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Wie nach AS-Entzündung weiter trainieren? Ziel: 1h Laufen am Stück

Wie nach AS-Entzündung weiter trainieren? Ziel: 1h Laufen am Stück

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Liebes Forum,

seit einigen Monaten lese ich hier schon mit. Nun brauche ich aber mal euren Rat.

Zuerst zu mir: ich bin eigentlich total unsportlich, 37 Jahre, BMI 25, weiblich. Vor 10 Jahren ( und somit vor der Geburt meiner Zwerge) unternahm ich schon einmal einen Versuch, mit dem Laufen zu beginnen. Brach dann aber wegen Schwangerschaft ab. Nun habe ich vor 17 Wochen einen erneuten Versuch gestartet und bin bisher auch dran geblieben, eigentlich mit viel Freude. Am Anfang habe ich mich schwer getan, es ging nur langsam voran, eine Minute durchlaufen fiel mir schwer. Ich habe innerhalb von 12 Wochen auf 30 min durchlaufen gesteigert, ohne Körperliche Probleme. Es motivierte mich, die Fortschritte zu spüren, auch wenn es wie gesagt nur langsam voran ging. Ich hatte pro Woche meistens zwei Läufe, selten drei, hinzu kam i.d.R. einmal schwimmen (2km in langsamen 60min) und einmal in der Woche Wirbelsäulengymnastik ( nicht Lachen :) ).
Nachdem 30 min bezwungen waren ( mit durchschnittlich 4 km Wegstrecke) wollte ich gerne auf eine Stunde steigern und beschloss auf drei Laufeinheiten in der Woche zu erhöhen. Der Plan war 30-30-30, 30-30-35, 30-35-35, dann 4. Woche wie erste USW. Jedoch habe ich mich wohl irgendwie übernommen, auch wenn das bei dem Umfang seltsam klingt :) . So dass ich seit letzter Woche mit einer Achillessehnenentzündung Kämpfe und nun unsicher bin, wie ich nach Ausheilung mit dem Training weiter machen sollte. Ich muss dazu sagen, dass ich vor den Beschwerden einmal ohne Tag Pause :klatsch: gelaufen bin und auch teilweise etwas schneller unterwegs war und das auch noch bei einem längeren Lauf( aber nur ganz ein klein wenig). also die Frage ist, soll ich , weil ich jetzt dreimal pro Woche laufen möchte, erst einmal dreimal 20 min laufen? Oder wie kann ich den Übergang auf dreimal sanfter gestalten. Ich möchte wirklich nicht schon wieder eine AS-Entzündung riskieren...

Danke fürs Lesen, ist etwas länger geworden...

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Hallo Loewenfrauchen,

aus deiner Beschreibung schließe ich, dass du beim Arzt warst und dein Lauftraining einstweilen unterbrochen hast. Das ist für die akute Phase AS-Sehnenentzündung unerlässlich. Als gleichfalls AS-Geschädigter (chronisch, jedoch nicht vom Laufsport) will ich versuchen dir ein paar Hinweise zu geben.

Zunächst möchte ich dir sagen, dass eine AS-Entzündung (gilt eigentlich für alle orthopädischen Schäden, die ich mir bisher zugezogen hatte und auskurieren musste) nicht ausheilt, wie vielleicht eine Schnittwunde am Finger: Schorf drüber, drunter Bildung neuer Haut, Schorf fällt ab, Sache erledigt. Das Problem bei orthopädischen Schäden ist, dass man die Stelle nach der akuten Phase und nach fortgeschrittenem Heilungsprozess wieder belasten muss. Würde man eine Schnittwunde nachdem der Schorf abgefallen ist sofort belasten, würde man auch spüren, dass da was war, es würde ziehen, mehr oder weniger unangenehm. Und wenn man zu sehr belastet, dann würde die Haut an dieser Stelle wieder aufreißen. Dasselbe passiert auch im Gewebe, egal wie weit der Heilungsprozess fortgeschritten ist. So ist es nach einem AS-Schaden "normal", dass beim Wiedereinstieg ins Training die Sehne wieder zu schmerzen beginnt. Wie sehr hängt davon ab, wie schmerzempfindsam jemand ist und natürlich auch wo der Schaden sitzt (die A-Sehne ist sehr lang) und wie der Heilungsverlauf war. Trotzdem ist es nicht sinnvoll allzu lange mit dem Wiederbeginn zu warten, weil jeder Tag die Rückabwicklung der Anpassung fortschreiten lässt, was letztlich beim Wiederbeginn eine zusätzliche Belastung der AS zur Folge hat. Beim Wiederbeginn kommt es dann darauf an sehr vorsichtig zu Werke zu gehen und keinesfalls zu starke neue Beschwerden zu dulden. Leider ist das Schmerzempfinden sehr subjektiv. Sicher kennst du dich in dieser Hinsicht. Wenn du ein Schmerzheld bist, dann solltest du schon aufhören, wenn ein Meckern der Sehne in einen leichten Schmerz übergeht. Wenn du ein Schmerz-Weichei bist, könntest du dann noch ein Stück laufen ... Es ist eine Gratwanderung.

Niemand kann von dieser Stelle aus sagen, was du tatsächlich verträgst. Ich will mich dennoch nicht aus der Affäre ziehen und dir ein mögliches Programm vorschlagen:

Erste Woche: 3 x 30 min zügiges bis schnelles Gehen (was sagt die Sehne dazu?)
Zweite Woche: 10 min Dauerlauf, 20 min Gehen je 3 x (Beschwerden?)
Dritte Woche: 15 min Dauerlauf, 15 min Gehen
Vierte Woche: 20/10 3 x
Fünfte Woche: 25/5 3x
Sechste Woche: 3 x 30 min Laufen

Das Gehen jeweils NACH dem Laufen, damit du noch in Bewegung bleibst, der Kreislauf noch in Schwung und das Blut noch eine Weile stärker zirkuliert (bessere Nährstoffversorgung der Sehne nach der Belastung).

Neben der dosierten Belastung solltest du weitere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen: Nach jedem Training die Sehne mit einem Eisbeutel (nach Vorschrift auf der Packung, kriegst du im Sanitätshaus) ca. 20 min kühlen. So schnell wie möglich nach dem Training spätestens nach der Dusche. Ziel ist ein Wiederaufflammen der Entzündung zu unterbinden. Darüber hinaus kannst du mit dem alten Hausmittel Quark über Nacht einen Verband machen. Auch das hilft einer Entzündung vorzubeugen (wie das geht findest du auf unsererLaufseite, "Ein Weg zum Marathon", "Teil 7: Marathon und Gesundheit" "6. Selbsthilfe bei Sportverletzungen", auch "6.4 Probleme mit den AS").

Darüber hinaus ist natürlich die Frage zu stellen, wie es überhaupt zu dieser Achyllodynie kommen konnte!? Das von dir erwähnte Pensum sollte dafür nicht ausreichen. Auch nicht, wenn mal zwischen zwei Trainingseinheiten kein Ruhetag war oder du hin und wieder etwas schneller gelaufen bist. Es gilt herauszufinden, wo die Schwachstelle in deinem Körper liegt, die dafür verantwortlich ist. Viele Läufer beklagen Schmerzen an Knien und AS, doch dort ist eigentlich selten das wirkliche Probelm angesiedelt. Das kann ganz woanders liegen. Da du nun schon eine Schädigung davon getragen hast, empfehle ich dir dringend eine Bewegungsanalyse durchführen zu lassen, um die Schwachstellen zu finden und gezielt mit Kräftigungs- und Dehnübungen dagegen vorgehen zu können. Langfristig führt da kein Weg vorbei, weil es ja eine Ursache für die AS-Problematik geben muss und die wird dir ansonsten immer wieder zusetzen. Was eine Bewegungsanalyse ist, kannst du auch auf unserer Laufseite ("Themen für alle Läufer", "Laufband-/Bewegungsanalyse") nachlesen.

Ich wünsche dir alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Lieber Udo,

Vielen lieben Dank für die soooo ausführliche Antwort :danke: .
Ich muss mich wohl etwas in Geduld üben, besonders wenn ich mir deine Empfehlung für die kommenden sechs Wochen so anschaue. Da war ich froh, endlich 30 min am Stück laufen zu können und schon geht's wieder ein großes Stück von weiter vorne los :frown: . Finde ich übrigens Prima, dass du dich nicht aus der Affäre gezogen hast und der Vorschlag klingt natürlich ganz passabel.
Deine Laufseite habe ich schon vor einigen Wochen inspiziert, sie ist sehr informativ und sicher auch sehr arbeitsintensiv. Vielen Dank dafür und auch die direkte Verlinkung bei deiner Antwort dahin.
Der Tipp mit der Bewegungsanalyse ist Super, ich habe mir nämlich wirklich keine Gedanken darüber gemacht, dass die Entzündung eine andere Ursache haben kann. Auch die Ärztin, allerdings Hausärztin, hat mich nicht auf diese Idee gebracht. Werde ich im Auge behalten, habe mich auch schon informiert, wer hier so etwas macht.
Nun würde mich trotzdem noch einmal interessieren, auch wenn es jetzt eh rum ist, wie würdest du den Übergang von zweimal wöchentlich laufen auf dreimal wöchentlich gestalten? Gesamtwochenlaufzeit plus zehn Prozent und dann durch drei teilen gleich Laufzeit pro Einheit für die erste " neue" Woche???

herzliche Grüße, loewenfrauchen

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Loewenfrauchen hat geschrieben:Der Tipp mit der Bewegungsanalyse ist Super, ich habe mir nämlich wirklich keine Gedanken darüber gemacht, dass die Entzündung eine andere Ursache haben kann. Auch die Ärztin, allerdings Hausärztin, hat mich nicht auf diese Idee gebracht. Werde ich im Auge behalten, habe mich auch schon informiert, wer hier so etwas macht.
Nun würde mich trotzdem noch einmal interessieren, auch wenn es jetzt eh rum ist, wie würdest du den Übergang von zweimal wöchentlich laufen auf dreimal wöchentlich gestalten? Gesamtwochenlaufzeit plus zehn Prozent und dann durch drei teilen gleich Laufzeit pro Einheit für die erste " neue" Woche???
Hallo Loewenfrauchen,

noch kurz was zur Bewegungsanalyse: Die kostet ja Geld. Dein Geld. Und der Service dieser Angebote wird von Jahr zu Jahr verbessert oder erweitert. Für die etwa 80 Euro plus/minus darfst du erwarten, dass ...
  • der Durchführende ein ortopädischer Fachmann ist, der dir nicht nur die etwaigen Defizite erklärt, sondern auch Übungen empfiehlt (!!!!), wie man sie abbauen kann.
  • du die Ergebnisse in elektronischer Form mit nach Hause bekommst.
  • deine "Haxen" statisch vermessen und
  • in der Bewegung mit Video aufgezeichnet werden (Messpunkte auf den Beinen, Vermessung, Auswertung am Bildschirm, gerade hier werden die verwendeten Softwaren immer raffinierter!)
  • barfuß und mit Laufschuhen
Hinterfrage vorher die Leistungen, die für das Geld erbracht werden und scheue dich nicht woanders hinzugehen, wenn man dort mehr bietet (auch wenn das vielleicht dann noch ein paar Euro teurer ist). Für mich ist in allen Sachen der Beratung bezüglich des Laufens wichtig, dass der Berater/Tester nicht nur Ahnung von dem hat, was er tut, sondern möglichst selbst Läufer ist. Mein Sportarzt ist z.B. ehemaliger Spitzenläufer. Ich brauche im Prinzip nur zu "grunzen" und auf das malade Körperteil zeigen, dann weiß der schon was es sein kann - überspitzt formuliert. Ich hatte auch bei meiner Bewegungsanalyse das Glück an einen engagierten Läufer zu geraten.

Was deine AS-Geschichte angeht, würde ich - für den Fall, dass es noch einmal notwendig werden sollte - direkt zu einem Sportarzt gehen (kein Orthopäde und kein Allgemeinarzt). Einfach weil Sportärzte alle "Luxuswehwehchen", die vom Sport herrühren, ernst nehmen und mit sportspezifischen Beschwerden auch die meiste Erfahrung haben.

Zweimal pro Woche zu laufen ist im Prinzip ohnehin zu wenig. Das ist eigentlich gar nicht so schonend, wie es sich anhört. Immerhin hast du einmal 2 und einmal 3 Ruhetage dazwischen. In den drei Ruhetagen baut der Körper einen Teil des Trainingserfolges (Ausdauer und orthopädische Anpassung) aber wieder ab. Man kann mit zwei Trainingstagen vorhandene Ausdauer einigermaßen halten (allerdings nicht auf einem höheren Level), aber nur ganz schlecht was aufbauen. Wenn man natürlich bei null beginnt, dann haben zwei Trainingstage auch einen gewissen Erfolg.

Du wirst also nicht übermäßig belastet werden, wenn du gleich auf drei Einheiten gehst. Der sanfte Übergang von der Laufzwangspause zum Laufen wird durch die moderate Trainingslaufdauer bewerkstelligt. Den von mir vorgeschlagenen Wiederaufbau kannst du - falls dir irgendwann die Beschwerden wieder zu stark sind - jederzeit strecken. Du musst keinesweges jede Woche 5 min Laufen draufschlagen pro Einheit. Vielleicht nur bei zwei Einheiten. Oder auch eine Woche einfach mal das Programm der Vorwoche wiederholen. Mein Vorschlag stammt ja nicht aus der Bibel und auch nicht vom Berg Sinai. Es ist einfach Lauferfahrung und gesunder Menschenverstand. Was mir als wichtige Größe natürlich fehlt, ist genauere Kenntnis deines Körpers. Also bitte an meinem Vorschlag orientieren und entsprechend deiner Empfindungen beim Wiedereinstieg anpassen/verändern.

Alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h
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