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Mit verschwitzten Fahrradhelm durch die Stollen sausen...

Mit verschwitzten Fahrradhelm durch die Stollen sausen...

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16. Kristall-Marathon – 500 Meter unter der Erde bei 21° C
Ich habe mich nochmals entschlossen diesen "Besonderen Marathon" unter der Erde im
Erlebnisbergwerk Merkers.
Man kann hier üblicherweise für 28€ eine Besichtigungstour buchen (von Dienstag bis Samstag),
da wird man mit der Gondel (Aufzug) auf eine Ebene (ca 500m unter der Erde) gefahren - Helm
und Bergkittel werden gestellt, festes Schuhwerk wird empfohlen. Unten wird man mit kleinen
LKW's auf der offenen Ladefläche (Sitzbänke) durch die Stollen gefahren. Wie bereits im letzten
Jahr erwähnt, hat man das Gefühl mit einer viel größeren Geschwindigkeit unterwegs zu sein.
Die Seitenwände sind oft recht nahe und die verdrängte Luft wird zum Wind, der an den Fahrgästen
zaust - tatsächlich wird unter 40Km/h gefahren. Als Besucher kann man einen besonderen Salzkristall
und andere Besonderheiten betrachten - es gibt jedoch auch noch besondere Veranstaltungen außer
der Reihe: Private Feiern, Konzerte, Lesungen und Sportveranstaltungen - Mountainbiketouren oder 
eben 10Km, Halb-MA, MA-Laufen so wie wir es heute tun. Viele dieser Veranstaltungen sind schon
frühzeitig ausverkauft. 
Für meine 85.-€ Startgebühr sind diese Beförderungsgebühren und anschließend eine heiße Dusche
inklusive.
Merkers liegt knapp 20Km östlich von Bad Hersfeld und Eisenach liegt ebensoweit nordöstlich davon.
Wie im vergangenen Jahr reise ich am Vortag an und übernachte im Panorama Hotel "Am Frankenstein".
Der Name ist absolut treffend, es liegt auf einer Hochebene (siehe Fotos) und die gleichnamige Ruine
steht gleich nebenan... hat also nichts mit dem Gruselfilm zu tun.
Als mein Wecker klingelt habe ich nicht wirklich gut geschlafen - warum auch immer, dazu ist meine
Form noch nicht besonders... wird schon werden. Als ich beim Frühstück sitze kommen auch gleich ein
weiteres Läuferpaar dazu. Sie sind mir schon im letzten Jahr aufgefallen: ein Barfussläuferpaar
Wir unterhalten uns ein wenig, sind froh das es nicht so verschneit ist wie im letzten Jahr als wir hier
gelaufen sind. Wir werden uns noch öfter beim Lauf begegnen.
die 15Km zum Bergwerk sind schnell gefahren und da ich mich schon etwas auskenne finde ich einen
Parkplatz nahe des Eingangs. Schnell die Startunterlagen abgeholt, den Fahrradhelm aufgesetzt - für
Läufer(innen) ist er ebenso Pflicht wie eine Beleuchtung, Besucher erhalten Ihren "Standarthelm".
Schon geht's über ein paar Treppen zum doppelstöckigen Aufzug - pro "Käfig" werden ca 20 Personen
eingelassen, dann ist es aber auch schon eng... mit den Sporttaschen. Bei der Abfahrt schlucke ich eifrig
um den Druck auszugleichen. Über eine Druckausgleichskammer kommen wir dann zum "Bahnhof" -
hier fahren diese kleinen LKW los und bringen uns in die Nähe der großen Halle, unserem Start-/Zielplatz.
Ganz ranfahren können sie nicht mehr da sich die Teilnehmer des 10Km Laufs bereits warmmachen und
aufstellen. Mit etwas Mühe ergattere ich noch einen freien Stuhl um mich meiner Jacke und Überziehhose
zu entledigen und anschließend meine Sporttasche abzustellen.
Bei gleichmässigen 21 Grad (Sommer wie Winter) brauche ich mich nicht groß aufzuwärmen, ich tripple nur
ein wenig herum und dehne mich etwas. Beobachte den Start der 10Km und unterhalte mich noch etwas.
Schnell vergeht die Zeit und die MA- sowie Halb-MA-Läufer werden zum Start gebeten, wir starten eine
Stunde später und da sind natürlich noch Einige unterwegs - ich höre noch Einen sagen der eben ins Ziel
kommt: "Donnerwetter, das ist ja ein Untertagetrail" - wie ich aus meiner Erfahrung weiß hat Er wohl Recht.
Ich habe eben noch irgendwo gelesen das die Strecke (am Ende jeder Runde) etwas modifiziert wurde, es
sollen aber weiter 3,25 Km (eventl. geringfügig mehr) pro Runde sein und es gilt (offiziell) wer die 12.Runde
nicht nach 4:45Std beendet hat, darf die 13.Runde nicht mehr antreten und wird nur für Halb-MA gewertet.
Doch die Barfussläufer haben mir versichert das es nicht "so eng genommen wird" - Sie haben wohl im letzten
Jahr da schon etwas länger gebraucht. Ich will das natürlich innerhalb dieser Zeitspanne schaffen, wie im
letzten Jahr auch. 
Mit kurzen Hosen und kurzen Shirt stehe ich am Start - klar ich weiß was mich hier bei 21Grad auf den
13 Runden mit ihren 750 Höhenmeter erwartet - dazu noch der Helm am Kopf... es geht los.
Einmal längs durch die Halle, links abbiegen, hier wartet dann der 1.VP auf uns - ein zweiter ist ungefähr
auf halber Strecke. Nun geht es gleich mal etwas nach oben, ein paar Meter eben, dann die zweite Steigung -
so ist das auch in meiner Erinnerung. Jetzt mal links, mal rechts und immer wieder auf- bzw abwärts.
Ich höre ein paar Anfeuerungsgeräusche - ja da kommt doch ein kurzes Stück Begegnungsstrecke, hier
sind noch ein paar 10Km-Läufer unterwegs. Jetzt scharf nach links, meine Erinnerung trügt nicht - eine Nische
mit einigen Tischen und Stühl, danach sind Türen für eine Toilettenanlage zu sehen. Weiter auf bekannten
Wegen durch die Stollen, gut laufbare Wege immer relativ gut ausgeleuchtet. Zur Zeit ist noch viel Betrieb
auf der Strecke, die Meisten eben gestartet und einige des vorherigen Wettbewerbs sind auch noch unterwegs.
Jetzt wieder vornehmlich bergauf, da müsste doch bald der 2.VP auftauchen - nochmals leicht abwärts, dann der
Anstieg zum VP. Nun kommt bald diese lange schnurgerade Ebene (immer leicht ansteigend) - ich weiß nicht genau
wie lange sie ist - das GPS funktioniert hier ja nicht, ich laufe im "Indoor-Modus". Es werden so um die 700/750m
sein, gefühlt jedoch über ein Km, schon beim letzten Mal habe ich mir angewöhnt nicht nach vorne zu blicken auf 
die nimmer enden wollende Gerade, einfach auf den Boden blicken, andere Teilnehmer beobachten, in sich selbst
"hineinhören" - so praktiziere ich es wieder. Als es dann endlich nach links und gewaltig nach unten geht, weiß ich
was mich erwartet... und nur deswegen bin ich nicht erneut geschockt. Der Weg scheint blankgeputzt, eher wie 
Glatteis - scheint aber nur durch Salzkristalle so glatt zu sein - hat mir zuletzt gehörigen Schreck eingejagt.... jetzt
nur eher Erstaunen. Ich gebe Gas... hier kann man's rollen lassen, wenn man nicht zuviel Respekt hat... oder ein
Problem mit bergablaufen hat. Ein paar Kurven und weiter abwärts, seitlich sehe ich die kurze Begegnungsstrecke.
Nun merke ich: es geht anders weiter wie mir bekannt. Nach rechts geht es in einen sehr breiten Stollen, der komplett
als Pendelstrecke ausgelegt ist - in der Mitte trennt ein Flatterband den Hin- und Rückweg. Es geht erstmal heftig
bergauf, zum Wendepunkt geht es leicht abfallend hin, als ich um die Wendemarke laufe sehe ich die Haltestelle
an der wir vorhin aus dem Mini-LKW ausgestiegen sind. Etwas aufwärts, dann sehe ich nach der Gefällestrecke geht
es kurz danach schon in die große Halle rein. An der Zeitmessung kann ich meinen Namen, Start-Nr. und gelaufenen
Runden ablesen. Als ich durch die Halle laufe beschließe ich sofort an jeden VP zu trinken, die Luft erscheint mir 
salziger als beim letzten Mal, zudem schwitze ich bereits intensiv. So nehme ich mir einen kleinen Becher Wasser und
Cola. Iso haben Sie hier nicht - nur gut das ich in meinen Trinkgurt zwei kleine Fläschchen meines Isogetränk bei mir
habe. Nun werde ich also jeweils einige Sekunden/halbe Minute länger pro Runde brauchen für die VP's - abgesehen
davon werde ich selbstverständlich schon wegen der HM um einiges langsamer - damit rechne ich - die 1.Runde war
noch deutlich unter 20min.
So laufe ich den "Bergwerkstrail" Runde um Runde und es fällt mir schon spätestens in der 4.Runde so richtig schwer,
unter meinem Helm ist es unglaublich warm geworden - mir kommt der Vergleich in den Sinn: unter meinem Helm
wird gebrütet... das müssten dann aber irgendwelche Wasservögel sein - bei dieser Luftfeuchtigkeit!!!
Noch ein erschwerendes Element, gegenüber letztem Jahr ist die Luft mehr von Abgas-/Ölgeruch geschwängert -
ist das nun mein persönliches Empfinden (wohl schon) oder hat es etwas mit dem schlechten Schlaf vergangene
Nacht zu tun? Das wird mir nicht ganz klar - ich will auch nicht groß jammern, denn wirklich schlecht geht's mir 
nicht, nur erschlaffend fühlt sich das an...
In Runde7 überhole ich das Barfussläuferpaar - Sie sehen Beide nicht gut aus, kämpfen schon heftig... später steigen
Sie aus - von den knapp 150 Starter gibt es 13 DNF. Immerhin habe ich nun gut die Hälfte geschafft und meine
Verfassung stabilisiert sich zunehmend. Ein Gel und gelegentliches Isotrinken aus dem Trinkgurt hift mir dabei.
Für 2-3 Runden haben Sie sogar kurzfristig Energydrink (nicht so meins) und alkfreies Bier (schon eher) am 
Haupt-VP.
Es wird nun ausgedünnter auf der Strecke nachdem praktisch alle Halb-Marathonis im Ziel sind - auch die schnellen
MA-Läufer sind schon dort - Überholvorgänge werden immer seltener.
Da ich ja ohne GPS laufen muss, versuche ich mir die Rundenzahl einzuprägen und gucke natürlich immer gespannt
zur Durchgangszeit am Start/Ziel - langsam Zeit mal hochzurechnen... so gut das geht... die 4:45 zum Ende der
12.Runde sollten kein Problem darstellen, solange ich nicht stürze oder sonstwas übles passiert.
Die Uhr zeigt wenige Min über 4:30 an als ich auf meine letzte Runde gehe - nochmal am VP mit Wasser/Cola versorgt,
der letzte Schluck Iso aus dem Gurt und nun mit letzten Kräften "Gas geben" - tatsächlich zeigt es etwas Wirkung:
schon bald tauchen Teilnehmer vor mir auf - ob Sie nun auch auf der letzten Runde sind, oder sogar noch eine mehr
zu laufen haben, weiß ich natürlich nicht - ein Gefühl das meinen Ehrgeiz erweckt... da wird jetzt überholt... und
gleich nochmals - da vorne gehen schon wieder Zwei.... ich hole Sie mir!
Jetzt die letzte Bergab-Rally - da marschieren Drei nebeneinander: "Vorsiiicht, da will Jemand vorbei!" rufe ich und
Sie machen auch Platz, dann noch die Begegnungsstrecke mit Wende, den Berg hoch geht noch Jemand - der
muss jetzt leider auch dran glauben... letzte Wende, dann kurz hoch... und ich sehe nach weit vorne, den Einlauf
zur großen Halle. Da biegt auf der anderen Seite ein Läufer im orangen Shirt auf die Begegnungsstrecke - Er guckt
 "verstohlen umher"... der wird doch nicht - doch Er tut es: Er hebt das Absperrband schlupft hindurch und läuft
in die Halle. Leider ist Er außer Rufweite, sonst würde  ich Ihm zurufen: "Dich soll der Blitz bei Sch.... treffen" -
oder etwas ähnliches!
Ich laufe nach 4:54Std ins Ziel - gucke nach den Unsportlichen im orangen Leibchen  - ich sehe Ihn nicht mehr.
Er scheint schon in einer Traube verschwunden zu sein, die sich umziehen und fertig machen für die Rückfahrt.
Nun ich kann zwar auf der Anzeigetafel erkennen wer da vor mir eingelaufen ist, aber einen Zeugen dafür wie
Er sich verhalten hat kann ich nicht benennen - eigentlich schade!
So freue ich mich letztlich über mein gelungenes Finish - wenige Minuten langsamer als letztes Jahr, trotzdem
glaube ich ähnliches geleistet zu haben und denke die Zusatzzeit ist dem modifizierten Schlußstück der Runde
zuzuschreiben... zudem bin ich in der Platzierung wesentlich weiter vorne damals.
Zurück durch die Stollen geht's diesmal auf dem Beifahrersitz des LKW, dann sind wir auch schon wieder oben
und nach einer herrlich warmen Dusche, einem Kaffee an der Tanke geht es nach Hause - ich bin in meinem
Marathonrhythmus angekommen - mal sehen was so alles kommt?
Grüße Roland  

Fotos: Aussichten am Hotel "Am Frankenstein"
runners.high - Nomen est omen :logik:
Dateianhänge

Re: Mit verschwitzten Fahrradhelm durch die Stollen sausen...

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Danke für den wieder schönen Bericht... :daumen:


runners.high hat geschrieben: 01.03.2024, 13:22 Da biegt auf der anderen Seite ein Läufer im orangen Shirt auf die Begegnungsstrecke - Er guckt
 "verstohlen umher"... der wird doch nicht - doch Er tut es: Er hebt das Absperrband schlupft hindurch und läuft
in die Halle.
Was'n Penner... 😤
5 km - 21:44 (09.09.2023 - Tierparklauf)
10 km - 44:40 (16.10.2022 - The Great 10K)
HM - 1:39:18 (28.08.2022 - Die Generalprobe)
25 km - 02:02:00 (15.05.2022 - S 25)
M - 03:38:13 (25.09.2022 - BM)
50 km - 04:32:07 (17.03.2024 - Werderseelauf)
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