Nochmals ganz lieben Dank für eure Glückwünsche
Tja, wo fange ich an. 3 Busse mit uns Läufern fuhren pünktlich 6 Uhr vom Hotel ab Richtung NYC Marathon. Dort angekommen, zog es mächtig, es war hundskalt. Die Temperaturen fielen zum Vortag um 10 C. Angesagt hatten sie eigentlich sonnig und 10 C am Tage. Durch die Sicherheitszonen hindurch suchten wir unseren Bereich, wo wir uns die nächsten gut 4 h aufhielten bis zum Start. Bei den Amis ist das ein ganz einfaches System. Welle 1-4, blau-orange-grün. Nicht zu verfehlen. Vor dem Startbereich wurden erst einmal Mützen verteilt. Es war so irre kalt und zog. Frühstück bekamen auch alle. Donuts, quitschsüße Riegel, vom Kakao bis zum Tee, Kaffee, alles vorhanden und sehr gut organisiert. Ein riesen Zelt war aufgebaut. Wenn du kein Glück hattest, in Zelt unterzukommen, was hoffnungslos überfüllt war, blieb dir nur der Boden draußen, wo es jämmerlich zog. Eingehüllt in alte Klamotten hielt ich so eine Stunde aus. Dann trieb es mich auch in dieses Zelt. Bunt gemischt und quick lebendig ging es dort zu. Aus allen Länden, alles schwatze munter, dicht an dicht mit aller höchstem Kuschelfaktor. Gg. 11 Uhr wurde meine meine Welle und Farbe aufgerufen. Wir stellten uns nach Startnummern geordnet an die Ziellinie. Die Nationalhymne wurde gesungen und dann fiel der Startschuss. Begleitet vom Frankie und seinem Song "New York, New York".
Ich hatte den oberen Teil der Verrazano Bridge erwischt und hatte Glück. Oft wird berichtet, dass die Läufer von oben nach unten pieseln, wo viele andere Läufer stehen und sich einordnen müssen. Es war so sehr windig, dass ich versuchte, in der Mitte der Brücke zu laufen. Hier gab es bereits einen Anstieg.
Man muss sich das so vorstellen, dass es die gesamte Strecke nie hohe Anstiege gibt, aber auf langer Strecke immer gleichmäßig nach oben zu laufen ist. Mich rettete immer nur der Gedanke, dass irgendwann es wieder runter gehen musste. Die Anstiege verlaufen zumeist gleichmäßig aber konstant. Du bist also immer nur hoch oder runter unterwegs, auf elend langen An- und Abstiegen. Das schlaucht mächtig. Steffny beschreibt ein Höhenprofil von insgesamt 390 Höhenmetern auf den 26,2 M.
Weiter gings dann von Staten Island nach Brooklyn. Dort war auch unser Hotel. Die Amis sind die Größten im Anfeuern, Jubeln und Party machen. Das habe ich nicht so erlebt beim Berlin M. Zum Teil sind die selbst verkleidet an der Strecke stehend und schreien sich die Lunge aus dem Hals. Tolle Bands, tolle Stimmung. Es war Wahnsinn. Auf einem mehrstöckigem Haus waren mehrere Menschen mit Klappstuhl postiert. Zwischendurch sprangen die immer hoch und rockten das Dach. Ich konnte mir das nicht mehr mit ansehen.
Sehr noch unter dem Einfluss von Boston stehend, hatten wir alle eine blaue Schleife, die wir uns anhefteten. Ein Läufer neben mir trug ein trug ein Kreuz, so groß wie er selbst. War nackt, bei der Kälte, nur mit einem Teil vom Bettlaken oder so bekleidet, um den Hintern. Auf dem Kreuz stand: Betet für Boston. Die Startnummer hatte er hinten am Kreuz. Er trug auch keine Schuhe und lief den Marathon barfuss. Dem Gueng müssten dabei die Äuglein leuchten.
Einige behinderte Läufer liefen jeweils mit Begleitung mit. Dem einem fehlte ein Bein, er hatte so eine Stelzenprothese um, ein anderer war blind, eine sah ich mit 2 Krücken laufend, der Rollstuhl fuhr mit Begleitung hinterher. Sie alle liefen. Und das fand ich ganz bewundernswert und deckt sich mit den Eindrücken vom EmHa, was er aus seiner Kirche mitbrachte.
Von Brooklyn ging es weiter nach Queens. Immer konstant langsam hoch oder runter auf der Strecke. Da ging es mir immer noch prächtig. Ich genoss die Aussicht überall gab es was zu sehen, alles war so atemberaubend. Die Zuschauer sind so klasse. Sie schrieen, jubelten, quitschten, sangen, tanzten, die gingen voll mit. Ich hatte die 4:30 Pacer gefunden und lief eine Weile mit. Aber irgendwann konnte ich die Geschwindigkeit nicht mehr halten, die Anstiege schafften mich. Um die Pacer rum war es sehr dicht gedrängt. Eigentlich nur um die Pacer rum. Ich hatte zu allen Zeiten ansonsten freie Bahn, obwohl irre viele Leute unterwegs waren. Ich selbst hatte die Startnummer 61xxx. (61tausend)
Bei der 3. Brücke, es war die Queensborough Bridge, bekam ich einen jämmerlichen Hänger. Zwischen Queens und Manhatten, viele standen und fotografierten. Ich hatte kein Handy nix mit, die Bilder hatten wir längst im Kasten. Durch die Pacer und diesen leichten aber stetigen Aufstieg, war ich eigentlich ziemlich fertig und dann kam diese Brücke. Nee, die gab mir den Rest. Der Anstieg wurde heftiger und ich dachte, die hört nie mehr auf. Das war direkt bei 15M und kurze Zeit später 25km. War alles noch auf dieser Brücke. Es lagen dort Leute rum mit Krämpfen. Ein Krankenwagen fuhr auch noch rauf. Endlich runter von dieser Brücke dachte ich nur, noch 2 Brücken, dann hast du es geschafft ...
Die restlichen Brücken gingen und waren eigentlich leicht zu nehmen. Zwischendurch kam mal eine gerade Strecke, herrlich. Zwischen den Häuserschluchten dann war wieder ein Wasserstand. Es kam eine Böe und die Becher von der Erde flogen in Kopfhöhe alle um uns rum.
Der NYPD war ca. alle 50 m anzutreffen auf der kompletten Strecke. Viele Hubschrauber waren im Einsatz. Alle paar Blocks standen die Feuerwehrleute. Sie klatschten die Hände ab und wo sie standen, war es deutlich lauter. Sie genießen in NYC ein hohes Ansehen, zu Recht. Eine Polizisten nahm ihren Hut ab und stülpte diesen einem vorbeikommenden Läufer auf, ein schmuckes Kerlchen, dann lief sie ein paar Meter neben ihn her. Alles unter Jubel und Geschrei der Menschen dort. Von Manhatten gings weiter in die Bronx. Da war ich noch nie und war sehr gespannt. Enttäuscht wurde ich nicht. Die hatten neben Livebands die dröhnten und donnerten auch an jeder Ecke Lautsprecher mit Musik aus der Konserve. So laut es ging, die Bässe so raufgedreht, dass ich dachte, unter mir wippte es. Direkt neben einer Box, so voll aufgedreht, stand eine junge Mutter mit Säuger auf dem Arm. Also mich wunderte danach nix mehr.
Durch die Bronx durch liefen wir eine ganze Zeit lang und kamen dann in den Central Park, wo wir auch noch eine ganze Weile unterwegs waren. Hier war wieder ein ziemlich langer, aber konstant nach oben andauernder Weg. Nach meinem Garminchen hatte ich die Chance noch unter 5 h zu kommen und ich strengte mich an. Die 4:30 begrub ich bereits eine Weile, aber unter 5 h, das sollte zu machen sein, mit eisernem Willen. Vl. klingt das alles ein wenig eigenartig für Läufer, die bessere Zeiten laufen. Ich habe mich ganz sicher nicht ausgeruht auf dieser Strecke. Und die letzten km wollte ich einfach nochmals alles geben.
Da wir am Vortrag des Laufes bereits die Zielstrecke abliefen, wußte ich, dass nach dem langsamen langen Anstieg im Central Park direkt auf den letzten 400 m nochmals ein Anstieg kam. Muss wohl eine kleine Überraschung für alle gewesen sein, die die Strecke nicht kannten. Aber auch die nahm ich noch und kam, leider nicht mehr so leichtfüßig und beschwingt wie beim Berlin-Marathon, im Ziel an. Links und rechts konnte ich leider nicht mehr so genießen und auch die Cameras waren mir ehrlich gesagt komplett egal dem Mom. Ich versuchte noch zu lächeln, keine Ahnung, ob es glückte. Im Ziel kamen direkt die Helfer mit der Medaille, die sie dir umhängen. Größer und schwerer als die vom Berlin-M. Ich war glücklich. Eine Plane gegen das Auskühlen gab es direkt und war auch bitter nötig.
In diesem Jahr musste man sich vorher entscheiden ob Option Abgabe Klamotten oder ohne. Die ohne bekamen ein Armbändchen und direkt danach einen Poncho und hatten wie ich den Weg. Großartig abgekürzt haben sie also auch nicht. Ich hatte mit Klamottenabgabe und suchte mir UPS mit meiner 61 von der Startnummer zugeteilt. Völlig ohne Probleme und ganz schnell hatte ich die Sachen. Es gibt keine Duschen und so musste ich mich mitten auf dem Wege im Central Park umziehen. Klamotten auf der Erde, da ich kaum runter kam, stülpte ich nur die Jeans über die Läuferhose und Pullover und Jacke über die verschwitzten Klamotten. Egal.
Ich war verabredet mit meinem Mann. Wir hatten 2 Treffpunkte ausgemacht, die wir am Vortrag festlegten. Lief auch alles ganz easy. Einzig für mich. Mein Mann fuhr zu bestimmten Punkten und jubelt mir zu. Unter dieser Masse an Leuten klappte das und ich sah ihn sogar jeweils. Nur zurück ging es dann für ihn nicht mehr. Alles abgesperrt. Ich wäre an beide Treffpunkte mit Umwegen heran gekommen. Keine Chance bei meinem Mann. Da ich die Adr. nicht hatte, verabredeten wir vorher, dass ich dann ein Taxi nehme. War natürlich auch alles dicht und abgesperrt. Ich also in die U-Bahn, natürlich falsche Richtung und stieg nächste aus und da griff ich mir direkt den Taxifahrer. Nannte mein Hotel und der meinte, davon gäbe es alleine in Manhatten 6 Stück. Versuchte den noch einzureden, Hotelkette schon aber sicher nur eines was M. Brooklyn Brige hieß. Toll. Ich keine Adr. und keine Telefonnummer, der keine Ahnung und ebenso Ausländer. Ich richtete mich auf eine teure Fahrt ein. Irgendwann fiel mir ein, dass nebenan vom Hotel das Family Court war. Kannte der nicht. Dann meinte ich, das Supreme Court wäre auch dort. Bingo. Von nun an gings ganz schnell. Ich nach Hause, SMS an meinen Mann. Ausgiebig in die Wanne. Laktat müsste ganz gut abgebaut sein, ich benötige 1,5 h, meinen Mann zu suchen, alles fein Entenwatschelmäßig.
2 h später kam mein Mann, gratulierte mir und meinte allen Ernstes: "puh, bin ich heute geschafft" ... Naja, den Lauf hatte ich ja eigentlich, egal.

Heute früh lief ich noch knapp 3 km, es glückte. Kam oben an und die Worte meines Mannes waren: "Mensch, hab ich heute Muskelkater" ... Ich hätte wieder quitschen können.
Also mein Muskelkater geht, konnte die Treppe hier hoch und runter. Aber auszuhalten.
In TV brachten sie heute früh, die letzte Läuferin auf 2 Krücken erreichte das Ziel des NYC Marathon heute früh 6.50 am. Dies wurde sicherlich nicht mehr gewertet, aber sie lief mit Behinderung um kam an ...