Hallo Leute,
interessanter Thread. Ich hab vom Zugspitzlauf aus den Nachrichten erfahren und es tat mir erstmal sehr leid für diejenigen, die ihr Leben da gelassen haben. Sowas ist sicherlich bitter.
Kurz was zu meiner Person: Ich bin 30 Jahre alt und seit meiner Kindheit viel in den Bergen unterwegs. Ich würde mich also als einen sehr erfahrenen Wanderer, bezeichnen, der sich im Gebirge auskennt. Was das Laufen angeht, bin ich eindeutig weniger erfahren. Ich stehe kurz vor meinem ersten Halbmarathon und habe deswegen wenig Lauferfahrung.
Jetzt versetzte ich mich einfach mal in die Lage, dass ich fit genug wäre und den Lauf mit machen kann. Als Bergwanderer wäre ich auf jeden Fall gewarnt. Ich würde mich vor dem Lauf wahrscheinlich mit meinem Bruder besprechen und 100&ig wäre das Thema eben auch auf das Wetter gekommen. Die Frage: Was macht man da oben, wenn es aufeinmal plötzlich anfängt zu schneien, hätte ich mir sicherlich gestellt. Dies kommt auch sicherlich daher, dass ich auf Hüttenwanderungen schon von Schneefall überrascht worden bin und weiss, dass dies sehr unangenehm ist.
Jetzt würde ich den Lauf aber nicht unbedingt als Wanderer, sondern als Läufer angehen. Hier wäre ich, dass muss ich gestehen, auch etwas naiver an die Sache herangegangen. Ich hätte mich wohl auch über das Wetter informiert und hätte mich dementsprechend wohl etwas zu leicht bekleidet. Ich hätte da auch wirklich den Glauben gehabt, dass eine solche Veranstaltung in Deutschland absolut professionell durchgeplant und organisiert wird. Ich wäre wohl davon ausgegangen, dass ein exakter Wetterbericht von Profis für den geplanten Rennzeitpunkt erstellt worden wäre. Zudem wäre ich davon ausgegangen, dass es auf der Strecke genügend Material und Menschen zum Helfen gibt. Machen wir es kurz: Ich hätte mich in große Gefahr begeben, weil ich eben nicht als einsamer Wanderer unterwegs gewesen wäre, sondern als Läufer der auf einen Veranstalter vertraut.
Nun was meine ich mit letzterem Punkt: Sicherlich ist es nicht richtig in kurzer Kleidung zu starten. Aber auch Leute mit langer Kleidung hatten enorme Probleme mit Unterkühlung. Ich habe mich im Internet ein bischen eingelesen in die Problematik. Und da stellen sich mir teilweise die Nackenhaare auf, was da auf Seiten des Veranstalters versäumt wurde. Damit hätte ich absolut nicht gerechnet.
1.) Der Wetterbericht war schon vor dem Lauf katastrophal --> Man hätte den Lauf absagen können oder zumindest sofort das Ziel auf ein niedrigeres Niveau legen müssen.
Hier liegt allerdings die Vermutung nahe, dass der Veranstalter nicht erneut missmutige Teilnehmer erleben wollte. 2007 haben sich wohl viele beschwert, weil viele vorzeitig abgebrochen haben. Hier spielte wohl sicherlich auch die Angst vor einem Ausbleiben der Teilnehmer eine Rolle. Für mich ein Skandal.
2.) Was hier bislang wenig erwähnt wurde: Der Veranstalter hatte auf höher gelegenen Schneefelder die Strecke gar nicht ausreichend markiert. Die Läufer hätten sich da leicht verlaufen können. Hier haben wir es also mit einem Veranstalter zu tun, der die Läzfer bei schlechten Wetter starten lässt und noch nicht einmal den Weg ausreichend markiert. Das ist für mich ebenfalls ein Skandal.
3.) Bergläufe finden in einem Regelfreien Raum statt. Jeder kann einen solchen Lauf veranstalten. Während es bei City Marathons strenge Vorschriften gibt, wieviele Versorgungsstationen es geben muss, gibt es sowas für Bergläufe nicht. Das verstehe wer will. Halte ich ebenfalls für nicht akzeptabel diesen Zustand. Der Veranstalter kann somit nicht zu wenig Decken,Getränke, Rettungsleute gehabt haben, denn es gibt ja gar keine Richtlinien für Bergläufe. Hier kann sich mal jeder im Forum selber fragen. Wer hätte gedacht, dass eine solche Veranstaltung so xbeliebig durchgezogen werden kann/darf.
4.) Die Verantwortung ob/wann wegen schlechtem Wetter abgebrochen wird, liegt ebenfalls ganz alleine beim Veranstalter. Das finde ich so auch nicht in Ordnung. Wenn da jeder dahergelaufene sowas ausrichten darf, woher soll denn da die Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen kommen? Schon krass.
Diese Punkte veranlassen mich zu einigen grundlegenden Überlegungen wie solche Veranstaltungen durchgezogen werde können.
1.) Nicht jeder darf mitmachen. Um sicher zu sein, dass die Teilnehmer auch eine gewisse Kondition mitbringen, müssen sie die Teilnahme an einem Marathon oder einem anderen ernstzunehmenden Berglauf vorweisen können. Sicherlich können auch Marathonis am Berg eingehen, aber sie haben doch schon mehr KOndition als so manch anderer, der da einfach so teilnimmt.
2) Die Teilnehmer werden über eine CD-Rom über die Gefahren im Gebirge, bzw bei so einem Lauf aufgeklärt und müssen eine Erklärung unterschreiben, dass sie informiert wurden. Ebenso enthält die CD-Rom Hinweise zu erste Hilfe Massnahmen. Gleichzeitig unterschreiben die LÄufer damit auch, dass in manchen Extremfällen, wie Schneesturm, eine Rettung ausgeschlossen sein kann und sie dieses Risiko akzeptieren. Ebenso beinhaltet die Erklärung, dass Läufer, die sich leichtfertig in Gefahr begeben nur auf deren Kosten gerettet werden.
3) Nicht Jeder darf eine solche Veranstaltung austragen. Es muss Richtlinien geben, wer dazu befähigt ist. Zum Beispiel könnte gefordert werden, dass der Veranstalter, Alpinexperten, Wetterexperten und Sportexperten zu Rate ziehen muss. Hier bieten sich zum Beispiel Experten wie Helmut Reitmeir an (der hat schon einige Bergläufe gewonnen und hat zum Beispiel heftig kritisiert, dass die Strecke nicht ausreichend markiert war)
4) Eine derartige Veranstaltung muss teuer sein. Dann machen nur Leute mit, für die es sich auch wirklich lohnt und die sich gut vorbereiten. Zudem kann man das Geld in Sicherheitsvorkerhungen stecken.
5) Zahlungen müssen durch die Startgebühr vorher getätigt werden, damit so ein Mist wie mit den 5,50 nicht mehr vorkommt, wenn man die Jacke verliehen hat.
6) Der Läufer zahlt viel und muss sich darauf verlassen können, dass eine je nach Größe des Laufs, Mindestanzahl an Rettungssanitätern vor Ort befindet. Es kann nicht sein, dass da zum Beispiel nur 5 Mann stehen und dem Veranstalter drohen keine Konsequenzen. Das minimiert auch etwas das Risiko in einem Ersntfall. Das nicht alle Risiken ausgeschlossen werden können, hat der Läufer ja mitbekommen und unterschrieben.
7) Streckenposten sollten in der Lage sein, Läufer aus dem Rennen zu nehmen. Manchmal ist man einfach so sehr im Rennen gefesselt, dass man den Blick auf das Wesentliche vergisst. Hier kann es doch hilfreich sein, wenn vonb aussen jemand eingreift. Auch erfahrenen Leuten kann dies passieren. Ich verweise da auf Profibergsteiger, die in der Todeszone an der Höhenkrankheit erkranken und nicht mehr umkehren wollen. Die muss man auch zwingen. Bei Läufern ist das sicherlich weniger krass, aber ein Anstoss von aussen kann da manchmal sehr helfen. So wird es zum Beispiel auch in der Schweiz beim Matterhorn Marathon praktiziert.
So jetzt habe ich einiges zum Thema geschrieben, was mir im Kopfumhergeschwirrt ist. Ich finde es bemerkenswert, dass der Thread schon so lang ist und nocht nicht geschlossen wurde. Hier wird also überwiegend sachlich und konstruktiv diskutiert. Sowas findet man leider nur noch selten im Internet. Zu Erwin möchte ich eigentlich nur sagen, dass es doch absolut toll ist, dass ihm nichts schlimmeres passiert ist und er hier überhaupt noch schreiben kann. Das ist wichtiger als jeder Fehler und jede Diskussion hier.
Beste Grüße
Jan (der voraussichtlich den Halbmarathon in Brüssel in kurzer Hose laufen wird.

Darüber, dass man mir gesagt hat der Halbmarathon wird schwer, da die Strecke recht bergig verläuft, kann ich nach dem Thread hier nur noch lachen

)