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von Luggage
Häufig ist die zu schwache und ständig einseitig belastete Muskulatur über Jahre fehl- und überbelastet und macht irgendwann einfach zu, was zu den typischen unspezifischen Rückenschmerzen führt, die in Industrienationen so häufig sind. Studien haben gezeigt, dass das wirksamste Mittel regelmäßiges Stretching ist: Dabei wurden mehrere Vergleichsgruppen gebildet, die mit unterschiedlichen Sportprogrammen versehen wurden. Die größten Effekt auf die subjektive Rückenschmerzwahrnehmung hatten dabei die Gruppen, die Yoga, und die reines Stretching machten. Interessanter Weise gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen Yoga und reiner Gymnastik, woraus gefolgert wurde, dass der Stretchanteil des Yoga maßgeblich für die Verbesserung sorgte.
Stretching senkt den Muskeltonus, fördert die Durchblutung und kann intensiv betrieben theoretisch durch Zug an den Z-Scheiben sogar zu einer gewissen Hypertrophie führen. Konsequent regelmäßig betrieben, werden Verspannungen und Triggerpoints so aufgelöst. Auch funktioniell tut Stretching einiges für den Muskel, die Verlängerung der Muskelspindeln bewirkt eine verbesserte Eigenwahrnehmung (Propriozeption) und Innervation der Muskeln - sie können präziser angesprochen werden. Zuletzt wirkt es auf die Faszien, die mehr und mehr in den Fokus der Wissenschaft rücken. Vormals als schlichte Bindegewebssäcke betrachtet, weiß man heute, dass sie über zahlreiche Rezeptoren und sogar kontraktile Strukturen verfügen. Sie durchziehen den gesamten Körper und haben vermutlich wesentlichen Anteil an unspezifischen Schmerzen durch einseitige Belastung oder Inaktivität und Fehlbelastung. Spannkraft, Gleitfähigkeit und Geschmeidigkeit des faszialen Systems sind wesentlich für schmerzfreie Leistungsfähigkeit und auch das bewirkt man mit regelmäßigem Stretching. Noch mehr tut man dafür durch (echte Tiefen-)Massagen, self-myofascial-release-methods/-techniques (Foamrolling!) und propriozeptiv angereicherten Motorik- und Koordinationsübungen (verschiedene, dynamische Einbeinstände auf wackeligem Grund, Arbeit mit dem Physioball, Jonglieren etc).
Corepower- und Krafttraining ist sicher auch nicht verkehrt, sollte aber nicht übertrieben werden. Besonders in akuten Verspannungs- und Schmerzphasen bewirkt ein ungewohntes Belasten durch Krafttraining und Gewichte meist nur zusätzliche Verklebung der Faszien und Verspannung der ohnehin schon verkürzten und überforderten Muskulatur. Mobilisation und gezielte Entspannung sollten erstmal Vorrang haben und erst bei Schmerzfreiheit ein gezieltes, schonendes Kraftaufbauprogramm (aber bitte funktionell und nicht in geführte Maschinen eingespannt).