspringen – ab dieser Kurve war’s ja auch geplant. Ich renne und sprinte diese letzen 100m was die Lunge noch hergibt, überhole etliche, und hefte mich dann an die Fersen der Frau, die sich vorher so nett um mein Befinden gesorgt hat. Sie hat allerdings Beine, die auf meiner Schulterhöhe enden und ist sicher 10 Jahre jünger. Und ein bisschen durchtrainierter auch. Mit langen Riesenschritten nähert sie sich dem Ziel, als ich von hinten komme und sie – ca 5 Schritte, während sie 1 macht – zu überholen versuche. Das lässt sie natürlich nicht auf sich sitzen und beginnt ihre Riesenschritte genauso schnell zu machen wie ich meine kleinen.... sodass ich natürlich keine Chance mehr habe. Macht aber nichts, der Moderator würdigt unseren Sprint und das Publikum johlt.
Dann die Ziellinie, drüber – aus. Hechelnd schnappe ich mir eine Medaille – die Medaillenverteiler sind mir zu langsam. Dann wird mir noch eine Rose in die Hand gedrückt, und ich versorge mich mit allen Getränken, die ich erwischen kann.
So war also meine erste 10er-Erfahrung. Eine tolles Erlebnis, ein herrlich lockerer Lauf (zumindest bis auf die zwei letzten km) und eine halbwegs passable Zeit: 0:55:17. Mein gesetztes Ziel erreicht, und beim nächsten Mal vielleicht unter 0:55.
Startnr. 10716 beim Wachau-HM
Startnr. 8114 beim Österr. Frauenlauf