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von tokai
Anstatt sich irgendwelchen Schuldzuweisungen oder Spekulationen hinzugeben, sollten sich einige vielleicht einmal fragen wie sie selbst in der Situation reagiert hätten?
Nach meinem Start im letzten Jahr, bin ich gestern zum 2. mal bei dieser Veranstaltung mitgelaufen. Bei meinem Gipfelsturm habe ich das Drama am eigenen Körper miterlebt aber auch Sportler gesehen, die vor Erschöpfung nicht mehr weiterkonnten. Die meisten Läufer im Zielanstieg waren, wie ich auch, mehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie eine wirkliche Hilfe für die Betroffenen gewesen wären, ohne sich dabei in zusätzliche Gefahr zu begeben.
Nun ein paar Details zum Lauf:
Bei der Startnummernausgabe gab es einen extra Zettel und jeder Starter wurde darauf hingewiesen, dass für die Zugspitze kaltes Wetter gemeldet war, mit dem Hinweis, warme Kleidung mitzutragen. Am Laufmorgen selbst hatte es ca. 15 Grad im Tal und es regnete durchgängig. Ich selbst habe mich entschieden kurz zu laufen, mir ein langes Shirt mitgenommen (da ich vom letzten Jahr wußte wie kalt es oben werden kann) und eine Windweste getragen. Über die Läufer in Trägershirts konnte ich bereits jetzt nur den Kopf schütteln...Noch am Start wurde auf das Wetter aufmerksam gemacht und noch einmal auf eine Jacke und evtl Handschuhe hingewiesen. Es hieß aber auch, dass oben windstill ist und zum aktuellen Zeitpunkt davon ausgegangen wird, dass man bis oben laufen kann. Im Vergleich zum Vorjahr waren die Bedingungen um einiges schlechter und so ging ich eigentlich davon aus, dass, wie im letzten Jahr, der Kontrollpunkt am Gatterl eine Verkürzung des Laufs ankündigt. Dort angekommen, habe ich mich noch einmal extra erkundigt und setzte meinen Weg dann fort. Bis zur Knorrhütte waren die Bedingungen auch noch unverändert. Im Aufstieg zum Sonnalpin wurde dann aber der Wind stärker und es wurde merklich kälter. Spätestens hier dachte ich, dass das Rennen am Sonnalpin zu Ende sein würde. Da ich hier schon stark fror und auch das durchnäßte Langshirt keine Abhilfe verschaffen konnte, spielte ich mit dem Gedanken am Sonnalpin auszusteigen. Am Sonnalpin legte ich eine kurze Pause ein und nachdem ich mich einigermaßen erholt fühlte, schloß ich mich einer Gruppe von Läufern an, die mit mir gemeinsam den Schlußanstieg wagten. Zu diesem Zeitpunkt hatte es übrigens noch nicht geschneit. Im ersten Drittel des Anstiegs (Geröllfeld, für die die Strecke kennen) kam uns der erste Läufer entgegen, der sichtlich gezeichnet den Rückweg angetreten hatte. Kurz danach sah ich auch die Vorjahressiegerin (Ellen Clemens), die von einem Mitarbeiter der Bergwacht nach unten geleitet wurde. Weiter oben im Anstieg setzte dann langsam Schneefall ein. An einer kleinen Kletterpassage war ein Läufer, der völlig entkräftet am Stahlseil hing. Das Gefühl, das einem in diesem Moment durchfährt ist schwer zu beschreiben. Zum Glück (wie ich an dieser Stelle hoffe!), war gleich die Bergwacht zur Hilfe. Auf den letzten Metern kämpften sich einige Läufer mit letzten Kräften über die Geröllbrocken um die letzten Meter ins Ziel auf sich zu nehmen. Im Ziel angekommen, war ich so ausgefroren, dass ich selbst eine halbe Stunde später noch unter Schüttelfrost litt. Wie ich vermute, haben sich die Wahren Dramen erst kurz danach abgespielt. Insgesamt hat nur knappes Drittel der Läufer den Gipfel erreicht und die anderen sind am Sonnalpin ausgestiegen.
Erst auf der Rückfahrt habe ich erfahren, dass es zu diesem Drama gekommen ist. Der bittere Geschmack des eigenen "Erfolgs", den Gipfel bezwungen zu haben, geht vollends unter in der Ergriffenheit und dem Mitgefühl für die Sportfreunde, die hier ihr Leben lassen mußten. Immer wieder liest man ja von tragischen Zwischenfällen bei Laufveranstaltungen, aber das gestern war mit Sicherheit eine absolute Extremsituation. Nach letzten Meldungen scheint es sich hier auch nicht um (wie zunächst spekuliert...) unerfahrene Läufer gehandelt zu haben.
Ich möchte jedem, der sich an dieser Diskussion beteiligt, raten, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen. Auch Schuldzuweisungen aus der Ferne sind hier völlig unangebracht (vor allem gegenüber den Opfern!). Damit ist weder den Opfern, noch den Angehörigen derer geholfen. An einer sachlichen Aufarbeitung der Ereignisse führt meines Erachtens kein Weg vorbei und diese sollte man den zuständigen Behörden überlassen. Auch eine erste Stellungnahme des Veranstalters ist abzuwarten. Bis jetzt gibt es keinen Hinweis auf den Vorfall auf der Website und kein Wort der Anteilnahme!!!
Ich werde wohl noch lange über den Lauf und die Vorkommnisse nachdenken und die Meldungen verfolgen. Aber am Ende bleibt doch die Einsicht, dass nicht alles vorhersehbar und gerade alpine Bergläufe anderen Gesetzen als Stadtläufe unterliegen. Neben einer besseren Aufklärung durch den Veranstalter, liegt es aber letztendlich auch in der Verantwortung jedes Einzelnen, sich entsprechend vorzubereiten und im vorhinein mit den Gefahren einer solchen Veranstalung auseinander zu setzen. Bleibt zu hoffen, dass sich so etwas nicht wiederholt!