Der Marathon Tag war endlich da und ich hatte den Wecker auf 4:30h gestellt. Mein Bus zum Start sollte um 5:45h gehen und unser Hotel lag zum Glück nur 8min Fußweg vom Bus entfernt. Nach einem kleinen Frühstück machte ich mich um 5:30h auf den Weg zum Bus, eingepackt mit einer alten Jogginghose, Pulli, Laufjacke, Mütze und Handschuhen um die Zeit vorm Start nicht allzu sehr zu frieren. Bei der Ankunft hatte ich erstmal etwas Sorge, da die Schlange über 500m lang war, aber der Bustransport war perfekt organisiert und nach ca. 15min war ich auch bereits in einem Bus drin und es ging mit zwischenzeitlicher Polizeieskorte Richtung Staten Island. Je näher wir dem Start kamen, desto aufgeregter wurde ich. Die letzten 10km waren nur noch die Marathonbusse auf den Straßen, da alles bereits weiträumig abgesperrt war und bei der Fahrt über die Verrazzano Bridge genoss ich nochmal den Blick auf Manhattan und die Freiheitstatue. Um 6:45h kamen wir im Startvillage an und es waren noch fast 2 1/2 Std bis zum Start. Hier draußen waren es knapp 4° und ich merkte, dass meine übergezogenen Sachen nicht wirklich genügend wärmten. Die nächsten 90min vertrieb ich mir damit etwas zu trinken, zu essen, rumzulaufen, stretchen, auf eines der tausenden Dixi-Klos zu gehen (die Anzahl war unglaublich groß und man musste nie anstehen) und mich irgendwie warm zu halten ohne zu viel in Bewegung zu sein. Um 8.15h wurde dann mein Start Coral eröffnet und ich war jetzt noch mehr froh, dass ich in der ersten Startwelle um 9.10h war. Die letzte Welle sollte um 12h starten und die Vorstellung jetzt noch fast 4 std. auf den Start zu warten wäre erschreckend gewesen. Die erste Startwelle war in 3 Gruppen aufgeteilt (Green, Orange, Blue) mit je 6 corrals, die dadurch jeweils nicht zu voll waren. Ich war in der Blauen Gruppe, so dass ich oben auf der Verrazzano Bridge starten durfte. Um 8:45h ging es Richtung Startlinie und ab jetzt gab es keine Toiletten mehr vorm Start, was sich bald als Problem herausstellen sollte.
KM 1-5: Der Start
Um 9:05 ging der Start der Profi Männer mit einem lauten Kanonenschlag los und 5min später ging es für uns los zur Musik von Frank Sinatra. Nach bereits 1min konnte ich die Startlinie überqueren, aber so richtig loslaufen ging noch nicht. Leider werden beim New York Marathon u.a. Charities mit sehr langsamen Läufern nach Vorne in den Startblock gepackt, so dass sich direkt eine große Wand vor einem aufbaut, die in einer Pace von 7min/km und langsamer vorne Weg läuft und alle schnelleren Läufer sich irgendwie dran vorbei quetschen müssen. Daher lief ich die ersten 400m in fast 6er Pace und meine Beine waren durch den langen Morgen in der Kälte noch nicht wirklich warm. Die Brücke war zudem steiler als ich dachte und so entschloss ich mich nicht allzuschnell zu beschleunigen. Der erste KM ging daher in 5:12 deutlich langsamer als geplant. Dann ging es aber auch wieder bergab und die Pace wurde deutlich schneller und die Beine langsam warm. Am Ende der Brücke drückte meine Blase allerdings so sehr, dass ich erstmal einen kurzen Pitstop am Rand einlegte mit vielen anderen Läufern zusammen. Danach ging das Rennen dann deutlich erleichtert so richtig los und ich merkte wie gut sich meine Beine anfühlten. Die Stimmung an der Strecke wurde jetzt auch immer besser und trieb einen immer weiter voran. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen in ähnlicher Pace wie beim Berlin Marathon die erste Hälfte zu laufen, da meine Form zwar besser aber die Strecke deutlich schwieriger war. Ich lief mit Handbremse, aber KM 5 passierte ich trotz 30s Pitstop bei genau 23min.
Zwischenzeit KM 5: 00:23:00 (4:36/km)
KM 5-10: Brooklyn - Part 1
Es ging jetzt ins Herz von Brooklyn und die Stimmung wurde immer unglaublicher. Die Menschen standen in mehreren Reihen an der Strecke und feuerten alle Läufer lauthals an. Dazu gab es regelmäßig tolle Musik. Ich lief fast mit dauer-Gänsehaut und hatte zum Teil Tränen in den Augen vor Freude. Es ging eigentlich stetig leicht bergauf oder bergab, aber meine Pace pendelte sich relativ konstant knapp unter 4:30/km ein. Mein Puls war genau da wo er sein sollte und es war einfach nur schön.
Zwischenzeit KM 10: 00:45:21
5k Split: 00:22:21 (4:28/km)
KM 10-15: Brooklyn - Part 2
Bei KM 12 wartete das erste Mal meine Freundin auf mich und die KM vorher dachte ich mir immer, dass es schade ist, dass sie die tolle Stimmung dort nicht sehen konnte. Aber die Stimmung wurde immer besser und zum Teil fühlte ich mich wie in einem Hexenkessel. Ich hatte sowas noch nie erlebt und auch meine Freundin fand es unfassbar schön an der Strecke. Es ging jetzt etwas mehr bergauf als bergab und meine Pace wurde etwas langsamer auf knapp über 4:30/km.
Zwischenzeit KM 15: 01:07:59
5k Split: 00:22:38 (4:32/km)
KM 15-20: Brooklyn - Part 3 (Williamsburg)
Es kam jetzt kurzzeitig ein etwas ruhigerer Streckenabschnitt als es durch Williamsburg ging und gleichzeitig merkten meine Beine immer mehr die stetigen Steigungen. Meine Pace konnte ich relativ konstant halten, d.h. auf den Bergab Passagen lief ich ca. 4:20-4:25 und bei den Bergauf-Passagen ca. 4:35-4:45. Es hatte sich so langsam eine kleine Gruppe gebildet, die relativ konstant nebeneinander lief. Bergauf zogen die Mitläufer immer etwas an mir vorbei, allerdings holte ich dann bergab wieder auf und überholte. Evtl. hängt es mit meinem Gewicht etwas zusammen, dass mir die Bergan-Stücke deutlich schwerer fallen als den anderen, wobei ich das Gefühl hatte, dass es bergab dann genau andersrum war.
Zwischenzeit KM 20: 01:30:42
5k Split: 00:22:41 (4:32/km)
KM 20-25: Brooklyn - Queens
Es ging jetzt Richtung Queens über die Pulaski Bridge. Das Feld zog sich immer weiter auseinander und die HM Marke passierte ich bei
01:35:44. Die Brücke hatte es ganz schön in sich und ich fing an darüber nachzudenken, was mein Vater zu Hause wohl gerade meiner Mutter erzählt ("Da ist er hoffentlich nicht zu schnell angegangen, dass könnte er sonst später bereuen" oder so ähnlich). Ich war mir relativ sicher, dass ich die Zweite Hälfte nicht ansatzweise in der Pace durchlaufen könnte, da ich meine Oberschenkel immer mehr merkte und sich die Muskeln deutlich müder als beim Berlin Marathon zur Hälfte anfühlten. Das folgende Bergabstück und die Anfeuerung meiner Freundin bei KM 23 halfen allerdings wieder etwas, bevor es zum wohl schwersten Teil für mich kam, der Queensboro Bridge. Genau zu KM 25 zieht sich diese Brücke elend lang in die Höhe und meine Pace reduzierte sich auf 5:03/km für den 25. KM.
Zwischenzeit KM 25: 01:54:02
5k Split: 00:23:20 (4:40/km)
KM 25-30: Manhattan - 1st Avenue
Das Ende der Queensboro Bridge und die Kurve auf die 1st Avenue entschädigt zum Glück sofort für die vorherige Anstrengung. Die Stimmung ist jetzt wieder grandios und man läuft nah an der anfeuernden Zuschauerfront vorbei. Die 1st Avenue zieht sich zwar elend lang gerade aus, geht auch wieder stetig hoch und runter, ist aber insgesamt relativ flach. Für den Kopf ist es immer noch schwer, da noch so viel Strecke vor einem liegt, aber die Zuschauer pushen einen immer weiter. Gleichzeit läuft man jetzt jeden Meter wieder weg vom Ziel und das macht es für den Kopf nicht leichter. Meine Pace konnte ich jetzt wieder etwas erhöhen und ich lief jetzt nicht mehr nach Puls sondern nur noch nach dem was meine Beine mir erlaubten ohne sie völlig zu übersäuern.
Zwischenzeit KM 30: 02:16:35
5k Split: 00:22:33 (4:31/km)
KM 30-35: Manhattan - Queens - Manhattan
Es geht jetzt über die letzten zwei Brücken und obwohl sie eigentlich die einfachsten sind von der Steigung her, habe ich nun eine tiefgründige Abneigung gegen jegliche Art von Brücken aufgebaut. Meine Beine schmerzen und ich merke wie die Kraft nachlässt. Mein letztes Gel nehme ich daher schon bei KM 33 statt eigentlich wie geplant bei 35 und zum Glück hilft es. Als es wieder nach Manhattan geht, merke ich, dass fast alle um mich herum ähnlich leiden. Ich bin fast nur noch am überholen und das gibt nochmal etwas Motivation. Gleichzeitig geht es jetzt endlich in Richtung Ziel und ich weiß ich werde die letzten KM auch noch schaffen.
Zwischenzeit KM 35: 02:39:24
5k Split: 00:22:49 (4:34/km)
KM 35-40: Manhattan - 5th Avenue
Auf der 5th Avenue geht es jetzt in Richtung Central Park und es geht stetig bergauf. Ich nehme jede Getränkestation mit und trinke ein paar Schluck Wasser oder Gatorade, in der Hoffnung noch mehr Energie zu bekommen. Die Stimmung ist jetzt wieder atemberaubend und die Zuschauer schreien uns dem Ziel entgegen. So langsam weicht der Schmerz der Freude und ich kann langsam wieder beschleunigen. Als es in den Central Park bei ca. KM 39 geht ist die Freude unbeschreiblich groß. Ich werde schneller und schneller und merke keinen Schmerz mehr. KM 39-40 laufe ich eine 4:18er Pace.
Zwischenzeit KM 40: 03:02:05
5k Split: 00:22:41 (4:32/km)
KM 40-Ziel: Central Park
Meine Pace halte ich jetzt relativ konstant um die 4:20-4:25 und als ich auf den letzten KM biege kann ich nochmal auf 4:16er Pace beschleunigen. Ich laufe nur noch in Trance und merke auch den letzten Anstieg zum Ziel hin nicht mehr. Ich spüre nur noch das Adrenalin und bin überglücklich im Ziel.
Zielzeit KM 42,195: 03:11:43
Ab KM 25 hatte ich gar nicht mehr gerechnet welche Zielzeit ich erreichen könnte und hatte bis KM 40 gedacht, dass ich eher Richtung 3:14 wieder unterwegs war. Umso schöner war es als ich kurz vorm Ziel merkte, dass ich unter 3:12 bleiben kann. Damit hätte ich nie gerechnet.
Bei der Abreise kam es dann zum letzten Highlight meiner Reise. Der Flug nach Frankfurt war erst verspätet, dann saßen wir von 21h - 0.30h im Flieger am Gate, bevor dann um halb 2 der Flug gestrichen wurde wegen technischer Probleme. Daraufhin konnten wir ein Hotel für die Nacht und einen neuen Flug für den nächsten Tag buchen, was dann bis ca. 3h dauerte bevor wir um 4h endlich im Hotelbett waren. Warum Highlight? Weil wir nicht die einzigen im Flieger und Hotel waren