11 April 2004 – der Start von 0 auf etwas….Dann hatte ich durch den ganzen Herbst und Winter meine km gesammelt, bei Eis, Schnee, Regen und Matsch fleißig trainiert - von Januar 2006 bis Mai 2006 über 600 km gelaufen. Dabei auf Dauer nur selten schneller als 7 Min/km geschafft, also hatte ich mir die tollen Laufpläne von Steffny angeschaut und einen eigenen LP aufgestellt – die vorhandenen brauchten unbedingt Adaptation. Es gab ab und zu mal Schokoladefressereien und alles, habe aber versucht meine Ernährung dem Ziel auch besser anzupassen. Mein realistisches Ziel war es am 7 Mai 2006 in Wien einen ersten HM mit ca. 2:30 Stunden mitzumachen.
Und der große Tag ist gekommen….. Ich hatte die ganze Vorbereitung mit einer Laufkollegin durchgemacht, sie hat etwas schnellere Füße, ich etwas mehr Ausdauer, also hatten wir vereinbart zusammen im Ziel anzukommen. Am Tag vor dem WK hatten wir in einem schönen Park einen letzten, locker leichten Jogging gemacht (ca. 25 Min), das Wetter war wunderschön. Die Startnummerausgabe danach hatte uns schon mit Freude erfüllt. Merkwürdigerweise herrschte es eine verdammt große Ruhe in uns beiden. Am Nachmittag ging’s zur Kaiserschmarn-Party im Rathaus – sehr vornehm! Dann am Vorabend im Hotel alles für den Morgen des Laufs vorbereiten, Laufbekleidung auslegen, niedlich ausgeschnittener Müllsack zum Zwecken Regenmantel und/oder Wärmefolie, ChampionChip einbinden – wie schön! Wir hatten uns auch rechtzeitig zum Schlafen gelegt, damit wir am großen Morgen frisch und fit aufstehen können.
Der Morgen ist endlich gekommen… wir hatten schön früh gefrühstückt, dann mit einem leichtem Kribbeln im Bauch die Laufkleider angezogen. Und los ging es zum Startplatz! Es war lustig zu sehen daß die ganze U-Bahn Linie mit Läufern voll war. Unseren Startblock haben wir schnell gefunden, dann ca. 30-40 Minuten vor dem Start stellten wir uns in die Schlange vor den Toiletten. Einmal geschafft, haben wir uns in der Gegend warmgelaufen und 2-3 dl Wasser mit etwas ISO-Pulver Schluck für Schluck getrunken. Ergebnis: 12 Minuten vor dem Start nochmals Schlange stehen….. War allerdings eine gute Idee – es gab nämlich viele, die bereits in den ersten km in die Büsche gelaufen sind….
9:00 START für Marathon und Halbmarathon!!! Wir mit unserer Zielzeit waren wohl nicht ganz vorne eingereiht, unser Block brauchte fast 5 Minuten um die Startlinie zu überschreiten. Es war aber schön zu sehen, wie diese Menschenmasse sich zu bewegen anfing! Einfach ruhig und stolz hatten wir alle die Reichsbrücke überquert. Die Temperaturen lagen angenehm bei ca. 10 Grad – was sich leider sehr schnell in Sonne pur änderte…. Die ersten 5 km liefen echt flüßig. Ich hatte zwar das Gefühl, daß die Kollegin und ich etwas schneller sind als gewohnt, es ging aber einfach sehr leicht. Dann kam die Sonne heraus und strahlte immer wärmer, die schattigen Stellen auf der Strecke wurden immer weniger, wir hatten aber das Tempo (ca- 6:45 km/h) gehalten. Bei km 11 hatte ich das Gefühl das mein Kühlungssystem das nicht mehr lange mitmacht. Ich hatte bei dem Tempo trotz Verpflegung (Trinken + Wasser über Kopf/Nacken schütten) einfach zuviel Durst

Dann kam für mich die Tiefwelle…..Die Kollegin hatte mich aus der Auge verloren und ich sah immer trauriger zu wie sie vorne in der Menge verschwindet. Wir hatten doch etwas anderes vereinbart….. Hatte sie vielleicht gedacht daß ich sie einfach so zurückgelassen habe und irgendwo vorne bin? Das stimmte mich noch trauriger…. Ich fühlte mich in der Menge plötzlich sehr-sehr einsam und verloren. Bei km 12 mußte ich eine kurze Gehpause einlegen. Dann noch eine….und noch eine. Ich hatte über 1 km darüber gegrübelt was passiert ist. Ich war fast dabei meine Startnummer von der Brust zu reißen und einfach weiterzugehen, als ein sehr netter Herr mit Schnurrbart sich zu mir gesellt hatte (bitte sich melden, falls sich da jemand erkennt!!!) und mir mit den folgenden Worten seinen Arm anbat: „Darf ich Sie ein Stück mitnehmen?” Wir sind ein Paar Schritte gemütlich Arm in Arm weitergelaufen – das tat Wunder!!!
Bei km 13 dachte ich daran daß wir schon längst über die Hälfte sind! Und daran daß ein Marathonlauf irgendwann mal später noch wahnsinning viel Arbeit brauchen wird…. Ich habe versucht mich zusammenzureißen und mein Lauftempo öfters mit ca. 3 Minuten Laufen / 30Sec Gehen konstant zu halten. Es ging. Bei km 15 hatte ich jemanden gesehen der mit Schmerz im Gesicht zu seinem Knie griff. Ich hatte gelauscht und festgestellt daß bei mir alles in Ordnung ist. Keine Schmerzen oder Verspannung, die Füße sind leicht und laufen stabil weiter. Das ist gut, sehr gut!
Bei km 16 hatte ich auf der rechten Ferse trotz Pflaster eine Blase gelaufen. Es schmerzte ziemlich, aber das Gehen war auch nicht bequemer. Ich lief mit Gehpausen weiter und hatte im Gedanken die letzten 5 km an einem Freund namens CD gewidmet. Ich hatte das Gefühl ich bin verdammt langsam geworden… Tatsächlich: es waren ca. 7:20 Min/km im Schnitt. Trotzdem, die Zielzeit von 2:30 Stunden war immer noch haltbar! Es kamen km 18…dann 19….20…. Den letzten km hatte ich ohne Gehpause gelaufen. Wenigstens hier nicht schlapp machen!
Nur noch 100 m bis zur Ziellinie….. Eine Gruppe vor mir ist losgerannt um einige Sekunden nachzuholen, ich hatte mich aber anders entschieden. Ich hatte zu mir gesagt, Anna, diese Minute gerhört Dir, genieße jede Sekunde! Ich bin etwas zügig aber mit lockeren Schritten und vor Freude strahlend durch das Burgtor gelaufen, mir das jubelnde Publikum angeschaut und die Ziellinie mit gehobenem Kopf, zum Sieg gehobenen Händen und einem großem Lächeln überschritten. So hatte ich es mir immer vorgestellt und hatte es mir gegönnt!
GESCHAFFT!!!!! 21,1 km offiziell! Nettozeit: 2:26:57 Ich hatte mit Tränen im Gesicht darauf gewartet daß ich meine Medaille bekomme.
Die Kollegin hatte ich schnell wiedergefunden, sie war ca. 3 Minuten schneller angekommen. Ich hatte ihr einfach vom Herzen gratuliert. Statt Dehnübungen haben wir die müden Beine am Nachmittag mit einem 3 stündigen Spaziergang gelockert – das beste was wir tun konnten. Meine Beine hatten sich am nächsten Tag wieder so frisch und leicht angefühlt, als hätte ich statt HM ein angenehmes Läufchen gemacht. Ganz ohne Schmerzen und ohne Muskelkater.
Ich weiß jetzt daß die Beine gut trainiert sind, es liegt aber noch viel Kopfarbeit vor mir, damit das nächste mal solche Tiefwellen über die ich geschrieben habe mir erspart bleiben. Es war allerding ein phantastisches Erlebnis in Wien dabei zu sein und freue mich auf meinen nächsten HM zu Hause in Budapest!!!
Mfg,
Anna