clemme hat geschrieben:akzeptiert mich einfach als Raucher , der trotzdem laufen kann
joklar. Kein Problem. Wenn du weiterrauchen willst, dann tu das einfach. Akzeptiert.
Mir ist nur gerade so nach ziellosem Rumgeplauder und danach, der Welt mal wieder mitzuteilen, wie mein 'Klick' war. Allan Carr hatte bei mir nichts bewirkt außer ein latent schlechtes Gewissen über ein paar Wochen und gelegentliche halbherzige Versuche, aufzuhören.
Richtig klick gemacht hat es, als ich vor 2,5 Jahren einen nachbarschaftlichen 'Junkie' zu Besuch hatte. Irgendwie hab' ich den Hang dazu, gelegentlich Problemfälle anzuziehen bzw. hat eine bestimmte Sorte 'Gestrauchelter' den Hang zu mir.
Es saß mir also ein Mensch gegenüber, der in seinem Leben schon nach so ziemlich allem süchtig war, was die Welt an Suchtstoffen hergibt. Zu dem Zeitpunkt noch auslaufend auf 'Methadon', massig Alkohol, Kettenraucher.
Intelligenter Kerl, in jungen Jahren eindeutig sehr gutaussehend gewesen. Angenehmer Charakter. Typ: "über Geschichten alle Abschnorrer" In der ganzen Gegend bekannt und trotz Sucht beliebt. Mit nettem Hund, wandelndes Lexikon, immer auf der Höhe des Tagesgeschehens, gutes Auftreten, unterhaltsamer Gesellschafter. Aber jetzt mit Ende 30 komplett kaputt. Leber im Eimer, Hepatitis C und immer mit einem Bein in der Grube. Hatte in den wenigen Jahren, die ich ihn kannte, mehrere Alkohol-Entzugs-Versuche hinter sich gebracht (immer, wenn der konkrete 'Abflug' akut drohte) und später immer wieder rückfällig geworden.
Wie er mir da - vormittags, ich hatte frei - gegenübersaß auf meinem ebenerdigen Balkon ("Ach, Hi Lizzy, komm - rauchen wir eine zusammen, was meinste"), aus seiner kleinen Mix-Pulle trank, Schweiß auf der Stirn, mal wieder Märchen fabulierend (obwohl das bei mir gar nicht nötig war - ich akzeptiere die Menschen wirklich auch MIT ihren Süchten) da saß mir die personifizierte Sucht gegenüber. Und ich rauchte eine Zigarette beim Zuhören und Hunde verhätscheln (die Hunde waren auch das 'Kennenlern-Glied'), da war mir plötzlich sonnenklar, dass ich nichts mehr über 'Entzug' erzählen muß. Dass dieser Mensch am Ende ist (ich glaube, er lebt inzwischen auch gar nicht mehr. Zumindest wurde er seit Monaten von niemandem mehr gesehen und der Kontakt zu mir war auf mein Betreiben hin eingeschlafen weil es mir zu fordernd und anstrengend wurde. Ich akzeptiere Sucht - sage aber nicht, dass ich mich für die Süchte anderer oder deren Folgen verantwortlich fühle).
Ich sah also ihn trinken und todkrank sein. Und mich rauchen. Und erkannte in dem Moment, dass ich genauso süchtig bin. Wenn auch - wegen der Einzelsucht - nicht mit ganz so akut dramatischen Folgen. Dass ich nicht einem Menschen was erzählen oder predigen sollte, der nie wieder eine Chance hat, die Folgen auszubügeln. Wenn doch nichtmal ich - die eigentlich gar keine größeren Probleme zu bewältigen hat und damit viel bessere Voraussetzungen - es seit fast 30 Jahren nicht schaffe, von den blöden Kippen zu lassen.
Als er ging, gab ich ihm meinen Tabak mit und sagte: "Kannste haben. Brauch' ich nicht mehr." Ich habe auch erklärt, warum - wenn auch etwas abgemildert, was meine Einschätzung seiner Chancen und Zukunft angeht

Er hat mir den Tabak noch eine Weile aufbewahrt und wenn wir uns mit den Hunden trafen, gefragt, ob ich ihn noch nicht gegen den 'cold turkey' gebraucht hätte. Ich brauchte nicht - es war körperlich anstrengend, aber der Klick im Kopf hat es im Endeffekt ganz leicht gemacht.
Ein paar kleinere und sehr spontane 'Rückfälle' gab es viel später (der Geruch von frischem Tabak wird mir immer angenehm bleiben. Da nützt alle Gehirnwäsche nix) Aber jedesmal war mir dann glasklar und ganz fest war es gefühlt: "Nein, ich will nicht mehr süchtig sein! Nie wieder!" ... und dann konnte ich es wieder ganz locker lassen.