Hügelläufer hat geschrieben:Dein Bericht hat mich mal wieder in meinem - sagen wir mal: Unverständnis - gegenüber den meisten Trail-Veranstaltungen bestätigt.
Meine Laufrunden drehe ich überwiegend im benachbarten Wald, wo es von breiten Schotterwegen bis zu schmalen Pfaden, kürzeren und längeren Anstiegen ein großes Angebot an "Trails" gibt. So gesehen wäre ich also ein "Trailrunner".
Wenn ich mir dann allerdings ansehe, dass die Trail-Veranstaltungen praktisch immer über (meines Erachtens) extreme Distanzen gehen und dazu noch extreme Wegbeschaffenheiten beinhalten, frage ich mich, warum man das dann noch Trailrunning nennt. Wenn man doch die Hälfte der Zeit gehen oder sogar klettern muss. Einfach, weil der Weg so extrem alpin gewählt ist.
So gerne ich also einerseits auf "Trails" laufe, so wenig kann ich mir vorstellen, an so einem Trail-"Lauf" teilzunehmen. Eben weil das mit Laufen so wenig zu tun hat.
Hallo Hügelläufer,
es dürfte schwierig sein eine Definition dafür zu finden, was "Trailrunning" ist. Für mich haben Veranstaltungen wie der Chiemgauer100 gleichfalls nicht mehr viel mit einer LAUFveranstaltung zu tun, weil sie mich auf viel zu vielen Abschnitten zum Laufen zwingen. Aus diesem Grund lehne ich sie für mich - aus meinem Selbstverständnis als Läufer heraus - auch ab. Allerdings will und darf ich nicht übersehen, dass der Prozentsatz des definitiv Geh-Notwendigen von drei wesentlichen, individuellen Größen abhängt: 1. Ausdauerniveau 2. Geschicklichkeit 3. Risikobereitschaft. Bei allen drei Faktoren schneide ich nicht gut ab. Hinsichtlich "1.", weil ich bereits älter bin und nicht ausgeruht war. Was "2." angeht, bestanden schon immer "koordinative Restriktionen" - genetisch bedingt -, die andere nicht haben. Und "3." schrumpft gleichfalls mit dem Alter (und dieses Jahr auch bei mir "situativ"). Es ist also durchaus möglich, dass jüngere und bessere Läufer einen so hohen Anteil dieser Strecke traben/joggen/laufen, dass sie es mit Fug und Recht als Laufveranstaltung empfinden.
Hinzu kommt die traumhaft schöne Umgebung, die einen schon verlocken kann über die eine oder andere Gehpassage einfach den Mantel des Schweigens (und für sich selbst Billigens) zu breiten.
Es ist wohl auch so, dass Trailrunning ein absoluter Trendsport ist. Eine Entwicklung, die gesellschaftlich überall Platz greift: Das "Normale", das "Gewohnte", das "Klassische" ist längst nicht mehr genug. Schneller, höher, weiter - in diesem Fall: - risikoreicher, verrückter, heftiger, herausfordernder ist bei vielen heute gefragt, insbesondere beim jüngeren Teil der Läufer. Hier gibt es auch das Limit "fehlende Risikobereitschaft" viel weniger. Ich habe einen jungen Trailläufer in Ruhpolding sagen hören: "Ich bin zweimal gestürzt, aber das gehört ja irgendwie dazu ..." Ich muss sicher nicht betonen, dass ich das völlig anders sehe.
Ich laufe zur Abwechslung auch gerne Trails. Möchte sogar für mich feststellen, dass sich da in den letzten Jahren eine gewisse Neigung ergeben hat. Aber eben nur solche, die im Prinzip komplett laufbar sind. Auch wenn sie sehr lang sind. Beispiel aus dem letzten Jahr bei mir: Die zwei Tage des Saar-Hunsrück-Steiges, wo beide Tagesetappen über je ca. 66 km gehen. Als knallharter Wettbewerb (= für mich "Jahreshöhepunkt") wäre mir das eher zu heftig, aber als Trainings-/Vorbereitungsprogramm war's wirklich toll. Und eben alles, bis mal 3 Meter Felspassage an einer Stelle abwärts, laufbar. Mittlerweile würde ich auch Läufe akzeptieren, die mal einen Kilometer Gehen nötig machen ... Da setzt ein gewisser Abnützungseffekt ein ... Aber wirklich nicht mehr.
Trotzdem verstehe ich, dass diese Art zu laufen viele in ihren Bann schlägt, sie begeistert und als das verstanden wird, was sie läuferisch wollen. Es muss eben jeder wissen, was ihm liegt, was ihm läuferisch am meisten Freude beschert. Und genau das soll er auch laufen.
Danke für deinen Beitrag und alles Gute
Gruß Udo