In der Nacht zum Wettkampftag zu wenig geschlafen, morgens dann zu wenig gegessen (bekam kaum etwas hinunter), immerhin vorher noch Darm und Blase geleert bekommen, dann mit dem Rad zum Start - würde ich nicht völlig kalt an den Start gehen. In der Stadt liefen sich bereits etliche Läufer ein - diese machten alle den Eindruck, als ob sie den Wettkampf knapp unter Weltjahresbestzeit absolvieren würden. Ok, ok - stelle ich mich brav ganz hinten hin. Von einer Zeit unter 2 Stunden hatte ich mich bereits verabschiedet - dann wenigstens unter 2:06 bleiben, das wäre doch auch etwas feines.
"Zeitzonen" gab es sowieso nicht, der Startbereich verlief trichterförmig, nach dem Startschuss dauerte es ca. 2 Minuten bis man überhaupt über die Startlinie kam, richtiges Laufen war erst ca. 200 Meter nach dem Start möglich. Schon ungewohnt so dicht bei dicht zu laufen, einem Mitläufer aus Versehen in die Fersen getreten - beim ersten Wettkampf darf soetwas wohl noch passieren.
Beim ersten Verpflegungsstand nach ca. 2,5 km griffen bereits unglaublich viele Läufer zu. Mag sportmedizinisch sinnvoll sein; mir drängte sich die Frage auf warum die nicht vor dem Start noch einen Schluck getrunken haben. Alles voll mit leeren Plastikbechern, das Geräusch nervte richtig (Säcke zur Entsorgung wurden erst ab der zweiten Station bereitgehalten).
Bis KM 5 lief alles super, schnell zu meinem Tempo gefunden, mich durch schnellere Läufer nicht irre machen lassen: ca. 28 Minuten bis hierhin, immerhin schon ein Polster von 2 Minuten. Das "Guthaben" wollte ich dann im Herrentunnel verbraten und würde immer noch gut in der Zeit liegen.
Der Herrentunnel selbst war eigentlich auch noch nicht so das Problem. Schon lustig mit so vielen Menschen dort hineinzulaufen, hatte die Tunnelläufe in den Jahren zuvor nicht mitgemacht. Beim Abwärtslaufen bewußt Tempo rausgenommen, beim Anstieg dann nochmals das Tempo reduziert und die Schrittlänge verkleinert. Strengte natürlich immer noch an, war aber alles noch im Rahmen.
Irgendwann dann Licht am Ende des Tunnels - und bei der ersten Kurve wieder unter freiem Himmel kamen einem die Führenden entgegengehämmert. Schwer beeindruckt gewesen. Sahen auch noch super frisch aus - so frisch wirkte ich sicher nicht einmal beim Start

Dann ging es aber los: ca. 2 km vor der Wendemarke bekam ich starke Schmerzen im rechten Unterleib, ungefährt dort, wo ich die Leiste vermute. Kam ohne Vorankündigung, keine Ahnung woher es kam, keine Ahnung ob es von allein wieder weggehen würde - Mist

Bei der Wendemarke waren die Schmerzen im Unterleib zum Glück wieder weg, machte mir aber so meine Gedanken was ich wohl falsch gemacht habe - kommt das gleich wieder wenn es zum zweiten Mal durch den Herrentunnel geht? Halbzeit bei ziemlich genau 1:00 - Zeit war mir da aber schon völlig egal, Hauptsache die Schmerzen kommen nicht wieder und ich komme heil zurück. Auch wenn die Leiste nun Ruhe gab: wellenförmig bekam ich eine Art "Gänsehaut unter der Haut" von der Stirn über den Kopf bis fast in den Nacken - was ist das denn nun? Fühlt es sich so an wenn man zu viel Flüssigkeit verliert und nichts trinkt? Beim nächsten Getränkestand dann doch lieber einen Becher schnappen.
Lektion 1: im Laufen zu trinken ist ein Ding der Unmöglichkeit
Lektion 2: Wasser kann so ziemlich das Leckerste sein was es gibt
Die "Gänsehaut" ging davon zwar nicht weg, wenigstens wurde es aber nicht schlimmer. Auf der Hintour durch den Tunnel war es noch recht laut gewesen, auf dem Rückweg nun liefen fast alle still vor sich hin. Hatten wir auf der Hinstrecke wenn überhaupt den Wind noch im Rücken, so kam er nun von vorne... Hatte mich vor dem Start entschieden mit Jacke zu laufen, war zwar auf dem Hinweg teilweise zu warm, war nun aber heilfroh die Jacke zu haben.
2x der doofe Tunnel, doofer Wind von vorn, Nieselregen, die Angst dass die Schmerzen wiederkommen würden: wenn ich lebend ins Ziel komme baue ich als Dank ein Kloster - naja, vielleicht auch nicht; auf jeden Fall werde ich niemals wieder freiwillig laufen!
Zumindest entlang der HM-Strecke (beim Marathon soll das weiter Richtung Travemünde ja anders gewesen sein) waren immer mal wieder Zuschauertrauben, alles in allem deutlich mehr als ich vorher getippt hätte. Diese müssen heute noch heiser sein, was die vermutlich die ganze Zeit angefeuert haben war beachtlich. Zumindest einigen Läufern tat das auch sichtbar gut.
Irgendwann kam dann die Altstadt endlich wieder in Sicht, das stimmte verhalten optimstisch, dass man es doch noch schaffen würde. Knapp unter 2:10 h dann im Ziel gewesen - geschafft

Einge vertraute Gesichter nahmen mich dort in Empfang - reden war unmöglich, erstmal sitzen

Heute zwei Tage nach dem Wettkampf immer noch fürchterlichen Muskelkater, aber zumindest kann ich mir wieder vorstellen irgendwann mal wieder freiwillig zu laufen - am Sonntag hätte ich noch einen hohen 12-stelligen Betrag gewettet, dass mir nicht einmal mehr der Gedanke kommen würde
