

Zunächst mal passt das Wetter heute. Es ist noch angenehm kühl mit um die 6°, bewölkt aber trocken und mäßig windig. Der Start erfolgt unaufgeregt pünktlich um 10. Mutig habe ich mich mal vorne beim 3:15er Läuferblock eingereiht. Obwohl, ich schon froh wäre heute unter den 3:30 Stunden zu bleiben ist das sicher kein Fehler. Denn aus Erfahrung weiß ich, dass ich immer zu schnell bin auf den ersten Kilometern. So euch heute. Als der neue poporangene 310ner aus dem Hause G. heute das erste Mal piepst sind es zügige 4:28, statt der erforderlichen 4:57, die meine Mauken in den Asphalt brennen. Naja, schon da wird mir klar: Vernünftig sieht anders aus. Die Katze lässt das Mausen nicht. Hoffentlich gibt das heute statt Waldeslust keinen Megafrust.
Etwas verwirrend auch das die Kilometermarke noch gar nicht erreicht ist als mein Garminle Laut gibt. Jaja, werden die meisten hier jetzt sagen. Das liegt an dir du Schlaumeier. Kilometer werden im Wettkampf händisch abgedrückt, mit Lap. Damit dir deine Schlenker, fernab von der Ideallinie, nicht durch die Lappen gehen. Aber andererseits will ich den Kopf frei haben und beim Laufen möglichst wenig denken müssen. Böse Zungen behaupten ich würde dieses Motto auch auf andere Bereiche übertragen.
Über die Strecke gibt es nicht viel zu berichten. Zunächst touchieren wir noch den Stadtrand um dann über einen kurzen Abschnitt freies Feld in den Ortsteil Minfeld zu gelangen. Nach ein paar Straßenecken geht es zurück in die Botanik, um alsbald ins Revier der Wildkatze einzutauchen. Wild bleiben auch die Kilometerzeiten, die das kleine technische Wunderwerk an meinem Handgelenk ausspuckt. Bis Kilometer 8 schaffe ich es nicht wirklich langsamer zu werden und der Zehner wird mit gut 45 Minuten passiert. Wie schaffe ich es bloß mich hier nicht zu verheizen, nach dem Motto: fastly run, deadly fun. Den passend zur Gesichtsfarbe gilt für meine Quanten sonst bald: Birne rot, Waden tod.

Die halben Helden des Bienwaldes dürfen schon frühzeitige an der Wendeboje eine Halse hinlegen und ihre Nasen in den Gegenwind halten. Für die Liebhaber des vollen Programms geht es weiter geradewegs durch den Wald, Baum für Baum. Ich habe es nun geschafft, etwas näher an meine eigentliche Zielmarke heranzuschleichen. Es sind zwar mit um die 4:40 noch immer deutlich zu gute Piepswerte, aber ich beschließe den Dampf nicht weiter rauszunehmen. Abgerechnet wird zum Schluss und um für schlechte Zeiten gerüstet zu sein werde ich jetzt erstmal, eifrig wie ein Eichhörnchen, Vorräte für schlechtere Zeiten sammeln – nach dem Motto: Der kluge Mann baut vor. Bis zur Halbmarathonmarke vergehen 1 Stunde und 39 Minuten, somit bleibt noch gut Luft für zwangsläufig luschig gelaufene Restkilometer.
Zwischenzeitlich schaue ich auch die bereits früher passierten Bäume von der anderen Seite an. Nein ich stehe nicht im Wald sondern befinde mich auf der Routeneinstellung „Nachhause“. Leider führt diese nicht direkt zurück zur Homebase, sondern geht plötzlich scharf rechts ab und ich darf noch etwas pendeln. Der Hinweg gestaltet sich mürbe. Entgegenkommende sind eher demotivierend für den inneren Motor der mich weiter antreiben soll. Irgendwann heißt das Kommando: „Links um, Abteilung kehrt“ und der ganze Spaß wird umgedreht. Jetzt darf ich den Begegnenden beileidsvoll kondolieren. Ätsch, ich bin vor euch am legendären Kuchenbuffet. Unvermittelt, darf ich bekannten Gesichtern entgegenblicken. Huch, Motivationsmodus geht auf On. Da kommt ja ein junger Wilder der heute das gleiche Vorhaben wie ich hat. Also, hilft nix, jetzt heißt es frei nach der Raubkatze eines bekannten Mineralölkonzerns: „Pack den Tiger in den Tank“. Bye, bye, Spritsparmodus, welcome Racemodus. Ich lass jetzt die Katze aus dem Sack. Oder wie der Poet es fabulierender ausdrücken würde.
Einem Stubentiger gleich,
wandelt sich sein Schritt.
Gerade noch geschmeidig,
auf leisen Sohlen schleichend.
Nun sprungbereit zum Kampf,
die Krallen ausgefahren.
Aber für Schöngeisterei bleibt jetzt keine Zeit. Vorwärts heißt die Devise. Jetzt geht es ab wie Schmidts Katze. 2 Kilometer schnurgeradeaus und die Straße steigt leicht an. Läufer bis zum Horizont. Dazu plötzlich Gegenwind. Beißen und dranbleiben heißt die Durchhalteparole. Und mein Schweinehund pariert nach kurzer Gegenwehr. Brav Hundchen. Zwischenzeitlich passiere ich die Hammerkilometer, als welche die Literatur bekanntlich die Marken zwischen 32 und 36 bezeichnet. Ich habe keine Zeit zu checken ob das Männchen schon leise klopft und meinen laut pochenden Herzschlag ignoriere ich schon seit längerem geflissentlich. Mein treuer Begleiter G.F. aus Taiwan ist mir derweil wohlgesonnen. Sein nerviges „Zu früh Gepiepse“ vernehme ich inzwischen mit Freuden. Wieder ein Kilometer weniger bis zur heißen Dusche. Und seine Zeichen die er mir sendet nehme ich mit Genugtuung wahr. Ja, mein Feund, wir beide sind heute gut unterwegs. Wenn das so weiterläuft mit uns beiden werden ich heute Glanz und Gloria erleben, zumindest was meine persönliche Bestzeit betrifft.
Um das Tempo auf der endlos langen Waldgeraden, die linealig sturr gezogenen scheint, zu halten wird mein „Wohlfühl-Ich“ einem unbarmherzigen Bannstrahl unterworden. Kurz bevor die „Road to nowhere“ im unendlichen Nirvana verschwindet taucht plötzlich die Wildkatze auf und will sich streicheln lassen. Ich habe aber gerade keine Augen für Miezen, weder zwei- noch vierbeinig, und schon gar nicht für diese ausgestopfte Pussycat. Ohne dem Schmusekätzchen eines Blickes zu würdigen, stürme ich weiter voran. Nach einem Schlenker erreichen wir wieder den kleinen Entwässerungskanal, denn wir heute Morgen noch in der umgekehrten Richtung passiert hatten. Ich lasse meine Saucony weiter sauen, Modell Mirage. Nomen est Omen


Das wäre schon fast unheimlich, und ergäbe eine teuflisch




Zurück zur Natur. Diese hatte ich ja heute reichlich satt. Nun bin ich froh als die ersten Häuser des heutigen Zielgebietes unvermittelt im Blickfeld auftauchen. Jetzt kann es nicht mehr weit sein. Aber es reicht auch. Leider nicht mehr für den ganz großen Coup einer Zeit unter 3:20. Dafür habe ich keine Kraft mehr als ich endlich auf der Aschenbahn des Stadions in die Zielgerade einbiege. Schlussspurt fällt heute wegen „Is nich“ aus. Zwei, die kurz zuvor zu mir aufgeschlossen haben, muss ich ziehen lassen. Macht nix, heute habe ich keinen Grund zu klagen. Meine Läufervita wird trotzdem ganz ordentlich aufgehübscht. Die alte Bestzeit um fast eine Viertelstunde unterboten. War heute doch nicht nur die Strecke schnell. Im Zielbereich wird mir gewahr, dass dies der perfekte Start in die neue Laufsaison für mich war. Warme wohlige Gedanken werden jedoch alsbald von einem fröstelnden Schauer abgelöst, dessen Ursache zum Glück alleinig dem kühlen Wetter zuzuschreiben ist. Also ziehe ich mich zurück in die heimelige Bienwaldhalle. Das Küchenbuffet ist schon ziemlich geplündert, da es doch einige Zeit dauert bis ich dem zunehmenden Verlangen meines Schweinehundes nach Ausgleich des Kalorienverlustes nachkomme. Ich hole noch meine Urkunde ab, um schwarz auf weiß lesen zu können, dass ich die Katze im Sack habe.
Was ich da noch nicht weiß ist, dass der tags darauf einsetzende Muskelkater
