Darf man erfahren, was Dich dazu bewegt? Ich hatte bisher den Eindruck, dass Du mit dem Klemmbrett gut zurechtkommst.Gugu hat geschrieben: ich überlege, meinen Trainingsplaner zu wechseln zu VicSystem.
Tja ... kommt drauf an, wuerd ich sagen.Gugu hat geschrieben: Ich laufe so 3-4mal pro Woche, ca. 35km, kann 10km mit Mühe und Not sub60 laufen, w, 33, und ich merke einfach, dass ich gut mit einem Trainingsplan fahre. Was ich super finde, ist, dass er Lauf-ABC, Streching etc, mit einplant. Aber eigentlich weiß ich nicht viel über die Trainingspläne. Ich lese nur immer, dass Tempo und Puls nicht zusammen passen.
Ihr seid ja bei Vic. Könnt ihr ihn empfehlen?

Vielleicht mal zur Grob-Orientierung ein paar allgemeine Informationen:
Du hast bei VIC immer mindestens 3 TEs pro Woche im Plan, weniger kann man nicht angeben. Das sind: ein langer Lauf (Laenge variiert je nach Wettkampfziel), einmal Tempo und ein normaler Dauerlauf (Dauer ca. 1:10h-1:30h). Bei 4 TEs/Woche kommt nochmal ein normaler Dauerlauf dazu, bei 5 TEs ein zweites Tempotraining. Je nach Verteilung der Einheiten auf die Wochentage kann es statt normalem Dauerlauf auch "Regeneration" sein, d.h. langsamer als ein normaler Dauerlauf, aber trotzdem ca. 1:10h lang. Das Tempo der "normalen Dauerlaeufe" variiert, die HF-Vorgaben dafuer liegen so etwa zwischen 70 und 80% HFmax. Dieses "Schema" ist immer gleich, bis auf die Taperingphase und die Erholungsphase nach Wettkaempfen.
Als "sportliche Ziele" kannst Du entweder konkrete Wettkaempfe mit Datum angeben, fuer die es dann eine spezielle Vorbereitungsphase gibt (z.B. 6 Wochen fuer 10km oder 14 Wo. fuer Marathon). Du kannst Wettkaempfe aber auch als "Vorbereitung" oder "Training/Fun" deklarieren, dann entfaellt die Vorbereitungsphase. Oder Du kannst als Ziel "einfach regelmaessig laufen" oder aber allgemeines Training fuer eine bestimmte Distanz (aber ohne konkretes Wettkampfdatum) angeben.
Lauf-ABC, Fussgymnastik und allgemeine Kraeftigungsgymnastik wird in der Regel einmal pro Woche vorgegeben, allerdings ist das Programm fuer Lauf-ABC und Fussgymnatik immer das gleiche; bei der allgemeinen Stabilitaet werden wechselweise ca. 5 Uebungen aus einem Fundus von 15 Uebungen ausgewaehlt. Aufwaermen und Dehnen soll man immer vor und nach dem Laufen, das sind aber auch immer die gleichen Uebungen. Ich finde es zwar gut, dass VIC sowas vorgibt, aber man koennte das auch ein bisschen abwechslungsreicher machen. Ehrlich gesagt, nur allein diese Zusatzuebungen sollten eher kein Grund sein, sich fuer VIC zu entscheiden - die kannst Du Dir aus jedem Laufbuch auch selber zusammenstellen, wenn Du sie wirklich machen willst.
Dass Tempo und Puls nicht zusammenpassen, kann man so allgemein auch nicht sagen. In Phasen, in denen VICs Wettkampfprognosen etwa realistisch waren, hat beides bei mir auch schon zusammengepasst - allerdings nie bei dem ganz langsamen Regenerations-Tempo.
Ich denke, die Einschaetzung des jeweiligen momentanen Leistungsstandes der Schuetzlinge und die dynamische Anpassung des Trainings ist zwar eine der potentiellen Staerken gegenueber statischen Plaenen, aber gleichzeitig auch eine der potentiellen Gefahren und Schwaechen des Systems. Nach meiner Erfahrung richtet sich diese Einschaetzung zu sehr danach, ob man - v.a. bei den "Schluesseleinheiten" Tempotraining und langer Lauf - treu und brav die Vorgaben erfuellt oder nicht. D.h., wenn man eine Weile schoen nach Plan trainiert, schaetzt das System den Leistungsstand immer besser - und irgendwann zu gut - ein, so dass die Tempovorgaben zu schnell geraten. Haelt man sich dagegen nicht genau genug an die Vorgaben, "denkt" das System, dass man immer schlechter wird und die Tempovorgaben werden zu langsam.
Als ich z.B. mit dem VICSystem angefangen habe, hatte ich etliche Wochen hinter mir, in denen ich aufgrund einer Verletzung wenig oder gar nicht gelaufen bin. In den ersten Wochen mit VIC wollte ich daher vorsichtshalber noch keine Tempoeinheiten machen. Und zu so langen Laeufen, wie VIC sie vorgesehen hat, hatte ich fernab von Marathon-Plaenen schlicht keine Lust. Ich habe also die Tempoeinheiten ignoriert und die langen Laeufe gekuerzt, bin insgesamt aber regelmaessig und mehr gelaufen als in den Wochen zuvor. Mein Trainingszustand hat sich also verbessert, aber das VICSystem hat mich immer schlechter eingeschaetzt, weil ich die Schluesseleinheiten nicht wie vorgegeben durchgezogen habe.
Spaeter, als ich tatsaechlich einen Marathon geplant hatte und die Verletzung endgueltig ausgestanden war, habe ich dann brav nach den Vorgaben trainiert, und prompt wurde VIC mit seiner Einschaetzung immer optimistischer.
Kurz gesagt: Man sollte VIC die Einschaetzung des eigenen Trainingsstandes nicht unbesehen abnehmen, sondern einen eigenen, realistischen Blick darauf haben und das Tempo der TEs ggf. entsprechend anpassen.
Und: diese "Belohnung" der Vorgaben-Erfuellung mit immer optimistischeren Prognosen kann u.U. dann "gefaehrlich" werden, wenn man dadurch verleitet wird, die Einheiten "auf Deibel komm raus" wie vorgegeben durchzuziehen. Manchmal ist es einfach sinnvoller und vernuenftiger, Einheiten abzubrechen oder ganz ausfallen zu lassen - durch VIC kann man aber eben zum Gegenteil verfuehrt werden. Umgekehrt ist es mir auch schon so gegangen, dass ich eher geneigt war, mal was ausfallen zu lassen oder zu kuerzen, wenn VIC mich zu optimistisch einschaetzt, um das System zu realistischeren (d.h. in dem Fall: pessimistischeren) Prognosen zu bringen. Das ist natuerlich alles Schwachsinn, wenn man es rational ueberlegt, aber man (zumindest ich) muss manchmal schon rational gegen solche "Pawlowschen Impulse" ankaempfen.
Einen "Verletzungs-/Krankheitsmodus" o.ae. gibt es nicht - man laesst die vorgegebenen Einheiten dann einfach ausfallen und muss selbst schauen, wie man vernuenftig wieder anfaengt. Ueberhaupt lassen sich Trainingsumfang und -intensitaet nur ueber die Anzahl der TEs und - in Grenzen - ueber das Wettkampfziel steuern. D.h., man kann nicht z.B. sagen "Ich will zwar viermal die Woche laufen, aber das vierte Mal nur ca. 40-50 Min.", sondern wenn man eine vierte TE angibt, bekommt man gleich eine zusaetzliche TE von ueber einer Stunde dazu. Genauso ist die fuenfte Einheit immer eine Tempo-Einheit.
Vorsichtig sein muss man auch mit allzu haeufigen Veraenderungen der Trainingstage - je nachdem, wann man da was veraendert, kann man auch zwei lange Laeufe direkt hintereinander oder Wochen ganz ohne bekommen. Nach meiner Erfahrung ist es sinnvoll, Trainingstage am besten sonntags abends oder montags morgens zu aendern, also am Ende einer Woche. Oder die Tage im VICSystem gar nicht zu aendern und bei Bedarf die Einheiten selbst sinnvoll hin- und herzuschieben.
Insgesamt kann man mit dem System imho dann zurechtkommen, wenn man ihm nicht blind vertraut, sondern selbst mitdenkt und die Vorgaben ggf. anpasst. Nun kann man einwenden, dass man dann seinen Trainingsplan auch gleich selber machen kann. Stimmt in gewisser Weise - andererseits habe ich gemerkt, dass mir das System als "Rahmen" doch ganz gut taugt und das gelegentliche Anpassen doch immer noch leichter ist, als wenn ich mir einen Plan komplett selbst machen sollte. Ich laufe sicher mit VIC auch mehr als ohne, selbst wenn ich gelegentlich die langen Laeufe kuerze, wenn kein Marathon vor der Tuer steht ...
Gruss,
Katrin