Auch mein Trainingslauf war eine gelungene Ganztagesveranstaltung. Als Florian verkleidet

(ganz lieben Dank noch mal an ihn) ging es nach einem sehr soliden Vorabendprogramm gestern morgen an den Start.
Lars verloren wir leider aus den Augen und so mußten mein langmonatiger Trainingspartner Joachim (aka Marc

) und ich halt unseren Trainingslauf allein machen. Das Zielfenster hatten wir, wie von Lars ursprünglich angekündigt, zwischen 3:50 und 4:10 übernommen. Schon im Startblock dann die ersten blöden Fragen, wieso ich denn keinen Chip am Fuß habe? "Wozu braucht man einen Chip am Fuß wenn man den Lauf nur als Trainingslauf

machen will?" erklärte ich selbstsicher einem älteren Herren. Ungläubige Gesichter.
Okay, also ging es es nach einheizender Mucke im Startblock G (Gorch-Fock-Wall) dann um 9:05 endlich los. Vor der Reeperbahn die ersten Groupies

. Die Reeperbahn pennte noch, außer ein Penner, der uns aus dem Fenster was von "Schwuchteln und schwulen Ärschen" hinterherrief

. Eigentlich hatte er nur Glück, daß er oder sein Gebiß nicht aus dem Fenster fiel. Am Ende der Reeperbahn, die derzeit Baustelle ist, dann wieder (einheimische) Zuschauer. Erstes großes Publikum dann in Altona. Nachdem wir die Kehre in Othmarschen gelaufen waren sahen wir dann auch an der Rückseite des Altonaer Rathauses ottoerich - unverkennbar mit nem Eisvogelbanner und laufen-aktuell.de am Straßenrand stehen. Marc versuchte mich bis hierher immer wieder zu bremsen, aber es gelang nicht immer

-
die Rache wird kommen. Ich fühlte mich aber wie im siebten Himmel und genoß einfach nur, beklatschte das Publikum. Den Tränen sehr nah - nein eigentlich waren sie da - war ich als wir nach dem Fischmarkt unten an den Landungsbrücken vorbei kamen. Keine Ahnung, aber ich war halt mal wieder so umwerfend gerührt, da schießt es mir feucht in die Augen. Was für ein Publikum, was für eine Party ? - und alle sind nur für mich gekommen

. Mit nem Kloß im Hals geht es weiter. Im Wallringtunnel beschließe ich, das letzte wärmende Kleidungsstück, den Buff um den Hals auf der Kennedybrücke Fidi zu geben. Locker trabten Marc und ich auch hier immer versetzt und nie direkt nebeneinander neben-/hintereinander her. So waren wir flexibler beim ständigen Überholen. Uns verband allerdings immer ein unsichtbares Band, wie bei den blinden Läufern mit den Guides.
Halbmarathon in Barmbek (1:57 - so weiter und wir sind sub 4h) Erstmals, nicht wie bei meinen zwei bisherigen Hamburg-Marathons nehme ich die Party in Barmbek und auf der Saarlandstraße so richtig intensiv wahr. Absolutes Volksfest - auch beim einfachen Volk. In Hamburg sieht man sozusagen das Publikum aus allen sozialen Schichten an der Strecke stehen. Ob es der etwas komisch wirkende kautzige ältere Herr an der Elbchaussee, die ältere Gesellschaft mit Kaffee Kuche und Champus auf kleinem Tischen am Straßenzug "An der Alster/Schwanenwiek" oder das einfach-ehrliche Volk aus Barmbek mit Flasch Bier am brennende Grill in Barmbek ist, oder der trendige etwas spleenige Eppendorfer/in, jeder der in Streckennähe wohnt, ist dabei. Unterwegs ist dann das mit dem Hauptfeld mitreisende Hauptfeldstammpublikum an mehreren Punkten präsent.
In der City Nord wird es dann für mich, trotz des tollen Publikums, beschwerlich. Hier dann erste "Florian"-Anfeuerungsrufe

. Kein Wunder, sind doch die Vornamen der Läufer groß auf die Nummern aufgedruckt.
Am Verpflegungspunkt in der Rathenaustraße dann der GAU. Ein (Radio-)Reporter springt mir, nachdem ich mir alles was ich brauche gegriffen habe an die Seite und fragt ob er ein Stück mitgehen kann, weil ich ja ohnehin esse und trinke. Er fragt mich mach meinem Namen und ich stottere ihm "Florian"

ins Mikro, das ich fast im Mund habe. Ob ich aus Hamburg sei oder von auswärts? Um weiteren nervenden Fragen aus dem Weg zu gehen "aus Hamburg". Ob ich denn meine Bestzeit heute unterbieten kann "3:45 schaffe ich heute sicher nicht - bin ziemlich platt habe wohl zu schnell begonnen" ... noch weitere zwei drei Fagen und beste Wünsche, dann darf ich endlich weiter. Marc dreht sich amüsiert wartend um. Auf der Strecke, auf der ich zu ihm aufschloß stand auch noch unser Jürgen (Elling) am Straßenrand.
Am Ohlsdorfer U/S-Bahnhof dann absolutes Volksfest. Hier bin ich heute morgen mit Fidi in die Bahn gestiegen - hier bin ich jetzt bei Kilometer 31 erstmal auch wirklich platt. Fidi hatte am Morgen darauf bestanden, daß ich keinen Schlüssel dabei habe, aber ich lasse ohnehin keine Schwäche zu. Mit Tunnelblick geht es weiter und ich kann mich wieder mental auffangen.
Den Maienweg kann ich einschätzen. Hier fahre ich ja oft durch und in seiner Nähe an der Alster laufe ich oft von Fidi aus. Die Alsterkrugchaussee mag ich, weil sie eine irre langgezogene Gerade ist, als Autofahrer schon nicht. Laufend ist sie eine Unendlichkeit lang. Viele "wandern" hier bereits, ich jedoch nicht

denn die Reststrecke wird überschaubar.
Als es endlich nach Eppendorf zum Klosterstern hinaufgeht wieder ein gigantisches Publikum. Hier muß ich Marc schon immer mal ein paar Meter vorlaufen lassen, versuche aber
bergan dran zu bleiben. Immer wieder werde ich ("Florian"

) ermuntert nicht aufzugeben. Große Trinkpause am Klosterstern. Hier steht eine Fernsehkamera und schaut genau dorthin wo man nach dem Trinken entlangschlendert wenn man es nicht mehr eilig haben will. Ich hasse mich und die Umwelt

. Auf der Rotenbaumchaussee sind noch einmal "Bergsteigekünste" gefragt. Ich halte mit, aber oben angekommen kann ich dann echt nicht mehr, ich muß Marc endgültig ziehen lassen. Immer wieder Anfeuerungsrufe, Trillerpfeifen, Trompeten und sonstige gemeinen Lärminstrumente. Langsam setze ich mich wieder in Bewegung. Als ich am Dammtor vorbei bin und in die Esplanade einbiege weiß ich, hier müssen noch mal die Groupies stehen. Als ich sie sehe bleibe ich stehen und mache eine flotte Gehpause ... ich bin am Ende - sowas von auf. Kurzes "Hallo" und dann weiter. Ich will das jetzt zu Ende machen, laufe einen gefühlten 8er Schnitt und torkele ins Ziel und stoppe meine
Nettozeit bei
3:59:34.
Lars bemerkte ganz treffend beim Pilsken auf den Seeterassen "Auch wenn es nur ein Trainingsmarathon ist, es sind trotzdem 42,195 km" "Oh ja" denke ich "...und die tun auch weh". Für mich weiß ich, daß ich relativ spontan immer durch einen Marathon kommen kann - das ist ein gutes Gefühl, das aber hart erkämpft werden mußte. Spaß hat es mir trotzdem gemacht

und es war der schöne Lohn für die langen öden Winterkilometer.
In zwei Wochen stehe ich auf dem Darss dann wieder am Start.
Regenerierende Grüße von
Steffen 
, der heute noch mal 3-5 Kilometer joggen will.