Von „seit über einem Jahr“ werde ich das Häkchen nun entfernen und werde es nach 5400 gelaufenen Kilometern auf „2 bis 9 Jahre“ setzen. Zwei bis neun Jahre... wie gigantisch das doch klingt. So, als würde ich schon ewig laufen. Wenn ich das bei irgendeinem User im Profil gelesen hab, hab ich immer gedacht: Wow... ein richtiger Profi. Und doch ist diese Aussage so vielschichtig, denn die 7 Jahre, die dazwischen liegen, das ist doch eine Welt in sich.
Ich bin gespannt, wahnsinnig gespannt, was mir diese 7 Jahre wohl bringen mögen. Beruflich, privat und natürlich rein sportlich. Mensch, 7 Jahre! Wenn ich das nächste Mal dieses Häkchen ändere, dann bin ich bereits 47! Wieviele Marathons werde ich dann gelaufen sein? Werde ich überhaupt noch laufen? Werde ich länger laufen, schneller laufen können? Oder Beides? Oder nichts von Beidem? Das liegt im Moment außerhalb meiner Vorstellungskraft. Und das macht auch gar nichts. Ich lebe im Jetzt und Hier. Genieße, daß ich laufen kann! Das ist toll.
Heute nun sei mir ein kleiner Rückblick erlaubt.
Auf den Tag genau vor zwei Jahren hat also alles angefangen. Da bebte die Erde zum ersten Mal, in meinem kleinen Dorf in der Nähe der polnischen Grenze. Und genau 4 Tage später, am 20. August, setzte ich das Häkchen im Profil bei „bin ganz neu dabei“. Fest entschlossen, dabei zu bleiben. Auch wenn sie mühsehlig waren, diese ersten Schritte, der Anfang war gemacht und die Fortschritte stellten sich recht rasch ein. Vom ersten Schritt an war mir klar, daß ich einmal einen Marathon laufen werde. Ganz sicher! Irgendwann! An Unterstützung in der Familie hat es nie gemangelt.
Ich weiß nicht mehr, wann genau es war, daß ich das Häkchen auf „ seit ein paar Monaten“ setzte. Vielleicht, nach einem halben Jahr? Oder nach meinem ersten Halbmarathon im April? Keine Ahnung, und es spielt auch keine Rolle! Dieses 1. Jahr war geprägt von Erfolgen, sowohl was die Kondition als auch die Geschwindigkeit betraf. Dieses 1. Jahr war aber auch geprägt von vielen freundlichen neuen Bekanntschaften, wie sie gerade durch dieses Forum zustande gekommen sind. Das hat mir so unendlich viel gegeben. Auf regionale Wettkämpfe wie die Stadtmeisterschaften habe ich mich damals noch nicht getraut. Da war ich noch nicht konkurenzfähig. Deshalb fand sämtlicher Austausch von Gedanken ausschließlich auf dieser tollen Plattform statt (Danke Tim

Dieses 1. Jahr war aber auch geprägt von viel, viel strenger Disziplin, Ehrgeiz und Genauigkeit. Ich war zwar zu keiner Zeit bereit, mich den Zwängen einens Trainigsplanes zu unterwerfen (mal abgesehen von dem 1-2-1....Anfängerplan), doch richtete sich auch schon damals mein Training nach bestimmten Grundsätzen. So ist es bis heute. Doch die peinlich genaue Abrechnung jedes einzelnen gelaufenen Meters habe ich mitlerweile längst hinter mir gelassen. Und doch war es richtig, das damals zu tun. Also, für mich war es wichtig, ohne das zu verallgemeinern und zu schulmeistern. Und ich bin glücklicher geworden, in diesem ersten Jahr. Zufriedener, nicht nur beim Blick in den Spiegel. Zwei Halbmarathons und einige kleinere Wettkämpfe hatte ich bestritten. Jeder Lauf eine Bestzeit, wohl wissend, das das nicht immer so weiter gehen kann. Aber akribisch vorbereitet, auf jeden Lauf. Fast schon unheimlich bin ich mir selbst.
Als ich das Häkchen dann auf „seit über einem Jahr“ setze, hab ich die Startnummer für meinen ersten Marathon bereits in der Tasche. Bin wahnsinnig aufgeregt und freu mich wie verrückt. Und habe gleichzeitig ziemliches Muffensausen. Und das ist gut so! Der Marathon wird zu einem der schönsten Erlebnisse meines Lebens. So kann es weiter gehen. Tut es auch in diesem zweiten Jahr. Immer noch wird jeder Lauf eine Bestzeit, vorerst zumindestens. Die Zahl der Bekanntschaften im Forum wächst in beachtliche zweistellige Dimensionen. Das ist gut so. Es ist schön, an so vielen Orten in Deutschland, der Schweiz und Österreich so viele nette Leute, Läufer, Seelenverwandte eben, zu wissen.
Nun ist es an der Zeit, sich auch regional zu beteilgen und auch dadurch erweitert sich mein Bekanntenkreis auf angenehme Art und Weise. Ich probiere auch andere Sachen, neben dem Laufen. So erfülle ich mir den Traum vom Snowboarden, einem Sport, den ich immer sehr bewundert habe. Doch mit fast zwei Zentnern wär ich ja früher im Schnee stecken geblieben. Und ich lerne Felsenklettern. Kein Kletterlehrer hätte ein Seil für mich gehabt, damals. Das kann ich nun alles tun.
Kurz bevor mein 2. Jahr als Läufer zu Ende geht, muß ich feststellen, daß es nun immer schwieriger wird, nach Bestzeiten zu greifen. Bin ich am Zenit angekommen? Wird noch mehr gehen? Oder war es das? Ich beginne, nach Sekunden zu haschen. Ich muß lernen, daß nicht mehr jeder Lauf eine Bestzeit werden kann. Das ist nicht einfach für mich. Bin vielleicht zu verwöhnt. Aber ich werds schon lernen. Wenn ich irgendwann nicht mehr schneller laufen kann, werde ich eben weiter laufen. So!
Was hat mir dieses zweite Jahr noch gebracht? Die Erkenntnis, daß man als Läufer nicht nur Asket, sondern auch Genießer sein kann. Und feiern. Auch Läufer können feiern. Und wie! Auf dem Rennsteig zum Beispiel. Und in Schwerin! Und es ist eine schöne, neue Erfahrung.
Und noch eine Erfahrung durfte ich in diesem zweiten Jahr machen, welche mir viel mehr wert ist, als alle Bestzeiten zusammen. Dachte ich doch bisher, die Fähigkeit, neue, dauerhafte Freundschaften zu schließen, sei ein Privileg der Jugend. Denn meine wenigen echten, mir sehr viel bedeutenden und vielgeprüften Freundschaften entstammten dieser Zeit.
Doch mit Bianka habe ich noch einmal einen Menschen gefunden, mit dem es mir möglich ist, 30 km zu reden, 30 km zu lachen oder 30 km zu schweigen. Und alles ist mir ein Vergnügen. Mit ihr würde ich bis ans Ende der Welt laufen. Natürlich hat sich diese Freundschaft längst über das Laufen hinaus bewährt. Und dafür bin ich unglaublich dankbar.
Und wenn ich nun heute so zurückschaue, dann sind es doch am Ende immer eigentlich nur die Begegnungen mit den Menschen, die das Alles so wertvoll und unvergleichlich machen.
Und so soll es immer weiter gehen. Oder besser - „Laufen“.
Fürs Erste sieben Jahre lang!
Danke fürs Lesen!