Meine dritte Marathon-Teilnahme: 4 Wochen nach dem Münster-Marathon startete ich am vergangenen Sonntag in Essen beim ältesten kontinuierlich durchgeführten Marathon Deutschlands. Neuerdings heisst er wegen des neuen Hauptsponsors "Innogy-Marathon Essen" (früher RWE-Marathon). Angereist bin ich diesmal mit der Bahn. Vom Essener Hauptbahnhof ging es mit der S-Bahn zur Station Essen-Hügel im Stadtteil Bredeney (Fahrzeit nur knapp 10 Min.) Oberhalb dieser Station liegt die berühmte "Villa Hügel", das ehemalige Wohn-und Representationshaus samt riesigen Anwesen der Industriellenfamilie Krupp. Zur Besichtigung war aber keine Zeit; stattdessen ging es hinab Richtung Regattahaus am Baldeneysee. Daneben ist gleich die Sporthalle, wo es auch die Startunterlagen, die MRT-Messe etc. gibt. Schöner Blick auf den See, über den gerade die Sonne aufgegangen war. Sehr kühl war es, zunächst 6-7 Grad, später gegen Mittag höchstens 11 Grad. Beinahe windstill, also gute Laufbedingungen. Erstmal etwas in der Halle aufgehalten, solange wie möglich mit dem Umziehen gewartet. Eine geradezu familiäre Athmosphäre herrschte hier, alles noch recht überschaubar, und die Teilnehmerzahl im Hauptlauf sollte sogar noch deutlich unter 800 Teilnehmer liegen (hinzu kamen noch die Starterinnen und Starter der "Seerunde" (17,1km) und der Staffel). Aufgrund der Kälte zog ich ein langärmliges Shirt an. Als Schuhe wählte ich meine bewährten Mizuno-Wave Rider19.
Nach dem ausgiebigen Warmmachen ging es dann also an den Start, wo ich mich in der Nähe des 3:15-Pacemakers aufhielt. Ich fühlte mich recht gut, war locker, hatte ordentlich trainiert und getapert (letzteres aber wohl doch nicht ganz vorschriftsmässig,- aber dazu komme ich noch). Bei der Anmeldung hatte ich als Zielzeit sehr mutig und optimistisch eine 3:05 angegeben! Idealzeit freilich. Realistisch wäre wohl eher der Bereich zwischen 3:10h und 3:15h, dass entspräche auch noch eher meinen bisher erzielten Unterdistanz-Zeiten. In Münster bin ich 3:13,08 gelaufen,- allerdings war es dort noch sehr warm, und ich bin taktisch falsch gelaufen: Die erste Hälfte in genau 1:30,00,- viel zu schnell !
Es ging also los, und ich pendelte mich bei einem km-Schnitt von 4:20 bis 4:25 ein, damit fühlte ich mich ganz gut, Puls bei 85 %, und ich konnte gut im 4er Schritt/-Atemrhythmus laufen, ohne das Gefühl zu haben, zu überpacen. Bei KM 10 lag ich bei 43:35, das schien mir in Ordnung zu sein, nicht zu schnell, nicht zu langsam (verbummeln wollte ich das Rennen ja nun auch nicht).
Hauptsächlich führte die Strecke natürlich nahe des Sees auf den Uferwegen entlang, doch manchmal ging es auch etwas abseits über breitere Strassen und durch kleinere Stadtteile oder Siedlungen. Einmal auch über eine grosse alte Brücke, die noch mit Holzbohlen befestigt war. Interessante Abwechslung während das Laufs! Nach wie vor konnte ich mein Tempo gut halten, und an der der HM-Marke lag ich bei 1:32,25, also gut 2,5 Min. hinter der Münster-Zeit. Das war aber o.k. so, womöglich ja sogar immer noch etwas zu flott?? Von KM 22 - 28 lief ich in einer kleinen Gruppe mit, in der auch gequatscht wurde. Ich blieb still: Quatschen während eines Rennens ist für mich ein no go, ebenso wie earphones tragen.
KM 30 erreichte ich in 2:12,30, womit ich nur noch 1,5 Min. hinter der Münster Zeit lag. Hier hatte ich noch die Hoffnung, ich könnte ein Tempo von wenigstens 4:30 - 4:35/km halten, doch spätestens ab KM 34 spürte ich, dass dies nicht mehr möglich war. Das Tempo sackte immer mehr ab, und die letzten 6KM ging es sogar runter bis auf 5 Min/KM. Nichts zu machen. Bleischwere Beine; starke Muskelschmerzen, schwererer Atem ... Körper im Ausnahmezustand. Zwar brach ich nicht ganz so stark ein wie in Münster, aber es war schon bitter und sehr hart. Nur noch sich sehnen nach dem jeweils nächsten Km-Schild und sich irgendwie durchbeissen. Einmal bog ich beinahe falsch ab,- die Koordination liess also auch schon merklich nach. Immerhin wurde ich nicht nur von hinten einkassiert, sondern überholte sogar noch (ein paar wenige) Läufer, die es noch schlimmer erwischt hatte! Wenigstens brauchte ich keine Gehpause einlegen, hatte keine Krämpfe und dieser fiese Schmerz im Bereich der Leber, der mich manchmal heimsucht, blieb zum Glück diesmal aus. Kurz vorm Ziel versuchte ich nochmal das Tempo etwas anzuziehen, was mir freilich kaum gelang. So kam ich dann mit einer Endzeit von 3:13,24 netto ins Ziel: Ganze 16 Sek. hinter meiner PB-Zeit vom Münster-MRT zurück!
Das war natürlich ärgerlich, ich war erstmal enttäuscht, um dann aber später mehr zu analysieren, woran es gelegen haben könnte. Genug lange Läufe hatte ich im Vorfeld gemacht (immerhin 13 über mehr als 33 Km in den letzten 4 Monaten, darunter die letzten mit Endbeschleunigung oder als Crescendo). Es ist in der Endphase wohl einfach eine Sache der fehlenden Kraftreserven. Die Energie geht einfach flöten. Ich habe aber sicher noch Trainingsfehler gemacht im Vorfeld,- z.B. wohl doch nicht ordentlich genug getapert,- besonders in der ersten Taperwoche zuviel gemacht. Und ganze 8 Tage vorm MRT noch einen 32er LDL zu laufen, werde ich sicher nicht nochmal machen. Ebenso wie 2 Wochen vorher noch einen Halbmarathon zu laufen. Trotz aller guten Ratschläge, Trainingspläne und Lehrbücher muss man die Fehler wohl immer erst selbst machen, um wirklich draus zu lernen. Immerhin, ne Zeit unter 3:15 habe ich nochmal bestätigen können, als M50er mit gerade mal zweieinhalb Jahren Lauferfahrung als ambitionierter Hobbyläufer, so schlecht ist es nicht. Platz 63 von 670 Finishern; Platz 13 in der AK50 (die gut besetzt war, in Münster hätte diese Zeit noch zu Platz 4 gereicht).
Eine insgesamt empfehlenswerte MRT-Veranstaltung, die sich mit ihrer beinahe familiären Athmosphäre wohltuend abhebt von den grossen Massen-Events und sich durch eine reizvolle Strecke auszeichnet. An der Organistion gibt es eigentlich wenig auszusetzen. Sicher mag die Stimmung an der Strecke bei den grösseren City-MRT's besser und ausgelassener sein; aber diesen kleinen Abstrich kann man doch ganz gut in Kauf nehmen.
54. Marathon Essen "Rund um den Baldeneysee" (09.10.16)
1PB Marathon: 02:57,20h (Münster, Sept.2019) HM-Splits: 01:28,34 / 01:28,46; AK-Platz 6
50.Hermannslauf April 2022: 02:16,37 (31,1km Trail, ca. 520 HM; 700M. Gefälle); AK-Platz 4 (von über 400 in AK 55)49.Rennsteig-Supermarathon Mai 2022: 06:47,56h (73,9km, 1835 HM) Gesamtplatz 46; AK-Platz 3
60. Marathon Essen, Okt. 22: 03:08,22h (AK-Platz 3)
PB Halbmarathon: 01:25,10h (Nov. 2019, DJK-Halbmarathon Gütersloh)
PB 10km: 39:00 (März 2020; Trainingslauf); 9,2km: 35:51 (Isselhorster Nacht)
Rothaarsteig-Trail-Marathon (835 Höhenmeter), Okt. 2019: 3:18:00h (AK-Platz 1; Gesamt-Platz 11)
"Wenn du nicht anfängst, besser werden zu wollen, hörst du auf, gut zu sein!" (Martin Luther)