So, nachdem ich mich gestern von den Strapazen gut erholt habe und heute ausser einem Muskelkater der kaum der Rede wert ist, Müdigkeit und eine Blase am Zeh keine Zipperlein verspüre möchte ich Euch gerne von meinem Lauf, ich nenne diesen "Einfach-nur-so-Marathon" berichten. Da man ja trotz allem ein Ziel braucht war meines das Marathontor in egal welcher Zeit zu erreichen (besser gesagt ich wollte 5h bis 5:30 h erreichen) und nicht vom Besenwagen überholt zu werden.
Meine Vorbereitung: mangelhaft, zu wenig lange Laufumfänge, einen Volkslauf am Montag vorm Marathon bestritten und am Mittwoch vor dem Marathon ein Probelauftraining bei einem Verein, bei dem auch ganz schön Gas gegeben wurde (ich wußte ja nicht daß ich am Sonntag den Marathon laufe sonst hätteich mich in die andere Gruppe einteilen lassen). Kurz gesagt, es war alles andere als das perfekte Marathontraining.
Ursprünglich hatte ich meine Startnummer verkauft und eigentlich mit dem Gedanken abgeschlossen heuer einen Marathon zu bestreiten. Doch es kam anders, am Freitag habe ich mir eine Startnummer bei ebay gekauft, ich MUßTE einfach dabei sein, der Gedanke nurzuzuschauen und nicht mitzulaufen hat mir nicht gereicht, ich wollte eszumindest versuchen. Egal ob ich mittendrin aussteigen muß oder auf allen Vieren ins Ziel krabble. Also am Samstag hin zur Marathonmesse, umgemeldet und schon aufgeregt wienoch mal was.
Von Samstag auf Sonntag kaum ein Auge zugebracht und dann schließlich zum Start. Da war schon die erste "Überraschung" "Mist wo sind nur dieSicherheitsnadeln..." na ja, ich habe dann irgendwie improvisiert, das ging dann schon.
Am Start selbst, habe ich mich ganz hinten angestellt, zunächst hatte ichden Besenwagen im Blickfeld als ich mich umdrehte und ich mußte an den Satz denken der bei den Startbedingungen abgedruckt war "wenn sie vom Besenwagenüberholt werden ist am Gehweg weiterzulaufen", soweit wollte ich es nichtkommen lassen! Doch es kamen noch einige Leute an hinteren Startblock dazu und der Besenwagen war aus meinem Blickfeld verschwunden, zum Glück, den wollte ich nun wirklich nicht sehen, aber es war gut einen Blick das gelbe Auto zu werfen mit dem Gedanken "der kriegt mich nicht!"
Nach einigen Minuten ging es los, schließlich habe ich die Startlinie überschritten und bin ganz gemütlich gelaufen. Das Wetter war traumhaft,die Sonne hat geschienen aber es war nicht zu warm. Nach zwei bis drei Kilometer kam die Rückwärtstante daher, die hatte so 2-3 Begleiter bei sichdie sich ganz wichtig machten. Die haben die Leute beiseite geschubst "Vooooorsicht Rückwärtsläuferin" na ja, ich bin ein paar Kilometer neben ihr, vor ihr, nach ihr gelaufen und irgendwann lag sie hinter mir

Am Marienplatz habe ich sie wieder gesehen ich war gerade auf dem Weg Richtung Isartor da kam sie erst zum Marienplatz angelaufen. Jedenfalls habe ich es wie gesagt gemütlich angehen lassen, ich wußte daß es hart werden wird aufgrund der mangelnden Vorbereitung, bin deshalb auch an den Verpflegungsstationen kurz stehengeblieben habe was getrunken und bin weiter getrottet.
Ach, gings mir gut bis zum Halbmarathon, nun ja die HM-Zeit war 2:31, aber wie gesagt ich bin an den Verpflegungsstellen stehengeblieben und habe mich durch die schlechte HM-Zeit auch nicht rausbringen lassen, schließlich lag noch ein "ganzer Halber" vor mir.
Irgendwann habe ich das Schild von Laufen-Aktuell gesehen, habe ein paar Blicke rübergeworfen, mich aber nicht getraut hinzugehen und mich vorzustellen.
Ab, sagen wir 25-27km wurde es plötzlich ziemlich hart. Gott sei Dank ging es irgendwann bergab da konnte ich noch gut weiterlaufen. Dann kam die"Mörderstrecke" durch den Englischen Garten. Ab 29-30 ging mir die Puste aus, mir wurde schlecht (lag es am Iso-Drink oder an den schrecklichen pappsüßen Powerbar-Riegel?) Ich konnte nicht mehr, ich mußte gehen. Nun ja da ich im Englischen Garten war konnte ich schlecht meinen Freund anrufen und ihn bitten mich abzuholen (ich hatte mein Handy extra für so einen Fallmitgenommen, falls ich schlapp mache oder/und es mir schlecht geht). Hilft nix, weiter. Bin so ca. 2km gegangen. Habe dann wieder angefangen zu laufen schließlich standen in Schwabing einige Zuschauer und ich wollte daran nicht vorbeigehen sondern laufen! Danach wieder gegangen, gelaufen usw. Bei km 35 der Anruf von einem Laufkollegen, "wir haben uns bei ca. km36 aufgestellt und wir warten dortauf dich." Also bin ich kurz vor km 36 wieder gelaufen, meine beiden Laufkollegen habe ich aber nicht gesehen, bin wieder gegangen, ich konnte nicht mehr laufen. Mir kam kurzzeitig der Gedanke, wenn die beiden mit dem Auto da sind lasse ich mich von ihnen zum Stadion fahren, ich verzichte auf den Zieleinlauf, ich bin zu kaputt ich kann nicht mehr, ich schaff's nicht mehr. Andererseits kam der Gedanke daß ich es schon soweit geschafft habe und ich die paar Kilometer auch noch bewältigen werde. Der Gedanke an den Besenwagen der bestimmt unaufhaltsam näherkommt ließ es mir nicht bessergehen. Aber dann war ich wieder so gepackt von dem Gedanken durch das Marathontor zu laufen, daß ich schließlich den Gedanken aufzugeben beiseite schob und mich damit abgefunden habe zur Not bis zum Ziel zu gehen.
Kurz vor km37 bin ich wieder gelaufen (der Laufkollege hatte gesagt er hat einen Fotoapparat dabei und schließlich wollte ich doch ein "laufendes" und kein"gehendes" Bild abgeben). Siehe da, ich habe schließlich die Zwei entdeckt. Sie, haben mich ein gutes Stück mitgezogen- ich war überrascht daß ich deren Tempo doch noch einigermaßen mithalten konnte-sie haben mir gut zugeredet, ich glaube ich habe nur noch von mir gegeben daß ich am Sterben bin...

"das geht schon noch, du schaffst es!"Nachdem die Zwei sich dann bei km 38 verabschiedet haben bin ich noch weitergelaufen (aber viel langsamer) und schließlich doch wieder gegangen.
Dann wieder abwechselnd gelaufen und gegangen. Bei km 40 - ich konnte es kaum fassen daß ich 40(!)km hinter mir hatte, hatte ich eigentlich beschlossen daß den Rest zu gehen (außer beim Zieleinlauf). Habe meinen Freund angerufen der im Stadion wartete daß ich noch gute 20 Minuten unterwegs bin. Dann kam ich an eine Straßenecke und dort wurde durchgerufen - "Leute ihr schafft es, nur noch 1560 Meter, lauft einfach wie im Training im Aufwärmtempo und ihr habt in11 Minuten die Medallie um den Hals. Ich dachte mir nur "der redet sich leicht", aber okay, es klang gut daß nun keine 2km mehr zu bewältigen waren. Bin dann wieder gelaufen -wieder ziemlich überrascht daß ich das noch konnte- und dann kam nach 2-3 min der Wagen mit den Lautsprechern, es hatte sich herausgestellt daß es erst ab hier nur noch 1560 Meter waren. Naja egal, ab durch die Mitte, bin weiter gelaufen, das Stadion kam immernäher, irgendwie war ich in Trance.Schließlich der Weg zum Stadion, der Absperrung entlang - kaum mehr Zuschauer - aber aufmunternde Worte von Finishern, das hat mich sehr motiviert, ich fand es nett daß die Finsher die Langsameren nicht belächelt haben sondern aufgemuntert haben.
Dann war ich kurz davor, kurz vor dem Marathontor, kurz vor dem Marathondiscotunnel! Ich weiß noch daß ein Paar das unter den Zuschauernstand mich angefeuert hatte und ich gestrahlt habe über beide Ohren!
Der Lauf durch den Marathotunnel war für mich einfach gigantisch! Ich hatte einen Kloß im Hals, hatte Tränen in den Augen und fast losgeheult. Ich war so dermaßen überwältigt und glücklich!
Ein Fotograf war im Tunnel hatBilder geschossen und ich habe gestrahlt bis über beide Ohren! Dann mein Zieleinlauf auf der Aschenbahn im Stadion, wieder aufmunternde Worte von Finishern, ich konnte nur noch strahlen. :-))Auf der Geraden trotteten noch 3-4 Läufer gemächlich dahin (ich muß ja gerade reden ;-)), das gab mir den Antrieb unbedingt noch einen Endspurt hinzulegen.
Bin dann gute 70 Meter gespurtet, dann ging mir die Puste aus! "Oh Mann, wo ist das Ziiiiiiieeel?!?!Endlich, dort vorne stand es in aller Pracht, ich mußte das Gas wiederrausnehmen um nicht am Ende umzufallen (aber die 3-4 Überholten haben michnicht mehr gekriegt

).
Dann endlich - habe ich die Medallie um den Hals bekommen, Glücksgefühle ohne Ende, meinen Freund habe ich auf der Tribüne sitzen gesehen, ich glaube er hat mich auch noch nie so happy nach einemZieleinlauf erlebt. 5:18:22 war meine Nettozeit, geschafffftttt!!!
Das schwerste stand noch bevor, die Treppe um das Stadion verlassen zukönnen, eine Tortur, einfach grausam! (wie soll ich da nur hochkommen??)
Dann meinen Freund begrüßt und anschließend beim Massagezelt angestellt. Der Vorteil von einer über 5 Stunden Zeit ist, daß ich dort gar nicht mehr lange warten brauchte ;-)) und die Masseurin sich richtig Zeit für mich nahm!Danach ab ins Auto und abends meinen Kohlehydratehaushalt wieder aufgefüllt.
Ich war an dem Abend total aufgedreht und glücklich, das Runner's High hatte mich wohl so richtig gepackt, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Abends bin ich ins Bett und habe in der Nacht nur sehr schlecht geschlafen, obwohl ich eigentlich tot sein hätte müssen, aber ich war immer noch aufgedreht und mußte in den langen und häufigen Wachphasen ständig anmeinen Zieleinlauf denken!
Und die Moral von der Geschicht, es war toll den Marathon locker anzugehen ohne verbissen irgendwelchen Zielzeiten hinterherzujagen (davor hatte ich eigentlich Angst und mich deshalb ursprünglich wieder abgemeldet) und trotz mangelnder Vorbereitung es doch zu schaffen!
Aber: das nächste Mal Marathon nur noch mit gezieltem Training, es warverdammt hart!
Wünschenswert wäre auch wenn die Endorphine nicht erst beim Zieleinlauf ausgeschüttet würden sondern schon ein paar Kilometer vorher!
Der Zielleinlauf in München ist für mich einmalig, im Vergleich mit New York ist die Stimmung auf der Gesamtstrecke nicht mit München zu vergleichen, din N.Y. wird noch der letzte Nachzügler von reiheweise aufgestellten Zuschauern beklatscht, der Zieleinlauf in New York wiederum ist nicht mit der Atmosphäre in München zu vergleichen – meine Meinung! In diesem Sinne, jetzt werde ich mal ein paar Stunden Schlaf nachholen gehen!
Petra