moggio hat geschrieben:1. Die Kopplung des Atem- an die Schrittfrequenz ist unser evolutionistisches Erbe. Das bedeutet aber nicht, dass eine willentliche Entkopplung von Atem- und Schrittfrequenz unmöglich wäre und automatischen zu Leistungsminderungen führen müsste?
2. Eine Geschwindigkeitseröhung beim Laufen wird in erster Linie durch die Erhöhung der Schrittlänge erzielt und nicht so sehr durch eine Steigerung der Schrittfrequenz?
3. Durch eine Erhöhung der Schrittfrequenz erhöht sich auch die Atemfrequenz, wird deshalb "flacher" und führt so sukkzessive zu einem Abfall der Sauerstoffversorgung und damit auch zur Reduzierung der aktuellen körperlichen Leistungsfähigkeit?
4. Wird die Atemfrequenz willentlich von der Schrittfrequenz abgekoppelt und erhöht, bevor die aktuelle körperliche Belastung "automatisch" dazu zwingt, tritt auch eine vorzeitige Leistungsminderung ein?
Hallo moggio,
vorab dies: In der von dir verlinkten Veröffentlichung wird etwas "postuliert" - zu deutsch: Behauptet (Originaltext: "Es kann postuliert werden,..."). Argumentiert wird mit den Untersuchungsergebnissen an nur
einem Sportler, noch dazu eines
Jugendlichen von 13 Jahren, dessen körperliche Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Hieraus allgemeingültige Erkenntnisse für alle Läufer (bzw. Ausdauersportler) abzuleiten ist - vorsichtig und höflich ausgedrückt - überaus gewagt. Ein weitere wichtige Einschränkung erschließt sich aus der Untersuchung an einem Laufbandergometer. Es ist ein allgemein bekanntes Phänomen, dass Indoor, also am Laufband, deutlich höhere Herzfrequenzen gemessen werden, als im Freien bei derselben gelaufenen Geschwindigkeit bzw. Intensität. Ein Phänomen ist das allerdings nur so lange, bis man in Betracht zieht, dass die Sauerstoffkonzentration der Atemluft in geschlossenen Räumen niedriger ist als draußen. Unter anderem darum erhöht das Nervensystem den Blutumlauf durch Steigerung der Hf auf dem Laufband. Aber nun zu deinen Punkten:
zu 1: Möglich ist sicher alles. Das ist aber nicht die Frage. Ich darf dir versichern, dass ein gesunder Organismus die Atmung so regelt, dass die Sättigung des Blutes mit Sauerstoff (das ist schließlich der entscheidende Punkt) immer maximal ausfällt. Dies fällt dem Organismus umso leichter, als die Atmung bei den meisten (gesunden) Menschen nicht der limitierende Faktor beim Ausdauersport darstellt. Weder aerob noch anaerob. Das heißt im Klartext, dass die Fähigkeit der Lunge den Gastaustausch durchzuführen, also CO2 abzuatmen und O2 einzuatmen, höher entwickelt ist als erforderlich. Die bei sehr schnellem Lauftempo vom Nervensystem herbeigeführte Kurzatmigkeit spricht nicht dagegen. Die Lungenfunktion wird wie alles andere auf Maximum gefahren, wenn das Lauftempo gegen Maximum strebt. Letztlich leistungsbegrenzend wirken die Transportkapazität des Blutes und andere in Muskelzelle beheimatete Fähigkeiten.
zu2: Das ist so nicht richtig. Schnelleres Laufen bewirkt sowohl eine Erhöhung der Schrittfrequenz, als auch der Schrittlänge. Wobei der Schrittlänge eher Grenzen gesetzt sind als der Schrittfrequenz. Salopp formuliert: "Ich kann (kurzzeitig) irrsinnig schnelle Schritte machen, aber sicher nicht fünf Meter weit." Außerdem sind Schrittfrequenz und Schrittlänge widerstrebende Faktoren. Beobachte den Sprinter: Wenn er aus dem Startblock kommt, macht er sehr kleine, sehr schnelle Schritte, um effizient beschleunigen zu können. Dann wird der Schritt länger und muss entsprechend langsamer werden.
Im Bereich des Ausdauerlaufens stellt eine zu große individuelle Schrittlänge nach Auffassung vieler Trainer einen Grund für Verletzungen dar. Sie propagieren daher eine Verkürzung des Schritts und dafür eine Erhöhung der Schrittfrequenz.
zu3: Einfach nur nein. Beobachte dich beim Laufen, dann wirst du merken, dass das nicht stimmt.
zu 4: Das ist einfach nur theoretisch. Hat doch keinen Sinn. Wie bereits oben ausgeführt: Die (automatisch vom Nervensystem) an die Schrittfrequenz angepasste Atemfrequenz ändert sich ausdauertrainierten Menschen in einem weiten Bereich nicht. Bei mir selbst kann ich alle "Gangarten", auch bei Fahrtspielen oder extensivem Intervalltraining ohne Änderung der Beziehung Atem-/Schrittfrequenz abdecken. Nur bei Intensitäten über 90% (z.B. bei einem Fahrtspiel, kurz bevor ich die Hügel-/Bergkuppe erreiche) ändert die Automatik diese Relation.
Alles Gute
Gruß Udo