_Chris hat geschrieben:hrlich gesagt, der Gedanke ist mir natürlich auch schon gekommen, dass ich das Ganze wohl etwas zu schnell und intensiv angehe. ...
Ich hab mich da einfach nach meinem Feeling gerichtet und auch darauf geachtet, dass ich mich nicht völlig verausgabe.
Hallo _Chris,
der mögliche Ausdauerzuwachs ist von sehr vielen individuellen Gegebenheiten abhängig. Manchen Menschen macht es zu Beginn Schwierigkeiten auch nur 10 min langsam zu traben. Und am darauffolgenden Tag fühlen sie sich nicht in der Lage schon wieder zu laufen. Die kämen also gar nicht auf die Idee 4 bis 5 mal die Woche zu Beginn zu laufen. Dann gibt es die anderen, denen der Einstieg leicht fällt. Sie laufen los, sogar relativ flott und nach 20, 30 min sind sie immer noch nicht am Ende. Und tags drauf glauben sie schon wieder gedeihlich trainieren zu können. Können sie vielleicht auch, vielleicht aber auch nicht.
Du gehörst wohl eher in die Nähe der letzten, beschriebenen Personengruppe. Was du vielleicht nicht bedenkst ist folgendes: Beim Laufen und insbesondere beim Laufeinstieg sollte man immer zweigleisig denken. Die eine Richtung betrifft den Ausdauerzuwachs, den man durch das Training anstrebt. An den denken alle und leider die meisten nur daran. Ausdauertraining findet aber unter "Nutzung" des Bewegungsapparates statt und der besteht eben nicht nur aus Muskeln. Muskeln haben die Eigenschaft sich relativ schnell anzupassen, wenn von ihnen mehr Ausdauerarbeit verlangt wird. Binnen zwei, drei Wochen kann man da schon Verbesserungen objektiv nachweisen. Muskeln sind aber über Sehnen an den Knochen festgemacht. Und die Laufbewegung wird über Gelenke umgesetzt. Gelenke sind von Bändern eingefasst. Jetzt habe ich in drei Sätzen vier Komponenten genannt, die für die Laufbewegung elementar wichtig sind - Sehnen, Gelenke, Bänder, Knochen -, die jedoch weit mehr Zeit benötigen als die Muskeln, bis sie den Anpassungsprozess in Richtung mehr Leistung vollzogen haben. Und hier geht es nicht um Wochen, sondern um Monate.
Dazu kommt, dass Muskulatur in aller Regel "meldet", wenn sie überlastet wurde (siehe deine Beschwerden). Sehnen, Gelenke, Bänder und Knochen tun das in aller Regel erst nachdem sie vielfach und sehr lange überlastet wurden. Sehnen- und Kniebeschwerden stellen sich dann "irgendwann" scheinbar völlig ohne Anlass ein.
Es muss nicht so kommen, wenn du in diesem Tempo weiter steigerst und in dieser Frequenz wöchentlich weiter trainierst, aber es kann. Und das Fatale ist, dass dir niemand sagen kann, nicht einmal du selbst, auch wenn du deinen Körper noch so gut kennst, wo genau die Grenze der Überlastung liegt. Daher kann die Empfehlung nur lauten weniger zu trainieren und das Risiko zu senken.
Die übliche Empfehlung für Einsteiger lautet: 3 x wöchentlich trainieren. Vielleicht genügt es für dich schon, wenn du wechselweise einen Tag trainierst und einen pausierst. Das wären dann in einer Woche 4 Lauftage und in der nächsten 3. Was die Steigerung deines Laufpensums angeht, so gibt es da eine Faustformel. Sie lautet: Nie mehr steigern als 10 % pro Laufwoche. Das heißt: Wenn du aktuell - um ein Beispiel in Zahlen zu nennen - bei 15 km bist, dann solltest du in der Folgewoche maximal 1,5 km mehr, gesamt also 16,5 km, laufen. Besser ist aber unter diesem Maximum zu bleiben also vielleicht einen km weiter zu laufen. Das geht auch wenn man nach der Uhr trainiert, dann sind diese 10 % Steigerung auf die Laufminuten anzuwenden.
Natürlich geht diese Steigerung nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag so weiter. Alle 4 Wochen solltest du eine Woche einlegen, in der du deutlich weniger trainierst. Und bei etwa 60 min Laufdauer, sollte man das Training dann abwechslungsreicher gestalten. Aber bis dahin hast du ja noch einige Zeit vor dir.
Noch ein paar Hinweise zum Dehnen: Es mag sein, dass du dich subjektiv gut oder gar besser fühlst, wenn du dich unmittelbar nach dem Laufen dehnst. Objektiv bringt das aber gar nichts. Unmittelbar nach dem Lauf hat deine Muskulatur noch einen erhöhten Muskeltonus (eine Grundspannung) gegen den du dann andehnst und der die beabsichtigte Wirkung verhindert. Wenn Dehnen, dann unabhängig vom Ausdauertraining und mit deutlichem zeitlichem Abstand zu diesem. Es sollte auch nicht verschwiegen werden, dass es bis heute, trotz zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, keinen einzigen Nachweis dafür gibt, dass Dehnen bei orthopädisch gesunden Läufern etwas bringt. Der Fall liegt anders, wenn durch extrem viel Lauftraining (wovon du allerdings weit entfernt bist) oder Vorschädigungen Muskelverkürzungen oder sonstige Probleme vorliegen.
Du schreibst von Dehnübungen für den Rücken. Die Rückenmuskulatur dehnt allerdings niemand. Darunter kann ich mir nichts vorstellen. Und was Kraftübungen angeht: Rücken ist schon eine wichtige Baustelle für Läufer, ebenso aber auch die Bauchmuskulatur, Adukktoren, Abduktoren und Pomuskulatur. Man sollte mehrere Übungen dafür ins Programm nehmen. Ich will aber auch in dieser Hinsicht die Kirche im Dorf lassen: Die meisten Läufer mit normalem Laufpensum betreiben kein Krafttraining und haben trotzdem keine Probleme.
Viel wichtiger für Einsteiger ist methodisch sinnvoll bei der Ausgestaltung ihres Ausdauertrainings vorzugehen. Und das heißt: Zu Anfang nicht zu oft trainieren und nicht zu schnell das Pensum pro Laufwoche steigern!
Alles Gute
Gruß Udo