Nach dem Ultra ist vor dem Marathon ist vor dem Ultra.
Aus versehen, man wird nicht jünger, meldete ich mich spontan für den Einstein-Marathon in Ulm an. Dabei hatte ich völlig vergessen, dass ich ja bereits für den 6 Std.-Lauf nächste Woche gemeldet bin. Aber egal, solange es das Gerippe mitmacht, ist das okay. Ich bin nicht auf PB-Jagd und ein Marathon geht immer. Ist schon seltsam wie sich die Sichtweisen verändern im Laufe des Laufens.
So hielt ich die Füße in den letzten zwei Wochen ziemlich still um zumindest so ausgeruht als möglich in das Rennen zu gehen. Den, man weiß ja nie, wenn man es nicht versucht, dann kann eine PB auch gar nicht erst erreichen. Des Weitern fühlten sich alles doch recht gut an, ich hatte etwas Sorge wegen Knie und Rücken, aber das war auch nie zu spüren unterwegs. Zumindest am Anfang.
Aber der Reihe nach, zunächst kam ja der Samstag und wie die meisten wissen, Samstag ist Parkrun-Zeit. Auch Ulm hat einen und da ich sowieso einen Lauf machen wollte und der Parkrun direkt bei der Marathonmesse war, hatte ich Lust darauf.
Es geht über eine 2,5 km-Runde durch einen Park. Das Orga-Team hat sich auch sehr viel Mühe gegeben, die vielen Wege so zu entwirren und zu markieren, dass man auch als Auswärtiger den richtigen Weg findet. Aber leider hat ein "Spassvogel" zwei der Schilder etwas "bewegt". Und da ich zusammen mit einem weiteren auswärtigen Läufer an der Spitze lief, wurden wir zu zwei Umwegen gezwungen, wie man auf der Karte sehen kann. War nicht schlimm, denn der dritte Läufer war zum Glück noch in Sichtweite und rief uns auf die Strecke zurück.
Ich kann nicht verstehen, dass es solche "Spassvögel" gibt. Ein Läufer aus Freiburg(?) meinte, bei ihnen passiert das regelmäßig, da scheint es jemand regelrecht auf den Parkrun abgesehen zu haben .... Arme Menschen, bemitleidenswert.
Mit dem Lauf war ich recht zufrieden, am Ende habe ich meinen Mitläufer ziehen lassen, ich wollte nicht letzte Rille gehen, sondern nur angenehm schwitzend ins Ziel kommen. Also 2. Platz. Aber darauf kommt es gar nicht an beim Parkrun. Vor allem das Gequatsche vorher und danach ist interessant.
Und dann ging es auch die Marathonmesse. Witzigerweise wusste ich nicht mehr ob ich ein Shirt bestellt hatte oder nicht und musste Fragen wie ich das erkenne anhand meiner Startunterlagen. Ich sag, ja, war ziemlich spontan das ganze.
Natürlich hatte ich auch am Tag zuvor schon etwas die Strecke und die Stadt erkundet, der Vorteil wenn man Streakrunner ist, man kommt rum. Und Ulm bzw. Neu-Ulm liegt echt super an der Donau mit dem Radweg, sehr schön für Läufer. Ja, Ruck-Zuck hatte ich die Landesgrenze überquert, die Bayern hatten noch kein neues Zollhäusschen errichtet, und konnte das Weiss-Blaue-Territorium auch ganz einfach wieder verlassen, ohne von Beamten des Grenzschutzes kontrolliert zu werden. Schauen wir mal wie lange das noch so bleibt, wenn der Hr. Söder erneut gewählt wird von den Bauern.
Dann kam der Marathon, gestartet wurde zusammen mit den Halbmarathonis. Was ganz gut war, denn 770 Starter hätten sich sonst ziemlich verloren auf der langen Strecke. So hatte man auf der ersten Runde immer jemand um sich. Allerdings war ich dann an der Wegscheide bei km 19 urplötzlich komplett alleine. Zumindest für einige Kilometer.
Aber beim Start wurde ich zunächst kräftig überholt. Ich wollte eine Pace um 3:30 Std. angehen, solange ich konnte. Also etwas unter 5er Pace. Das funktionierte auch sehr gut, wie ich feststellte.
Mittlerweile alt genug um mich nicht mitziehen zu lassen wurde ich natürlich zunächst gefühlt vom halben Feld überholt. Aber die Straße war breit genug und ließ alle ziehen, bis sich die Leute eingependelt hatte. Vor mir war der 1:40er HM-Pacer, den wollte ich irgendwann aus den Augen verlieren aber auf den langen Gerade oder Wendepunktabschnitten trotzdem noch sehen, denn viel später als er wollte ich auch nicht bei der HM-Marke sein. Und das gelang mir sehr zielgenau 1:43:32,8 waren genau auf Kurs.
Aber dann wurde es schwieriger, ab km 26 spürte ich plötzlich eine gewisse Leere in mir, es lief nicht mehr so einfach. Ich war dabei auch relativ alleine auf der Strecke und die hatte dort ihren etwas häßlichen Abschnitt. Eine kleine Landstraße irgendwo im Nirgendwo gelegen zwischen abgeernteten, staubigen Feldern. Ich dachte ich stehe. Aber eigentlich tat ich das gar nicht. Ich brach zwar um 30 Sec. in der Pace ein, aber das war ja gar nicht soviel. Das wurde mir aber erst viele Kilometer später so richtig bewusst. Denn dachte ich zumächst ich kippe so bis 3:45 ab, wurde mir irgendwann klar, dass es noch immer unter 3:40 gehen kann. Ich war also angezählt, aber ich erholte mich etwas im Kopf. Was auch an der Strecke lag, denn man kam zurück in die Stadt und hatte wieder klarere Landmarken, an denen man sich entlang hangeln konnte.
Und das gab mir auftrieb. Was auch nötig war, denn langsam aber sicher kam die Sonne unerbittlich aus dem Schatten und es wurde warm. Aber ich war ja schon fast im Ziel.
Nur noch 2 Kilometer und noch mehr als 12 Minuten Zeit, was sollte da schiefgehen? Nichts, oder? Ja doch, der Streckenplaner konnte noch dazwischen funken. War es zuvor praktisch komplett eben gewesen, kam nun die Topologie der Stadt ins Spiel. Denn man musste von der Donau "hinauf" zum Münster, wo das Ziel war. Und das sind eben Höhenmeter. Dazu wurde man noch kreuz und quer durch die kleinen Gassen geschickt, wo es immer wieder hoch unter runter ging. Ich verfluchte diesen Sadisten. Und schaute eigentlich nur auf die Uhr. Endlich wr das Ziel erreicht, das Münster direkt vor der Nase. 3:37:53,4 Std. 11. AK , damit kann ich absolut leben. Ein richtig gutes Ergebnis, dass ich bei dieser Vorbereitung nicht erwartet habe. Es lief richtig gut.
Aber ich war auch komplett fertig im Ziel. Wie ich erst später erfuhr übersah ich im Ziel eine Bekannte komplett, obwohl sie nach mir rief. Und sie meinte ich wäre zunächst getorkelt und das DRK hätte sich schon einsatzbereit gemacht. Aber es war alles gut. Ich brauche immer einige Minuten bis ich wieder in die Realität zurückkomme. Denn auch wenn ich nicht mit der Absicht PB gestartet war, ich wollte schon so schnell als Möglich von A nach B kommen und dabei alles raushauen was geht. Habe ich gemacht, offensichtlich.
Ein schöner Marathon, eine schöne Strecke, muss man sagen. Interessant auch, dass die Organisatoren die beiden Runden, vor allem in der Stadt aber auch auf dem Land umgestalten. Ich will nicht wissen welche Logistik dahinter steckt, aber es funktioniert sehr gut und macht das ganze deutlich abwechslungsreicher. Des Weiteren ist Ulm eine wunderschöne Stadt, also zumindest der Innenstadtbereich im Zentrum. Auf jeden Fall eine Reise wert, muss ich sagen.
Tag danach, muss natürlich gelaufen werden. Ich versuchte den Sonnenaufgang zu erwischen. Schaffte ich auch, leider liegt die Donau nicht in Ost-West-Richtung, so dass die Sonne über Neu-Ulm aufgeht. War trotzdem ein herrlicher Morgen am Wasser entlang, eine letzte Runde über 5 km. Ging erschreckend gut, muss es aber auch, den nach dem Marathon ist vor dem Ultra. In einer Woche soll es wieder weiter gehen, im wahrsten Sinne des Wortes. 50km müssen es sein, mehr wäre schön. Ich werde berichten.