Ich denke, es ist an der Zeit ein Jahr voller Erfahrungen, welche ich mit dem Laufsport sammeln konnte revue-passieren zu lassen.
Angefangen hat alles im März diesen Jahres. Ich entschloss mich dazu einen Halbmarathon laufen zu wollen. Angepeilte Zeit war 01h35min.
Ich hatte mir also vorgenommen ohne jegliches Einlesen in die Materie "Laufen" meinen eigenen Plan durchzuziehen und frei von sämtlichen Ernährungstips & Trainingsplänen in meine eigene Vorbereitung zu gehen.
Strikt verfolgte ich das Motto "Keine Einschränkungen / trotzdem Fit werden".
Dies hatte ich nicht grundlos so gewählt. Immerhin gibt es ja gerade im Laufsport jene Jungs & Mädels, die in Vollausstattung durch den Wald traben.
Outfit:
- Extrem teure Kompressionsstrümpfe
- Gürtel an denen 10 kleine Fläschchen hängen, (Inhalt ungewiss)
- die Brust mit Powerbar tapeziert
- Einer Pulsuhr (Oh mein Gott, immer auf den Puls achten. Schwachsinn in meinen Augen)
- und ganz wichtig: Dem Smartphone am Arm. Absolut von Nöten. ( Nun gut, ich gebe zu, dazu habe ich mich ebenfalls hinreissen lassen…)
BEGINN:
Ziel gesetzt und prompt am "Morgen" des 29. März 2013 los gelaufen. Nach einer durchzechten Nacht viel der Blick auf meine GPS-SW umso ernüchternder aus.
"Um Gotteswillen" dachte ich. Komplett ausgepumpt und K.O. am Laptop sitzend, verschwitzt und vom Regen durchnässt fragte ich mich direkt zu Anfang ob ich mir das alles überhaupt wirklich antun möchte.
21 km 1h35min? Das würde eine Pace von ca. 4min30sek/KM bedeuten. Nun ja, mein Schnitt lag nur eine Minute und 9 Sekunden darüber, also 05min39sek.
Allerdings blendete ich zu dieser Zeit aus mehr als das doppelte laufen zu müssen.
(...Warum auch einen Gedanken darüber verschwenden - mehr als 13km wären zu diesem Zeitpunkt eh nur mit Beatmungsflasche und einer Art "Mobilem Masseur" drin gewesen.)
Die nächsten Tage - bis zu meiner nächsten "ernsthaften Einheit" waren geprägt von Schmerzen im Rechten Knie und einem leichten Ziehen in den Schenkeln. (Wohl auch bekannt als Muskelkater.)
Die ein oder andere Minute im Büro nutzte ich, um einen kleinen Trainingsforecast zu gestalten. Mindestens 200km Laufen und 100km Rennrad sollten es werden. Das Ganze in 2 Monaten.
Das daraus letztendlich nur 173km laufen wurden, und ich damit eigentlich schon fast gut bedient war, zeigt zurückblickend, dass ich anfangs überhaupt kein Gespür für mich und meine Leistungsfähigkeit hatte.
In Anwesenheit meines stetigen Wegbegleiters, der Packung Kippen, fing ich an meinen Kumpels von dem vorhaben zu erzählen.
"Unmöglich" sei es für mich. "Zu undiszipliniert" wäre ich dafür. Eine "Absolut Kranke sache" tönte es aus meinem Freundeskreis, welcher größtenteils aus Fußballern besteht.
APRIL:
Der Trainingsmonat April lief in Begleitung permanenter Knieschmerzen, (mal Links mal rechts) welche offensichtlich durch die Überbelastung entstanden.
Hier mal ein paar Grafiken meines Monats 04/13.
04.04.13 & 19.04.13
27.04.13
Wie oben zu sehen machte ich durchaus Fortschritte. Angetrieben von dem Willen, es mir beweisen zu können kürzte ich meinen Zigarettenkonsum zu jener Zeit von 1Packung/2 Tage auf einen Zeitraum von 1Packung / Woche. Nicht weil ich es mir vorgenommen hatte, sondern einfach merkte das es sich ohne viel besser laufen ließ.
Ebenfalls merkte ich, das es nach einer Nacht mit Alkohol garnicht rund lief. Wenn man den Ersten Lauf mit den weiteren vergleicht, ist dies auch offensichtlich.
Somit hieß das im Umkehrschluss: "weniger Saufen" - oder aber auch - "Nach Alkoholgenuß einfach mal einen Tag Pause einlegen."
Eine Trainingseinheit bestand aus ca. 10km. Mal mehr mal Weniger. Je nach Zeit die ich an diesem Tag aufbringen konnte. (Ein Fehler welcher mir erst am Tage des Marathon bewusst wurde.)
Im April spulte ich ca. 68km ab.
MAI:
Es kam der Mai. "Hey" - dachte ich. "Durchschnitt liegt in der Zwischnzeit stabil bei 4.30min/km"
Ziel war es nun das bisher antrainierte zu behalten und die Beine an mehr KM zu gewöhnen. Dummerweise viel mir schon anfang Mai auf, das ich nichtmal mehr Ansatzweise die 4.30min/km halten konnte. Ich fiel in ein Loch. Beine Schwer, Motivation irgendwie weg. Scheiss Wetter, keine Zeit, usw etc.
Das mit den Ausreden ist ja wie wir alle wissen meist nicht das Problem

Ich reduzierte trotz allem also meine Pace und stieg im Trainingsumfang. 2 Wochen Training. Keines meiner Wunschergebnisse wurde ansatzweise erreicht.
Wie hier zu sehen folgte darauf eine Pause der Motivationslosigkeit.
Lediglich 6 TE im Mai. Inkl. 2 1/2 Wöchiger Pause.
An einem verregneten Sonntag rung ich mich also mal wieder dazu durch einen Lauf zu machen. Die Beine liefen wie am Schnürchen. Luft war super. Ich fühlte mich gut. Somit lief ich am 26.05.13 eine absolut verwundernswerte Zeit auf einer für mich bisher noch nie vorher bewältigten Distanz
Ich fühlte mich - obwohl ich es eigentlich nicht war - gut vorbereitet. 13 Tage waren es noch bis zum Marathon. Bis dorthin wollte ich noch einmal 13km laufen.
Meine letzte Einheit allerdings war mehr als "zum Kotzen".
Eine Erhöhung der Temperatur im Schnitt von +8grad auf 23 Grad brachte mich komplett aus dem Konzept. Der Körper war nach weniger als 10km hinüber. Dazu eine absolut schlechte Pace von 5sek unter Schnitt.
Schande über mich. Gefrustet brach ich nach 9km ab und besinnte mich erstmal auf eine Zigarette und ein Steak beim allwöchentlichen Grillabend. (Das Wetter passte ja jetzt leider.)
Noch 8 Tage bis zum Marathon. "Keinen Schritt mehr laufe ich. Jetzt ist eh nichtsmehr rauszuholen." Meinte ich zu wissen.
Die Raucherei ließ ich die letzten 8 Tage dann aufgrund von Schadensbegrenzung weg. Ausserdem war ich nichtmehr mit den Kumpels "On Tour."
DER TAG war gekommen:
Da war er nun.
Der Tag der Wahrheit.
So richtig nahm wohl niemand wahr wie wichtig es mir war hier heute gut abschneiden zu wollen. (...Nun gut, es wusste auch offen gesagt niemand das der 2. Teil meiner Vorbereitung eher suboptimal lief).
Klischeemäßig verdrückte ich also am Wettkampftag, wie die letzten 3 Tage zuvor ein Paar Nudeln und eine Banane. Lud mein ausgemustertes iPhone noch einmal auf, checkte die Playlist und begab mich langsam aber sicher in die Gedanken in ein paar Stunden mittendrin, statt nur wie die Jahre zuvor, dabei zu sein.
Ich will garkeine Großen Worte verlieren. Das Endresultat war ca. 01h42min. Aufgrund der Tatsache, das es 27 Grad hatte bin ich damit im Nachhinein relativ gut einverstanden.
Nun macht auch ein Blick auf die Werte eigentlich nicht den Eindruck als hätte ich mich an diesem Tag nicht voll im Griff gehabt.
Ich besann mich darauf nicht zu überpacen. Vielleicht einen Tick zu Arg. Nach 16 Kilometern fühlt ich mich sicher.
Dachte - nun wird man die letzten Meter in der City vom Publikum etwas nach Hause getragen. Nunja - eher das Gegenteil war der Fall. Die Beine waren komplett geliefert. An den Wadeninnenseiten Blutete ich aufgrund eines komplett instabilen Laufstils - bei dem ich selbst merkte das mein Rumpf absolut am Ende war lief ich im Ziel ein und wollte einfach für kurze Zeit nur Sterben.
Stehen ging nicht. Liegen ging nicht. Schwindel. Übelkeit... Und die letzten 2 Drinks ISO-Kram hätte ich mir auch sparen können. Ich irrte umher und suchte meine Bekannten. Die Zeit war nun auch nicht so ganz das Wahre. 01h40min hätte es schon sein können. Wetter Hin oder Her.
Die darauffolgende Nacht und der nächste Tag war geprägt von Herzrasen. Leichter Übelkeit und totaler innerer Unruhe.
Ich hatte mir dann wohl - obwohl ich während des Laufs bis fast zum Ende dachte auf der sicheren Seite zu sein - zu viel zugetraut.
…. Die Anmeldung für den Nächsten HM ist schon im Hause angekommen. Ich habe mir vorgenommen die 01.35h tatsächlich zu knacken.
Aber meiner Linie möchte ich Treu bleiben und lediglich aus meinen Erfahrungen lernen. Keine Internet-Lauf und Ernährungstips, keine Einschränkung meines sonstigen Lebens, keine überteuerten Utensilien wie Stutzen, Sonnenbrillen, Pulsuhren oder sonstigen kram.
…Der eigene Körper ist meiner Meinung nach der beste Trainer. Beim nächsten mal werde ich definitiv mehr auf ihn hören und die Anzeichen besser deuten können. Auch eine etwas längere Vorbereitungszeit habe ich mir vorgenommen.