Hallo Nemi,
herzlich willkommen im Forum
Was du dir dabei gedacht hast, dich für einen HM anzumelden? Wahrscheinlich recht wenig, sonst hättest du alle offenen Fragen vorher geklärt und jeweils mit einem "Ja, geht!" positiv abgehakt. Aber vielleicht wollte dein weniger bewusstes Ich sich einfach ein Ziel setzen, um mehr und intensiver als bisher Sport zu treiben.
Ein wenig Grundsätzliches: Kein Tag Ausdauertraining pro Woche ist schlecht. Einmal pro Woche Ausdauertraining ist weniger schlecht. Zweimal pro Woche ist befriedigend für Leute, die kein besonderes Ziel haben. Dreimal pro Woche ist das Minimum für Menschen, die ihre Ausdauer steigern wollen. Und viermal pro Woche solltest du regelmäßig laufen, wenn du dir einen Halbmarathon antun willst. Du weißt schon, dass das über 21 Kilometer weit ist?
Zur Schuhfrage: Es gibt die Regel, so viele Paar Laufschuhe haben zu sollen, wie man regelmäßig in der Woche trainiert. Und das ist auch kein Unsinn, aber eben relativ. Grund ist, dass Läufer, die viele Kilometer pro Woche abspulen, diese auf möglichst viele Schuhe verteilen, damit die Füße sich nicht an einen Schuh anpassen. Oder salopp gesprochen: Damit man sich nicht mit einem Schuh, der möglicherweise nicht ideal zu den Füßen passt, dieselben verdirbt. Diese Gefahr besteht aber nicht bei Menschen, die zwei-, dreimal die Woche ein paar Kilometer laufen. Wenn ich von vielen Wochenkilometern rede, dann denke ich an 60, 70, 80 oder noch mehr. Zwei Paar sollten es aber aus praktischen Erwägungen heraus schon sein. Z.B. weil ein völlig durchnässter Schuh unter Umständen nach 2 Tagen immer noch nicht völlig trocken ist (Schuhe nie auf die Heizung stellen!). Und es ist einfach angenehmer in trockene Schuhe zu steigen.
Bis zum Mai bleiben dir fast noch 5 Monate, um dich Halbmarathon-reif zu trainieren. Wenn du derzeit 10 km durchhältst, sollte es möglich sein. Da du überhaupt keine Erfahrung hast, wie man ein Lauftraining erfolgreich gestaltet, kann ich dir nur dringend raten nach einem fertigen Trainingsplan vorzugehen. Wenn ich nicht weiß, wie etwas "funktioniert", bin ich immer dankbar eine "Bedienungsanleitung" zu haben. Mir will nicht in den Kopf, dass so viele Einsteiger oder Trainingsunkundige in einer Art "Selbstversuch" zum Ziel kommen wollen. Ein Trainingsplan richtig verstanden, führt dich dagegen ohne große Umwege zum Ziel. "Richtig verstanden" heißt, dass die letzte Kontrolle, das Lauf-ich-heut-oder-lauf-ich-nicht, bei dir liegt. Geht's dir gut, läufst du. Wenn nicht, dann nicht. Der Plan zeigt dir den Weg. Er gibt Methoden vor, Laufdauern, Intensitäten und Häufigkeiten. Er mischt und verquickt das alles in einer Art, wie sie für effektives Training nötig ist.
Bei der Wahl des Trainingsplans kommt es zunächst auf die mögliche Zielzeit an. Du solltest in dieser Hinsicht von "Laufend Ankommen" ausgehen. Suche dir also einen Plan der als Zielzeit 2h"plus" vorgibt. Von wem der Plan ist, spielt eine untergeordnete Rolle. Ob er für dich taugt, wirst du ohnehin erst wissen, wenn du ihn ausprobiert hast. Wenn 100 andere ihn loben, heißt das nicht automatisch, dass du damit zurecht kommen wirst.
Neben der Auswahl hinsichtlich der Zielzeit ist dann noch die Auswahl bezüglich der gewünschten Trainingssteuerung zu treffen. Manche Pläne legen in jedem Fall Lauftempi zu Grunde, auch bei Dauerläufen. In anderen Plänen wird zur Trainingssteuerung die Herzfrequenz benutzt. Du hast dir einen Pulsmesser gekauft - leider wie so viele, ohne zu wissen, wie man das Ding sinnvoll benutzt. Wenn du also Trainingspläne mit Steuerung über die Herzfrequenz nutzen willst, dann solltest du dir rasch das nötige Grundwissen anlesen. Bis du in den speziellen HM-Trainingsplan einsteigst, der beginnt 10 bis 12 Wochen vor dem Tag X, in deinem Fall also etwa Mitte März, solltest du gelernt haben mit dem Pulsmesser umzugehen.
Bleibt die Frage zu klären, was du bis Mitte März tun kannst und tun solltest. Das sind auch noch etwa 10 Wochen. Du könntest diese Zeit nutzen, um den Umgang mit Trainingsplänen zu üben. Die verschiedenen Methoden (Dauerlauf, Fahrtspiel, Intervalltraining, u.a.) ausprobieren und schauen, was sie für Schwierigkeiten bei der Umsetzung aufwerfen. Dazu solltest du dir einen 10 km-Trainingsplan nehmen. Der verbessert dabei deine Grundschnelligkeit. Denn 7:30 min/km ist ein Wert, der zum Einstieg in einen HM-Trainingsplan eher nicht ausreicht.
Das Vorgehen sollte also systematisch und stufenweise erfolgen. Ausdauer zu verbessern ist keine mysteriöse Sache, aber eine Frage von methodischem und sinnvollem Vorgehen. Eben deshalb rate ich dir vom oben erwähnten "Selbstversuch" ab.
Zum Training im Fitnessstudio: Neben dem Lauftraining (drei- bis viermal pro Woche) solltest du keinerlei Ausdauerübung im Studio mehr machen. Trainingsgeräte wie Stepper, Laufband, Fahrradergometer oder andere scheiden also aus. Damit sind natürlich nicht die paar Minuten zum Aufwärmen vor den Kraftübungen gemeint. Das Krafttraining an sich ist eine gute Sache. Vor allem wenn du deine Übungen auf die Erfordernisse des Läufers umstellst. Das meint nun nicht vordergründig Übungen für die Beine. Die meisten Läufer übersehen, dass wir mit dem GANZEN Körper laufen und nicht nur mit den Beinen. Wichtig ist der Halteapparat, der eben vom Ausdauertraining zu wenig Reize bekommt. Also vor allem Rücken- und Bauchmuskulatur, Abduktoren, Adduktoren, auch die Po-Muskulatur. Welche Übungen sinnvoll sind können dir die Trainer im Studio sagen.
Du solltest anfänglich davon Abstand nehmen Lauf- und Krafttraining am selben Tag zu machen. Ich bin selbst regelmäßig beim Krafttraining und weiß daher, wie müde ich mich fühle, wenn ich anschließend noch eine Laufeinheit dran hänge. Damit ist auch die sinnvolle Reihenfolge genannt: Erst Kraft- dann Ausdauertraining - falls man es am selben Tag betreibt.
Fazit: Wenn du wirklich am 21. Mai Spaß beim Lauf in die dunkle Mannheimer Nacht haben willst, dann muss Schluss sein mit "ich jogge hin und wieder". Ausdauer erwirbt man nur durch Ausdauertraining. Und wer die Trainingsinhalte dem Zufall überlässt oder dem Prinzip "Lust und Laune" wird wenig Erfolg im Sinne eines Ausdauerzuwachses haben. Aber genau den brauchst du, um 21.097,5 Meter nicht nur zu überleben, sondern auch als positives Erlebnis zu verbuchen.
Hinweise zum Umgang mit dem Pulsmesser findest du bei Bedarf auf unserer
Laufseite (Rubrik "Für alle Läufer", "Laufen mit Pulsmesser").
Vielleicht sehen wir uns in Mannheim. Ich habe den Marathon auf meiner Laufplanung in diesem Jahr stehen (Samstagabend Mannheim, Sonntagfrüh Limes Marathon in Welzheim).
Alles Gute für dein "unüberlegtes" HM-Projekt
Gruß Udo