
Nachdem das Jahr 2010 nicht ganz so erfolgreich zu ende ging, sowohl sportlich als auch beruflich, war es an der Zeit sowohl beruflich als auch sportlich neue Ziele zu setzen. In diesem Fall natürlich aus Sportlicher Sicht. Und das war nach dem doch etwas harten Winter, zumindest für uns Läufer, nicht ganz so einfach.Denn an Training war lange nicht drann zu denken, zumindest nicht in dem Sinne wie man es kennt.
Barcelona Marathon wurde trotz Anmeldung aus beruflichen Gründen sausen gelassen.

Also habe ich mir einen Trainingsplan erstell mit der Zielsetzung sub 100. Eine Mischung aus Daniels, Steffny und hinzu dann noch meine Änderungen. Geplant waren drei Einheiten pro Woche zwischendurch mal nur zwei Einheiten.
Und dann kam das größte Problem: einen WK zu finden um ein paar wochen vor dem Frankfurt HM mal die WK-Praxis zu testen bzw. meinen IST-Zustand zu testen.
In ganz Kreis Aachen und Düren ist im Februar NIX zu finden!! Jetzt weiss ich warum ich nicht so der Karneval-Fan bin.

Am ende fand ich in Nettetal einen 12,5 Km WK. Dafür bin ich insgesamt an die 130 Km gefahren. Doch dieser Lauf hat mich noch mal richtig motiviert, denn es lief ganz gut. 12,5Km in 56:43min ohne richtig zu powern. Ich war mehr als zufrieden und hatte sogar die Hoffnung beim HM doch noch evtl. Reserven zu haben und vielleicht knapp eine minute unter meiner gewünschten Zeit von ca. 1:39:30 zu liegen. Mal sehen.
Ich hatte mir extra eine Tabelle erstellt in der größe einer Visitenkarte, mit den zu laufenden Zeiten um mein Ziel zu erreichen, die ich mir an den FR305 befestigen wollte. Denn zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht fest was für Pacemaker eingeteilt werden.
Es kam das Wochenende des Laufes. Samstag gegen Nachmittag Ankunft bei meinem Bruder, der auch mitgelaufen ist, Tasche leeren, umziehen und dann Essen gehen, lägga Pasta mit Lachs. Mhhhh lägga, lägga!!

Ich hatte mir extra mein eigenes Kopfkissen mitgebracht, damit ich ja gut schlafe und nicht wie beim Frankfurt Marathon die halbe Nacht wach bin und kein Auge zu kriege. NIX war’s mit gut schlafen! Aber was soll’s, nützen tut’s mir jetzt auch nix mehr! Also frühstücken und auf zum Stadion.
Leichter gesagt als getan, zumindest wenn man meinen Bruder hat!



Doch wir schaffen es doch noch ohne große Hektik. In ruhe umziehen und dann raus. Wobei das Umziehen mehr meinen Bruder betraf. Ich musste nur den Brustgurt anlegen und den Trainingsanzug ausziehen. Dann wollte ich noch hoch zum Treffen am Bio Bananen-Stand wo u.a. Bio Runner und aBo warteten. Leider war ich zu spät, waren alle schon am start. Also, den 1:39er Pacemaker suchen (genau meine Zeit) und einreihen.
10:00Uhr: Die Elite startet. ‚Jetzt darf die Elite schon früher starten damit sie nicht von uns Amateuren eingefangen werden!’

Jetzt sind wir dran. Auf geht’s! Der Pulk läuft los. Das Gedränge hält sich erstaunlicherweise in grenzen. Ich habe den Pacemaker erst mal hinter mir gelassen, muss meinen Rhythmus finden.
Die ersten Kilometer, alles nach Plan. Ich hole mir sogar ein Polster heraus. Von Vorteil für die Verpflegungsstationen. Mein Bruder Läuft neben mir. Wir erreichen Niederrad. Endlich etwas mehr Platz. Der Pacemaker befindet sich immer noch hinter mir, ca. 50m.
Am Main entlang, vor der Verpflegung fragt mein Bruder nach der Zeit. Ich war selber erstaunt, ca. bei Km 9 ein Polster von 40 Sekunden! Super, der Gedanke an die Reserven für 1:38 wurden erweckt. Das könnte was werden. Ich sagte meinem Bruder er sollte sein Tempo laufen wenn er sich gut fühlt.
Es kam die erste Verpflegung. Zugreifen. Banane, Wasser und weiter gehts. Dann merkte ich dass ich beim trinken/essen zuviel Zeit verloren hatte, der Pacemaker war plötzlich 20m vor mir: ‚Wo kommt der denn her?’

Bei ca. Km 11 lies sich mein Bruder kurz fallen, er lief ca. 15m vor mir, um mir zu sagen dass er schneller kann. ‚Mach ruhig, gib gas!’ sagte ich nur.
Kurz danach hatte ich auch wieder den verlorenen Pacemaker eingefangen.
Obwohl ich nicht zu schnell aufgeholt hatte, fing ich an meine Oberschenkel zu spüren. Und das schon bei ca. KM 13! Oh oh, Es wurden Erinnerungen wach. Erinnerungen an den 31 Oktober 2010, an den Frankfurt Marathon! Aber doch nicht bei einem HM! Davon habe ich doch schon einige in den Knochen. So ein Mist. Ich fange schon an mit der Fehleranalyse was im Training falsch gelaufen ist, bzw. was ich falsch gemacht habe. Waren die Langen Läufe doch nicht lang genug, oder waren es zu wenig. Oder hätte ich mehr Tempo-Läufe absolvieren sollen? Fragen über Fragen.
Aber es brachte alles nichts, ich durfte den Pacemaker nicht aus den Augen verlieren, sonst war die ganze Trainingsmühe umsonst!
Die 2. Verpflegungsstation. Das selbe Spiel: Banane und Wasser und weiter geht’s. Und wieder war der Pacemaker weg. Klar, er hat nichts zu sich genommen. Kein Wunder das er keine Zeit verliert! Doch dieses mal war er zu weit weg. Mir war klar dass wenn ich ihn einhole, würde ich komplett einbrechen.Also, nur im Auge behalten und die Uhr beobachten.
Nach dem Wendepunkt bei Km 16 kommt mir mein Bruder entgegen und ruft mir zu.

Endlich erreiche ich auch den Wendepunkt. Ich muss kämpfen, denn mittlerweile meldet sich die Linke Wade. Zum glück nur ein seltsames leichtes ziehen. Ich versuche es zu Ignorieren. Die Oberschenkel sind schwer wie Blei. Die Pace ist Zeitweise bei 5min/Km. Und mein Polster war schon lange nicht mehr allzu groß. Also musste ich das Tempo bei mindestens 4:50 halten. Die Beine sind so schwer,dass ich mich immer wieder erwische wie ich viel zu langsam werde.

Und dann kam noch die größte Sünde! Der Gedanke die Mission sub 100 abzubrechen und einfach relaxt weiter laufen! NEE! Dafür habe ich nicht Trainiert!


Meine Gedanken: ‚Da vorne ist ein super geiles Stadion, was durch die schlechte Leistung deiner Eintracht stark gebeutelt ist, das darauf wartet dass du und alle anderen die sich Ziele gesetzt haben hier was zu feiern haben! Also,reiss dich zusammen!’

Die letzten Km zogen sich als wären es noch mal 21Km. Km 19. Da,die Arena!!!Von wegen.Erst noch mal kommen noch an die 30.000 Linkskurven und an die 50.000 Rechtskurven. Mindestens!
Endlich Km 20 und quasi neben dem Stadion, aber…noch einmal drum herum.Ich hate durst und einen trockenen Mund aber keiner mit Wasser zu sehen. Doch ca. 100m vor der Startlinie rufe ich zwei finischern zu: ‚Brauche was zu trinken!’ sie reagieren sehr schnell:’hier,ist wohl Tee!’, ‚egal,Danke!' War meine schnelle antwort.

Die Sch…e war klebrig wie sau, aber ich hatte so ein verlangen etwas zu trinken und das ein paar hundert Meter vor dem Ziel…
Aber egal,noch mal Danke an den Tee-Anbieter und seiner schnelle reaktion!
Ein paar Meter bevor es ins Stadion reingeht schaue ich noch auf die Uhr. Wie sieht es aus, noch mal gas geben oder ist alles verloren? Mein Gefühl sagte mir noch mal alles zu mobilisieren und einen kleinen sprint hinzulegen um sicher zu gehen das ich mein Ziel erreiche. Ich weiss nicht ob ich wirklich gespurtet bin,denn mir kam es vor als würde ich fast gehen…. Noch ca 10 m bis zum Ziel, Blick auf die ,ich kann nur 01:39 erkennen und laufe durch Ziel und stoppe die Uhr und schaue sofort drauf…
JA! 01:39:47. GESCHAFT!!



Ich habe mich noch nie bei einenm HM so quälen müssen.Als ich vor 10 Monaten meine aktuelle HM Bestzeit von 01:41:30 gelaufen bin,kam mir es gegen diesen HM wie ein Spaziergang vor.
Ach ja, mein lieber Bruder hat das Ziel nach 01:35:42. Und das ohne Training!
Bruderherz: ich wäre froh ich hätte dein Lauftalent. Mach mehr draus!
In diesem Sinne
Bis zum nächsten großen Ereignis
Euer Spanier
El andaluz (Alex)