Schlussfazit
Was bisher geschah
Wiedereinstieg ins Laufen 2013 nach sehr langer Verletzungspause, eher lustlos durch die Gegend gejoggt, im April 2015 im Forum angemeldet und diesen Thread zum Thema „Lasst uns mal über alte Zeiten reden“ aufgemacht, diverse Impulse erhalten und daraus den 12-monatigen Master-Plan ausgeheckt, nach raketenhaftem Start im Mai 2015 das Hauptziel 10 km unter 50 Minuten bereits im ersten Monat erreicht, dann erst gebremst worden durch die Hitze des Sommers 2015, später durch eine Achillessehnenreizung, nach 6 Wochen Rumprobieren und 5 Wochen Laufpause über 2 Monate ganz sacht wieder aufgebaut, ab Januar 2016 wieder so etwas wie Training durchgeführt, mich von Januar 2016 bis heute über 10 km von 57:0n Minuten wieder auf 52:1n Minuten gesteigert, am Ende sicher 3 Trainingseinheiten und 35 km /Woche drauf.
Der Erkenntnisgewinn
Betrachtet man die nackten Zahlen, ist der Plan gescheitert: Ich bin heute ca. 30 Sekunden langsamer über 10 km als vor genau einem Jahr, abgenommen habe ich in dem Jahr nur ungefähr 1 kg. Wenn wir mal den ersten Monat des Master-Plans ausnehmen, platzte im Gegensatz zu vielen Kollegen, die hier auch im Thread mitschrieben, der Knoten nicht, zu keinem Zeitpunkt nach dem magischen Mai 2015 entwickelte sich eine Eigendynamik, es wurde eher zu einem Hürdenlauf über immer neue Hindernisse.
Tatsächlich aber hat mich das Jahr weitergebracht: Nach der verletzungsbedingten Pause und dem quälend langsamen Aufbau Ende 2015 habe ich mit Ausnahme der Trainingseinheiten, die in eine Erkältungswoche und in die Wochen fielen, in denen ich beruflich bedingt in Ländern unterwegs war, wo das Hotel keinen Fitness-Raum hatte und ein Laufen draußen nicht angebracht war, keine geplante Einheit verpasst. Drei Einheiten je Woche sind jetzt fest in einen normalen Wochenablauf am Di, Do und So eingeplant, zum Vergleich: In den ersten vier Monaten des Jahres 2015 waren das nur 2,2 Einheiten/Woche. Darüber hinaus bin ich jetzt wieder imstande, eine Woche mit einer ad libitum-10 km-Einheit, einer 10-km-Tempoeinheit und einem längeren Lauf mit 15 km zu absolvieren. Der Wochenschnitt lag von Januar - April 2016 bei 26 km, im Mai bei 30 km, während ich in den ersten 4 Monaten vor dem Master-Plan über einen Wochenschnitt von 19 km nicht hinauskam. Sollte ich die 10 km/10 km/15 km-Aufteilung dauerhaft gut verkraften, werde ich mal am Samstag eine weitere kurze Einheit einbauen.
Tempo aufnehmen fiel mir wesentlich leichter als die Verlängerung der Laufstrecke, ein Trend, den ich von früher schon kannte. Wirklich Spaß gemacht haben in diesem Jahr wieder die Wettkämpfe und das Bahntraining, auch im Rahmen eines Laufkursus. Das Ziel „6-Stunden-Lauf und 50 km“ trug wesentlich zur Anfangsmotivation bei, aber realistisch gesehen wird in diesem Leben aus mir kein Ultraläufer mehr, selbst nach einem Halbmarathon habe ich zurzeit kein gesteigertes Verlangen. Dafür „sitzen“ die 15 km jetzt wieder, da ist sicher noch etwas Spielraum nach oben, erzwingen werde ich es nicht.
Mein Gewichtsziel 80 kg ? Geschenkt. Von 85 kg ging es fix auf 82 kg runter, dann in der laufarmen Zeit hoch auf 87 kg, zurzeit stehe ich bei 84 kg. Nachdem mich auch die Fastenzeit ohne Fleisch, Schokolade und Alkohol und ein Urlaub, bei dem es tatsächlich manchmal nur eine Mahlzeit am Tag gab, nicht weitergebracht haben, nehme ich mir hier einfach die Freiheit, auf bewusste Selbstkasteiung zu verzichten. Wenn ich schaffe, den momentanen Kilometerumfang beizubehalten, wird auch das Gewicht noch weiter runtergehen.
Wie geht es weiter
Ich laufe natürlich weiter. Ich wäre ein Idiot, wenn ich diese seit Jahrzehnten geübte und nun wieder recht gut etablierte Methode zur Gesunderhaltung nicht nutzen würde. Nachträglich fand ich es ein bisschen schade, dass die erste Forumsreaktion „Lass es“ war. Aber vielleicht hat mich das auch ein bisschen motiviert.
Ziel 1 - Ich nehme mir mal vor zu laufen, bis ich 75 bin, also noch weitere 20 Jahre. Das absolute Minimalziel: 3 Einheiten pro Woche à 5 km, 750 km im Jahr. Solange es geht, laufe ich natürlich mehr, mit den momentanen 35 km/Woche bin ich erst einmal mehr als zufrieden, dauerhaft habe ich das seit dem Ende meines zweiten Läuferlebens nicht mehr geschafft.
Ziel 2 - Solange ich es noch schaffe, möchte ich wenigstens einmal im Jahr 10 km unter 50 Minuten zurücklegen.
Alles Weitere wird sich ergeben: Ob ich noch einmal ein bisschen schneller werde oder doch noch einmal die Distanzen verlängere, planen werde ich es nicht mehr. Noch ein Tropensommer, ein Projekt, für das ich jede zweite Woche in irgendein exotisches Land reisen muss, noch eine dusselige Verletzung, und es hat sich wieder mit der Regelmäßigkeit.
Das ist alles nicht besonders aufregend, vielleicht sind einige von Euch ein bisschen enttäuscht, hätten mehr erwartet.
Für mich ist es eine seelenfriedenstiftende Einsicht in das Machbare. Fokus liegt ab jetzt auf Kontinuität, nicht mehr auf der Hatz nach dauernder Steigerung, eine Hatz, die naturgemäß früher oder später ihr Ende finden muss.
Ach ja, das Euphorie-Thema: Dieses Schlagwort, das eigentlich nur zu einem einigermaßen knalligen Titel herhalten musste, verlor allerspätestens nach der verletzungsbedingten Pause letztes Jahr seine Bedeutung für mich. Natürlich spielte am Anfang des Master-Plans der heimliche Gedanke eine Rolle, irgendwie wieder an frühere Umfänge und Leistungen anknüpfen zu können. Nach der Überwindung des Nullpunktes überwiegt die Dankbarkeit: Einfach dreimal in der Woche ein abwechslungsreiches Training durchführen zu können, bei Volksläufen zumindest im Mittelfeld mitzumischen, wieder eine langfristige Perspektive für das Weiterlaufen zu haben.
Dank an alle, die sich hier die Zeit genommen haben, Beiträge zu lesen oder zu verfassen. Denen, die tatsächlich die Welle der Euphorie reiten, wünsche ich von Herzen, dass dies solange wie möglich anhalten möge.
Allen aber wünsche ich vor allem eins: Den langen Atem.
Gee