ostone hat geschrieben:
Ich werde also einfach mein Training abwechselungsreicher gestalten und auch mal den/das ein oder anderen/anderes Tempolauf bzw. Intervalltraining einbauen. Dann macht das sicher auch noch mehr Spaß. Und vielleicht werde ich dann sogar noch etwas schneller.
Und mehr trainieren. Wie sieht es aus mit der 4. Einheit? Auch nur 25 min können helfen. Ist das jede 2. Woche drin?
Wichtig ist: Nie lange komplett mit dem Training aussetzen, wenn es vermeidbar ist. Auch die klassischen Saisonpausen/Regenerationsphasen sind bei Wenigtrainieren nicht zwingend nötig.
ostone hat geschrieben:
Eine Sache noch, die mich beim Leistungstest etwas zum Nachdenken angeregt hat und die auch durch die bisherigen Beiträge nicht ausgeräumt werden konnte... Wenn ich sehr schnell einen hohen Laktatwert in den Muskeln habe, übersäuern diese doch auch ziemlich schnell. Das heißt für mich, dass die Energiebereitstellung nicht mehr so effektiv abläuft, oder?
Was hoch ist, ist relativ. 3 oder 4 mmol sind nicht hoch. Ich komme ja von der Mittelstrecke und daher würde ich hoch erst im zweistelligen Bereich ansetzen, denn da liegt man nach einem voll gelaufenen 400m oder 800m Lauf, es kann bis 20 mmol hochgehen. Es ist aber durchaus möglich, nach einem 800m Wettkampf keinen Muskelkater zu haben - denn der wird nicht durch Laktat verursacht.
Laktat ist kein Gift, sondern ein Stoffwechselprodukt, das nach neueren Erkenntnissen sogar selbst als Energielieferant dienen kann. Übersäuerung bedeutet nicht, dass irgendwas schlimmes oder gesundheitschädliches in deinem Körper passieren würde, sondern nur, das mehr Laktat messbar ist.
Es konnte bisher auch nicht nachgewiesen werden, dass Laktat langsamer macht oder Müdigkeit verursacht.
Mehr Laktat bedeutet ist im wesentlichen ein Zeichen für intensivere Belastung. Intensivere Belastungen machen schneller müde. Der Laktatpegel kann auch ein Hinweis auf den Stoffwechselmix sein (Pi mal Daumen Je mehr Fett als Energieträger herangezogen wird, desto weniger Lakat beim selben Tempo), aber mit Details muss man sich gar nicht unbedingt belasten. Denn durch mehr Training wird deine Energiebereitstellung effizienter. Also: Je mehr training, desto besser läuft dein Motor, desto weniger verbraucht er.
ostone hat geschrieben:
Und sollte ich dann nicht eigentlich nach jedem Lauf Muskelkater haben?
Weil laut Theorie ja Muskelkater:
a) durch Mikrotraumen oder
b) durch zu viel Laktat, weil sauer
Hattest du bisher nach jedem Lauf Muskelkater ? Nein, oder?
a) ist die aktuelle Theorie. b) ist schon ganz lange überholt. Vergiss sie.
Du kannst die Muskelkater auch mit sehr niedrigen Laktatwerten holen, einfach durch ungewohnte Bewegungen. Ich hatte schon Muskelkater von langen Bergwanderungen ohne Stöcke, obwohl die eher gemütlich und einfach waren.
Wenn du 15km sehr langsam läufst, wirst du möglicherweise sogar mehr Muskelkater bekommen als bei etwas flotterem Tempo. Denn deine Bewegungen sind bei langsamem Tempowomöglich weniger rund, du bist das Tempo nicht so gewöhnt. Das könnte übrigens auch ein grund für die "hohen" Laktatwerte in der Leistungsdiagnostik sein. (Leider kommen die Diagnostiker da meist nicht drauf, dafür sind die meist zu betriebsblind.)
Ein Problem der Sportwissenschaft ist, dass sie dazu neigt, die Parameter, die man leicht messen kann, übermäßig wichtig zu nehmen und falsch zu interpretieren.
Als man aerobe und anaerobe Anteile der Energiebereitstellung messen konnte, versuchte man da alles mögliche reinzuinterpretieren. Jahre später stellte sich heraus, dass man vieles falsch gemesen hatte und die Interpretationen sehr zweifelhaft waren.
Als man VO2 max messen konnte, versuchte man das diesen Parameter zum wichtigsten zu machen, hat auch nicht richtig funktioniert.
Als man das Laktat messen konnte, wurde das zum Bösewicht, den man für alles von Müdigkeit bis Muskelkater verantwortlich machen wollte - es hat sich als falsch herausgestellt. Man baute eine Schwellentheorie auf Laktatmessungen auf - die gilt heute auch als sehr fragwürdig, aber viele Diagnostikern benutzen sie dennoch weiter.
Wissenschaft wird zur Pseudowissenschaft, wenn man nur noch die Erkenntnisse beachtet, die zur eigenen Theorie passen. Man muss kritisch und skeptisch bleiben und darf nicht nur dem glauben, was der Puls- oder Laktatmesser sagt. Vor allem braucht man sehr viel Hintergrundwissen um Messergebnisse richtig zu interpretieren. Dieses Wissen fehlt nach meiner Erfahrung leider vielen Diagnostikern. Das ist bei näherer Betrachtung auch nicht so ungewöhnlich, im Sportstudium gibt es extrem viele Themen, Ausdauersport ist nur ein Teil, davon ist der Laufsport wieder ein spezieller Teil, auf den sich Erkenntnisse aus anderen Sportarten nur bedingt übertragen lassen.
Das ist leider auch ein gängiger Fehler, es werden Erkenntnisse aus dem Schwimmen, Radfahren oder Skilanglauf falsch auf das Laufen übertragen. Der große Unterschied ist, dass diesen Sportarten die Belastung fehlt, die durch die vielen kleinen Sprünge und Landungen beim Laufen ergibt.
Gruß
C