Santender hat geschrieben:Was ist schlecht am Breitensport?
Nichts. Im Laufbereich fehlt es aber in D sowohl in der Breite als auch in der Spitze an Klasse. Ohne Qualität in der Breite gibts auch an der Spitze keine Qualität.
Santender hat geschrieben:
Und was ist besser? Ein Talent, das mit 17 Jahren aus dem Sport aussteigt, oder ein mittelmäßiger Sportler, der seinen Sport vielleicht über Jahre mit Liebe betreibt.
Talente, die den internationalen Durchbruch schaffen, wären eben mal wieder ganz nett. Und das ist eben sehr schwierig, die bis zum aktiven Spitzensport durchzubringen.
Santender hat geschrieben:
BTW: Zu der zweiten Kategorie gehören hier ja wohl alle Poster in diesem Forum.
Hier sind einige durchaus besser als mitelmäßig.
alwinesrunner hat geschrieben:Und jetzt??
Mir gehts darum das solches Weicheigelabbere genau der Grund ist, warum wir selbst bei ner LA-EM keinen Blumentopf mehr im Laufbereich gewinnen!!
Zum Teil hast du Recht. Es sind auch oft weicheierige Eltern, die mir als Betreuer vom Nachwuchs in der Leichtathletik Probleme machen. Es gibt aber wirklich auch das umgekehrte Problem: Zu früh wird zu hart trainiert und die jungen Talente werden verheizt. Es ist eben wichtiger, dass ein 800m Läufer mit 25 die WM gewinnt, als dass er mit 15 Landesmeister im wird. Das kapieren leider einige Nachwuchstrainer immer noch nicht.
Hab selber in meinem Kreis sehr viele Talente gesehen, die "verheizt" wurden. Ein Schüler läuft Landesrekord über 1000m, mit 18 hört er auf. Schülerin wird deutsche B-Jugendmeisterin, dann mit 2 Ermüdungsbrüchen in einem Jahr aufgegeben. Derselbe Trainer, jahrelang das gleiche Spiel. Solche"Schinder" gibt es leider noch viel zu oft. Wieviele habe ich laufen sehen, denen ich damals eine internationale Karriere prophezeit hätte. Keinen habe ich im Fernsehen bei einem internationalen Leichtathletik Großereignis wieder gesehen.
Imo geht es darum, beim Training die Talente so lange zu halten, bis sie alt genug sind um zu verstehen, dass sie sich ein wenig mehr quälen müssen. Sie müssen es selber wollen, sonst wird es nicht funktionieren. Zu früh zu hart trainieren bedeutet auch, in der Jugend oder bei den JuniorInnen zu wenig verbesserungspotenzial zu haben, der Stillstand frustriert, die Talente geben auf.
Mein Training war anders, nicht zu hart, trotzdem sorgten die übertrainierten Kids für Frust bei mir: Gegen die hatte ich keine Chance, mein Talent schätzte ich geringer als es war, das "süße" Studentenleben (incl Sex Drugs & Rock & Roll) gekostet, mit 19 aufgehört.
Da kommen wir zu einem zweiten wichtigen Punkt: an den entscheidenen Punkten ist in unserer gesellschaft die berufliche Karriere zu wichtig und der Laufsport nicht wichtig genug. Kenne zig Leute, die wegen Studium oder Ausbildung aufhörten. Erstmal was solides lernen, Geldverdienen, etc. Genau in der Zeit, in de es richtig wichtig wird, professionell zu trainieren, um voranzukommen, werden falsche Prioritäten gesetzt, sind andere Dinge zu wichtig.
In den USA spielt der Sport an den Colleges und Unis eine viel größere Rolle, Sportler sind höher angesehen, bekommen Stipendien. Mit 4tklassigem Fußball kannst du hierzulande dein Studium finanzieren und trainierst dabei halbsoviel wie ein Leichathlet in der nationalen Spitze, der u. U. von Sporthilfe oder Bafög am Rande des Existenzminimums lebt. Im Laufen und in der Leichtathletik steckt zu wenig Geld, was auch dadurch verursacht wird, dass die LA sich zu schlecht verkauft, die Selbstdarstellung und Eigenwerbung ist zu schlecht.
Bleiben wir bei der Bildung, gehen wir in die Schule: Konzepte wie Bundesjugendspiele oder Jugend Trainiert für Olympia sind veraltet, fehlerhaft oder werden schlecht umgesetzt. An meiner Schule hat ein Kunstlehrer die "Jugend trainiert" Mannschaft LA zusammengestellt, weil der Sportbereichsleiter sich nicht darum gekümmert hat. Dieser Sportbereichsleiter war unfähig und bekam für den Job, den er ungenügend machte, noch ne Gehaltstufe mehr (Oberstudienrat). Sowas ist dann Beamter, gehört aber für solches Nichtstun eigentlich gekündigt.
Und das sowas ist kein Einzelfall, Kommunikation zwischen Schulen und Vereinen ist meist unzureichend, das ganze System ist nur dazu geeignet, Talente zu übersehen und nicht zu fördern. Wenn mal irgendwo was funktioniert im Schulsport, liegt es oft an wenigen engagierten Lehrern, die sich persönlich sehr stark einsetzen.
Aus meiner persönlichen Erfahrung und der Arbeit in der Kinder- und Jugendleichtahletik weiß ich, dass die Talente nach wie vor da sind, trotz Playstation und 1000 Fernsehprogrammen. Fette Kinder und Wohlstand gibt es hier schon seit dem Wirtschaftswunder wieder, das wird kaum der Kern des Problems sein.
Die SportKonkurrenz ist härter geworden, der Fußball nimmt mir in meinem Verein bei den 10-13jährigen Jungen schon so viele Sportler weg, dass ich keine Staffel oder Mannschaft zusammenbekomme, während das bei den Mädchen kein Problem ist. Zum Fußball kommen eben noch diverse Fun- und Trendsportarten (Inlinern, Skateboard etc), dazu andere Ballsportarten wie Handball.
Viele Kinder haben eben auch zu viele Hobbies und werden von den Eltern nicht genug dahin geführt, sich auf wenige Sachen zu konzentrieren, und die dafür gut zu machen.
Gruß
Christof