Die Wettkampfwoche
Das Tapering der letzten Woche lief insgesamt ganz gut. Bei der
Dienstagseinheit war ich anfangs sehr schnell unterwegs und musste mich bewusst etwas ausbremsen, um nicht zu überziehen. Da ich ja insgeheim von einem Ziel sub1:30 geträumt hatte, lag mein gewähltes HMRT Tempo für die Einheiten zwischen 4:11 und 4:15 (genauer kann ich die Zeiten momentan nicht laufen).
Am
Donnerstag lief die Einheit dann seltsamerweise recht zäh. Ich fühlte mich irgendwie müder, als noch am Dienstag. Und als ich dann zum Ende hin merkte, dass ich auf dem letzten Kilometer mit einer 4:17 vor mich "hingeschlurft" bin, habe ich für einen Moment darüber nachgedacht, welches Tempo am Sonntag denn nun realistisch sei. Allerdings wusste ich auch, dass Training und Wettkampf zwei paar Schuhe sind und ich ja noch 2 Tage Regeneration hätte. So fasste ich den Entschluss, am Wettkampftag einfach auf Risiko zu gehen und hineinzufühlen was möglich sei.
Für den
Samstag war noch eine kurze flotte Einheit vorgesehen, der Körper soll ja nur runter kommen, aber nicht einschlafen

Ich bin tagsüber mit meiner Freundin auf dem veganen Strassenfest gewesen, um dann abends schön geschlaucht die Beine hochzulegen. Mein mittlerweile zur Gewohnheit gewordenes Carboloading mit einem leckeren Kichererbsen-Blumenkohl Curry durfte da natürlich nicht fehlen. Dieses Mal hatte ich abends bereits alle Vorbereitungen erledigt und bin bereits um halb elf müde ins Bett, nur um eine Minute später eingeschlafen zu sein :-)
Der Wettkampftag
Um 6:15 Uhr klingelte der Wecker. Der Start war um 9 Uhr angesetzt und bei Wettkämpfen möchte ich gerne mindestens 3 Stunden vorher aufstehen/wach sein, damit der Kreislauf wirklich läuft, wenn es losgeht. Da ich unter der Woche aufgrund der Arbeitsbelastung keine Zeit hatte, meine Startunterlagen abzuholen, musste ich etwas früher zum Lauf losfahren.
Als ich gegen 10 vor acht im Startbereich ankam, war es angenehm leer. Das Abholen der Startunterlagen und meines Laufshirts gingen sehr flott und so hatte ich genügend Zeit, mich entspannt auf den Lauf vorzubereiten. Das Laufshirt hat mir wirklich gut gefallen. Farblich ist das Orange zwar nicht so meins, aber es ist ein gutes Material, atmungsaktiv und leicht. So entschloss ich mich, es statt meines mitgebrachten Laufshirts zu verwenden.
Ich traf mich dann mit meinem momentan Laufpartner, mit dem ich die 35er am Wochenende laufe und wir sprachen ein bisschen unsere grobe Renntaktik ab. Geplant war die ersten Zehn mit knapp über 41min anzugehen, es sollte allerdings etwas anders kommen.
Wir sind dann rüber zu meiner Freundin, die in der Zwischenzeit auch an die Strecke gekommen war. Sie hat sich entschieden, den Weg zum Lauf mit dem Fahrrad zu kommen. So konnten wir bequem unsere Laufbeutel bei ihr platzieren und uns zum Warmlaufen begeben.
Wir hatten uns nach dem lockeren Einlaufprogramm direkt vorne in den Block in Startreihe 6 eingestellt, indem wir über die seitliche Absperrung geklettert sind. Startblöcke gab es nämlich keine.
Um 9 Uhr fiel dann der Startschuß. Dadurch, dass wir recht weit vorne gestartet waren, verlief sich bereits nach 200m-300m das Feld etwas und wir hatten genug Platz unser Tempo zu laufen. Der erste Kilometer ging mit 4:11 in ordentlichem Tempo. Das hat für mich auch sehr gut gepasst. Ich merkte jedoch, dass mein Laufpartner früh bereits das Tempo verschärfte, denn die nächsten beiden Kilometer gingen mit jeweils 4:03 dann sehr flott weiter. Er fragte mich, ob ich dran sei. Ich sagte darauf nur: naja, mehr oder weniger. Nach dem nächsten Kilometer in 4:01 signalisierte ich ihm aber, er solle sein Tempo laufen, ich würde mich zerlegen, wenn ich so weiterliefe. Ich musste ihn dann ziehen lassen, obwohl ich eigentlich die Hoffnung hegte, er würde mich auf eine 1:28er Zeit ziehen können. Er hat für den Berlin-Marathon allerdings ein sub3:00 Ziel und war an dem Tag gut in Form.
Ich entschied mich also erstmal bewusst dafür, auf die Bremse zu treten und reduzierte schrittweise das Tempo auf 4:06 - 4:11. Das Wetter war für den Lauf wirklich gut, denn nach einem sehr warmen Samstag waren die Temperaturen mit 20 Grad und leichter Bewölkung für das Laufen doch ganz angenehm. Als dann nach ca. 6km aber die Sonne vermehrt rauskam, entschied ich mich doch frühzeitig mal einen Wasserstand mitzunehmen. Ich nahm jedoch nur zwei Schlucke (das Trinken beim Laufen muss ich definitiv noch üben) und schüttete mir den Rest über den Kopf. Ich muss sagen, die Kühlwirkung ist enorm, das ist definitiv eine sehr effektive Methode! Ich habe das Tempo in dieser Phase des Rennens wirklich ruhig gehalten und den ersten 10km Split bei 41:13, erreicht. Das ist übrigens bereits neue 10km PB :-D
Die ganze Strecke war ein Rundkurs. Für den Halbmarathon musste man 2 Runden laufen. Ich hatte mir auf der ersten Runde bereits gemerkt, dass ab Kilometer 16 die Strecke oft leicht abschüssig war. Witzigerweise konnte ich mir aber keinen Reim darauf machen, wo ich auf der Streck mal so dermaßen nach oben gelaufen sein soll
Nach dem Passieren von Kilometer 14 (die letzten 4km waren da 4:11, 4:12, 4:15, 4:12) wurde mir aber klar: jetzt hast du genug Kraft aufgespart. Wenn du eine gute Zeit laufen willst, dann musst du genau jetzt anfangen, das Tempo wieder anzuziehen. Ich habe die Handbremse gelöst und mächtig Tempo gemacht, 4:06, 4:02, 4:01, 4:01. Mir kam dabei zu Gute, dass das letzte Drittel oft abschüssig war, hier konnte ich einfach "laufen lassen". Kilometer 20 ging dann in phänomenalen 3:59 weg, da dachte ich noch, das wird mein schnellster Kilometer! Ein Blick auf die Uhr zeigte mir jedoch: hey, die sub1:27 sind drin! Ich habe also dann nochmals angezogen und bin die letzten 1,1km in einer 3:46 Pace durchgelaufen und habe mit einer
1:26:41 gefinisht!
Ich war im Ziel so platt und happy. So eine Zeit hätte ich vorher nie zu träumen gewagt. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich vor 4 Wochen bei einem 35er (ich bin da gerade aus der Regenerationsphase gekommen) mit meinem Laufpartner noch "gewitzelt" habe, die sub1:30 könnten sogar möglich sein, wenn alles gut läuft. Und jetzt das! Das harte Training hat sich richtig ausgezahlt und jetzt bin ich natürlich gespannt, was bis zum Marathon noch alles möglich wird. Meine geheime Zielzeit für Frankfurt ist nach diesem Lauf aber tatsächlich in den realistischen Bereich gerutscht. Ich bin gespannt.
Die 35er die letzten Wochenenden haben mir gerade hinten raus wirklich power gegeben. Diesen rechne ich definitiv zu, dass ich am Ende nochmal so zulegen konnte. Das Rennen war sicher nicht optimal eingeteilt, vielleicht wäre mit einem sauberen Durchschnittstempo etwas mehr drin gewesen. Aber ich rechne mir diese Tempoflexibilität einfach als Stärke an
Jetzt sind erstmal 2 sehr regenerative Tage angesagt. Die brauche ich auch, denn am Mittwoch erwartet mich bereits wieder eine wirklich knüppelharte flache Greif-Treppe
Wünsche allen einen schöne Woche!
Michael