So ging ich mit etwas gedämpften Erwartungen in das Rennen, auch um nicht zu enttäuscht einen erneuten Ausstieg hinnehmen zu müssen. Zu allem Überfluss zeigt sich das Wetter am Wettkampftag von seiner uncharmanten Seite: kalter böiger Wind und wirbelnde Schneeflocken wurden zur unerwünschten Herausforderung. Dennoch entschied ich mich nach dem Aufwärmen für meine bewährte kurze Wettkampfhose und ein dünnes langärmeliges Laufshirt als Oberbekleidung.
Unter diesen Vorzeichen ging ich auf die erste der vier Runden. Wie immer zu schnell flog ich über den ersten km, um danach erst richtig das Renntempo zu finden. Nach etwa 1,5 km sortierte sich das Feld. Ungefähr 30-50m vor mir hatte sich eine fünfköpfige Gruppe gebildet. Ich erkannte, dass es ratsam war, hier den Anschluss zu suchen und teilte das meinem Laufkollegen mit: „Da müssen wir ran!“ Doch dazu kam es nicht. Da ich noch keine Erfahrung auf der Halbmarathon-Distanz hatte, hatte ich beschlossen, die ersten 10km zwar sehr zügig, aber nicht mit dem letzten Druck auf den Beinen zu laufen. Zu allem Überfluss machte mein Laufpartner an einem kleinen Gefällestück einige große Schritte und befand sich auf einmal etwa 5m vor mir. Meine Hoffnung, wieder heran zu laufen, erfüllte sich nicht. Langsam aber sicher zog er von dannen. Am Ende lag er dann ungefähr 1 1/2 Minuten vor mir und hatte sich dabei noch einmal leicht verlaufen. Dabei hatte ich ihn bei den letzten beiden 10ern noch "im Griff" gehabt.


3:50 - 4:05 - 4:05 - 4:15 - 4:15 (20:30)
Zu Beginn der zweiten Runde wurde ich von einem weiteren Läufer überholt. Ich sah die Chance, etwas Windschatten abzubekommen und versuchte mich festzubeißen. Dennoch erarbeitete er sich einen Vorsprung von etwa 20-30m. Ein Blick auf „Freund Polar“ zeigte mir, dass die Pace etwa bei 4:20 min/km lag: Zu langsam und das, obwohl das Rennen noch nicht einmal zur Hälfte gelaufen war! Ich erinnerte mich an die Worte hier im Forum und beschloss, mich nur auf das Laufen zu konzentrieren und in jedem Fall das Ziel zu erreichen.
4:05 - 4:05 - 4:10 - 4:20 - 4:15 (20:55)
Eingangs der dritten Runde hatte ich mich etwas erholt. An der Getränkestation gelang es mir, wieder an den Vordermann heran zu laufen. Kurz danach zog ich an einer Bergaufpassage vorbei. Schon früher war mir aufgefallen, dass ich bergauf meistens aufhole. Das bewahrheitete sich auch hier. Beim Bergablaufen verliere ich hingegen meist relativ zu den anderen. Hinter mir leises Stöhnen. Meine Atmung war noch recht kontrolliert. Ich konnte zwei flüssige Kilometer hinlegen und den Überholten deutlich distanzieren. Ein späterer kurzer Blick über die Schulter zeigte eine sicherlich 100m große Lücke. Der unangenehmste Streckenteil waren die letzten zwei Kilometer der Runde. Leicht, aber kontinuierlich ansteigend. Über das freie Feld blies mir der Wind die Schneeflocken ungehemmt ins Gesicht. Leichte Verschleißerscheinungen machten sich bemerkbar, dass Tempo ging merklich zurück. Ich beschloss, nicht mit aller Kraft gegenzuhalten, sondern noch Reserven für die letzte Runde zurückzuhalten. Allerdings stellte ich mir die Frage, ob eine lange Hose nicht die bessere Kleiderwahl gewesen wäre.
4:10 - 4:05 - 4:10 - 4:25 - 4:25 (21:15)
Die letzte Runde wurde wirklich hart. Dazu kam, dass viele Überrundungen anstanden. Das motivierte einerseits, andererseits liefen viele auch nebeneinander, so dass ich mich durch Rufen bemerkbar machen musste. Von kontrollierter Atmung konnte nicht mehr die Rede sein. Eine Überrundete bemerkte mein Ächzen und rief mir hinterher: „Ist nicht mehr weit!“ Darüber habe ich mich sehr gefreut und bedankte mich mit erhobenen Daumen. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich trotz großer Anstrengung den Puls nicht mehr auf 90% - wie noch auf der ersten Rennhälfte - bringen konnte, sondern nur noch 86-87% abrufbar waren. Ich kniff die Augen zusammen und bemerkte, dass ich ein wenig ins Schlingern geriet. Die Beine waren schwer und ich hatte das Gefühl zu schleichen. Ein Blick auf die Uhr offenbarte mir, dass das leider keine Täuschung war: Teilweise kam ich nicht schneller als knapp unter 5 min/km vorwärts. Ich ahnte, dass es sehr eng mit meinem Zeitziel werden würde. Auf km19 musste ich eine herbe Zeiteinbuße hinnehmen. Zu allem Überfluss zog plötzlich der längst distanziert geglaubte Läufer aus der zweiten Runde im Schlepptau eines weiteren Läufers wieder an mir vorbei. Ich versuchte, mich festzubeißen: Zwecklos. Die Beine zogen es vor, meinen Bestrebungen nach einem Endspurt nur noch dezent zu folgen. Wie auf Stelzen lief ich die letzten Meter und stoppte im Ziel die Uhr.
4:20 - 4:15 - 4:20 - 4:35 - 4:20 (21:50)
4:13 - 1:28:43
Fazit: Ziel erreicht. Trotz oder gerade in Anbetracht der widrigen Bedingungen ein Lauf, mit dem ich sehr zufrieden bin. Für meine stille Hoffung, unter 1:28 zu bleiben, hat es nicht ganz gereicht. Es gibt aber sicher noch Verbesserungsmöglichkeiten. Vor allem der Einbruch am Schluss könnte durch bessere Einteilung vermieden werden. Vielleicht sollte ich auch noch etwas an meiner Ausdauergrundlage feilen. Ich glaube aber nicht, dass der Halbmarathon meine neue Lieblingsdistanz wird. 21,1 km sind doch - zügig gelaufen - sehr länglich. Noch eine Info nachgeschoben in Sachen Polar: Die Uhr zeigt im Ziel 21,2km. Das sind weniger als 0,5% Abweichung. Perfekt!