Ganz ehrlich: Ich habe Charlemagnes Link angeklickt. Schließlich wollte ich wissen, was die Gentechlobby so schreibt. Da ich der englischen Sprache aber nicht wirklich mächtig bin, habe ich mich dann doch wieder bei den Grünen Khmer - Abteilung Grüner Frieden umgesehen:
Der Mythos des Goldenen Reis
Im menschlichen Körper wird Vitamin A entweder direkt aus tierischen Produkten wie Milch, Fleisch und Eiern gewonnen, oder aus Vorstufen des Vitamins wie Beta-Carotin (Provitamin A) synthetisiert.
Im Jahr 2000 wurde berichtet, dass es gelungen sei, Reis gentechnisch so zu manipulieren, dass in seinen Körnern Beta-Carotin produziert wird (Ye et al., 2000). Seine Erfinder nannten ihn Golden Rice, weil die Körner eine gelbe Farbe aufwiesen. Das Time Magazine titelte: "This rice could save a million kids a year" ("Dieser Reis könnte Millionen Kindern pro Jahr das Leben retten").
Greenpeace wies schon 2001 darauf hin, dass es zusätzlich zu den Gefahren für Mensch und Umwelt auch rein technische Gründe gibt, die das Projekt in Frage stellen. Insbesondere war die Konzentration des Beta-Carotin im Reis so niedrig, dass man schätzungsweise das Zwölffache der üblichen Menge Reis hätte essen müssen, um die Menge an Carotin aufzunehmen, die als notwendig angesehen wird, um den Vitamin A Gehalt zu decken (Greenpeace, 2001).
Als Reaktion darauf stellte Ingo Potrykus pauschal die moralische Integrität aller Institutionen und Organisationen in Frage, die den geplanten Anbau von Gen-Reis kritisierten: "The consequences will be millions of unnecessary blind children and vitamin-A deficiency related deaths." (Potrykus, 2001b).
Im April 2005 präsentierte Syngenta in einer Publikation (Paine et al, 2005) eine neue Generation von Golden Rice mit einer 20 Mal höheren Konzentration von Beta-Carotin. Der Gen-Reis enthält nun maximal 31 Mikrogramm Beta-Carotin pro Gramm.
Diese neue Generation von Gen-Reis ist weit davon entfernt zu belegen, dass sie echtes Potenzial hat, ernährungsbedingten Vitamin A-Mangel zu lindern. Es gibt nach wie vor viele Faktoren, die nicht berücksichtigt wurden: Verlust von Beta-Carotin beim Kochen und Lagern und die Verfügbarkeit von anderen Nährstoffen wie Zink und Fett, die der Körper braucht, um Beta-Carotin in Vitamin A umzuwandeln. Ohne diese Daten ist der theoretische Nutzen des Golden Rice nicht zu beurteilen.
Ohne Fett kaum Vitamin A
Beta-Carotin muss im menschlichen Körper erst umgebaut werden, bevor es seine Funktion erfüllen kann. Die Aufnahme des Beta-Carotins und sein Umbau in Vitamin A sind die maßgeblichen Faktoren, die dessen biologische Wirksamkeit definieren. Mangel an anderen Inhaltsstoffen in der Nahrung wie zum Beispiel ein Mangel an Zink oder Öl beschränkt die Aufnahme des Beta-Carotins erheblich. (Castenmiller & West, 1998).
Es gibt deswegen sehr unterschiedliche Ansichten über die tatsächliche Verwertung des Beta-Carotins. Heute geht man von einer Umsetzungsrate von zwölf zu eins aus (IOM, 2002, IVACG, 2004).
Im Gegensatz dazu behauptet der Erfinder des Gen-Reis, dass das Beta-Carotin aus dem Gen-Reis im Verhältnis zwei zu eins nutzbar sei (Potrykus, 2004). Derartige Umsetzungsraten wurden bisher nur für Beta-Carotine gemessen, die in Öl gelöst waren (van Lieshout et al., 2003). Das Pro-Vitamin A des Gen-Reis befindet sich aber im Endosperm (im inneren Teil des Reiskorns), das fast gar keine öligen Anteile aufweist. Deswegen ist hier die biologische Verfügbarkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit wesentlich geringer.
Lange unklar: Warum ist Golden Rice eigentlich gelb?
Eigentlich beabsichtigten die Wissenschaftler ursprünglich, einen Gen-Reis zu erschaffen, der rote Farbstoffe enthalten sollte, so genannte Lycopene, wie sie auch in Tomaten vorkommen. Doch zum Erstaunen der Macher waren die Körner des Gen-Reis schließlich gelb und enthielten Beta-Carotin anstelle von Lycopen. .Erst vor kurzem wurde die Erklärung dafür gefunden, warum genau die Synthese von Beta-Carotin erfolgt und warum der Reis gelb und nicht rot ist (Schaub et al., 2005). Das Beispiel zeigt eindrücklich, dass mit gentechnischen Veränderungen immer unerwartete und unbeabsichtigte Effekte verbunden sein können.
Gefahren für Mensch und Umwelt
Die Wahrscheinlichkeit für weitere unerwünschte Effekte beim Golden Rice ist erhöht, weil der Eingriff in den Stoffwechsel der Pflanzen hier besonders tiefgreifend und komplex ist.
In den Körnern des Gen-Reis wurden unerwartete Komponenten wie Lutein und Zeaxanthin gefunden (Ye et al., 2000 und Kuiper, 2001). Angesichts dieser Tatsachen kann keineswegs ausgeschlossen werden, dass in diesem Reis weitere unerwünschte Produkte mit eventuell sogar giftiger oder allergener Wirkung entstehen.
Da Reis einen großen Anteil hat an den Nahrungsmitteln, die insbesondere in Asien gegessen werden und auch in der Ernährung von Kleinkindern eine wichtige Rolle spielen kann, müssen Gefahren für die menschliche Gesundheit definitiv ausgeschlossen werden. Dies scheint derzeit aber unmöglich.
Auch die Risiken für die Umwelt sind erheblich: Reis kann sich mit verwandten Wildformen und Reis auf benachbarten Feldern kreuzen (Lu et al., 2003; Chen et al., 2004). Es ist daher wahrscheinlich, dass sich seine Gene auf den umliegenden Feldern und auch in der Natur ausbreiten werden. Das könnte auch zu einer Verunreinigung von Saatgut führen. Falls dann unerwartete und negative Folgen für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit auftreten, ist es unmöglich, die Gen-Pflanzen wieder zurück zu holen. Das könnte die Nahrungsgrundlage in den betroffenen Regionen erheblich gefährden.
Dass die Gen-Pflanzen der ersten Generation sich zum Teil tatsächlich sehr unerwartet verhalten, hat sich bereits gezeigt: Bei Versuchen mit Golden Rice Pflanzen zeigten etliche Pflanzen einen verkleinerten Wuchs, dunklere Farbtöne, verspätete Blühzeiten und eine reduzierte Anzahl an Samen (Datta et al., 2003).
Gen-Reis ist nicht notwendig
Es gibt bereits effektive Lösungsansätze
Es gibt viele Möglichkeiten, den Mangel an Vitamin A zu bekämpfen. Viele Pflanzen haben natürlicherweise einen hohen Gehalt an Beta-Carotin. So zum Beispiel das rote Palmöl, Karotten, grünes Blattgemüse, Süßkartoffeln, Mango, Papaya und Wassermelonen (Greenpeace, 2001). Normale Pflanzenzüchtung kann den Gehalt an Pro-Vitamin A zusätzlich erhöhen.
Obwohl die Vitamin-Mangel-Krankheit immer noch ein großes Problem ist, stellen Hilfsorganisationen fest, dass in den letzten 15 Jahren erhebliche Fortschritte erzielt wurden (MI & UNICEF 2004).
Es gibt dabei zwei Hauptströmungen: die Verabreichung von medizinischen Vitamin A-Präparaten und die Verbesserung der Ernährung insgesamt.
Laut der Micronutrient Initiative (MI & UNICEF, 2004) gibt es inzwischen in 43 Ländern entsprechende Programme, bei denen Vitamin A in Tablettenform verabreicht wird, dabei werden mindestens zwei Drittel aller Kinder erreicht. In zehn Ländern gelang es bereits, den Vitamin A-Mangel ganz zu beheben (Lorch, 2005).
Programme, die auf eine verbesserte Ernährung insgesamt zielen, beinhalten so genannte home gardens, bei denen Gemüse in kleinen Hausgärten angebaut wird (HKI, 2003b). Diese Strategie ist sehr Erfolg versprechend, weil etwa 50 Prozent der von Mangelkrankheiten betroffenen Bevölkerung kleinere Landwirte sind. Nur etwa 20 Prozent sind städtische Arme, die keinen Zugang zu Gärten haben (FAO, 2004).
Eine Studie in Bangladesh zeigte beispielsweise, dass schon 75 Gramm indischer Spinat, ein preiswertes Gemüse, das über das ganze Jahr hinweg angebaut werden kann, ausreicht für die tägliche Versorgung mit Vitamin A (Haskell et al., 2004), ähnlich positive Erfahrungen gab es auch in Südafrika (Faber et al., 2002).
Die derzeitigen Bemühungen, den Vitamin A-Mangel zu bekämpfen, sollten auf allen Ebenen unterstützt werden. Das Golden Rice Projekt hingegen ist ein high-tech Ansatz mit zu vielen offenen Fragen und einem erheblichem Risikopotenzial. Durch den Medienrummel, der um den Gen-Reis veranstaltet wird, drohen zudem nahe liegende und bereits erfolgreiche Lösungen verdrängt zu werden.
Beta-Carotin befindet sich auch in natürlichen Reissorten
Ungeschälter Vollkorn-Reis ist ein hochwertiges Nahrungsmittel, das Stärke, Eiweiße, Mineralstoffe und Öle enthält. Dagegen werden beim Gen-Reis diese Stoffe nicht genutzt, sondern versucht, im geschälten Reis nur eine einzelne Komponente zu produzieren.
Es gibt eine Reihe von regionalen Sorten, die sogar einen gewissen Gehalt an Beta-Carotin enthalten. Die Berichte umfassen Sorten von den Philippinen mit einem Gehalt von 0.13 Mikrogramm Beta-Barotin (nicht Carotenoide!) pro Gramm und 0.38 Mikrogramm pro Gramm (Frei & Becker, 2005). Anders als beim Gen-Reis sitzen diese Stoffe nicht im Kern, sondern in der Schale des Reis. Wird der Reis geschält, gehen diese Stoffe ebenso verloren, wie die dort vorkommenden öligen Anteile, die ebenfalls wichtig wären, um die Aufnahme von Pro-Vitamin A zu erleichtern.
Um die Ernährung zu verbessern, wäre es deswegen sinnvoll, den Verzehr von ungeschältem Reis zu empfehlen. Doch das Schälen des Reis wurde unter anderem während der Grünen Revolution sehr propagiert. Jetzt sieht es so aus, als ob mit Hilfe der Gentechnik einzelne Stoffe wieder in die Reiskörner hinein manipuliert werden, die dort bereits natürlicherweise vorkommen. Dabei können aber die Qualitäten der natürlichen Reissorten nicht erreicht werden, weil vor allem die geschälten Reiskörner der Hochleistungssorten kaum ölige Anteile, Vitamine und Mineralstoffe aufweisen.
V.i.S.d.P.: Dr.Christoph Then
Ich habe den Text zwar etwas gekürzt, trotzdem ist er noch sehr lang.
Falls es gewünscht wird, kann ich auch noch mit Erfahrungen aus Argentinien und den USA oder mit Monsanto weiter machen.