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42,2 km durch Italiens kulinarische Hauptstadt - Bologna Marathon 2024

42,2 km durch Italiens kulinarische Hauptstadt - Bologna Marathon 2024

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Ich habe bisher nur beste Erfahrungen bei meinen bisher vier norditalienischen Marathons gemacht (zweimal Florenz, Treviso und Ravenna) und daher wollte ich, nach einigen Jahren Abwesenheit, die Region wieder einmal unter die Beine nehmen. Da ist mir dann der Bologna Marathon ins Auge gesprungen; wir waren noch nie in dieser Stadt und haben aber von allen Seiten nur das Beste darüber gehört - auch sind es keine 5 Autostunden von Innsbruck, und so war es schnell beschlossen.
Im ausdauersportbegeisterten Italien und in so einer großen Stadt (ca. 400.000 Einwohner) mag dies übrigens verwundern, aber: Dies ist eine extrem junge Veranstaltung! Die erste Austragung wäre 2020 gewesen, diese und der Termin 2022 sind aber Covid zum Opfer gefallen, und so fand der Bologna Marathon 2024 erst zum dritten mal statt.

Anmeldung:
Nicht so problemlos wie anderswo. Seit mehr als zehn Jahren gibt es in Italien ja schon recht strenge Teilnahmerichtlinien für öffentliche Sportveranstaltungen; da ich bei keinem Verein bin musste ich mich also zuvorderst wieder einmal bei runcard anmelden, um als Ausländer startberechtigt zu sein (€15,-- pro Jahr). Die eigentliche Anmeldung erfolgt dann wie für viele italienische Läufe über das Portal ENDU; dort wird bezahlt und man muss die runcard-Daten sowie ein medizinisches Zertifikat hochladen. Mit dem Zertifikat hat das etwas gehakelt; meines vom November-Marathon in Frankreich wollten sie nicht akzeptieren; das extra augefüllte mit dem Formular von der ENDU-Webseite wurde zwar vordergründig akzeptiert, war dann aber als ungültiges "anderees Dokument" im Profil ... nach zweiwöchigem email-Verkehr konnte ein Mitarbeiter vom Bologna Marathon das dann aber bereinigen.
Hier muss dazugesagt werden, dass ich mich für eine "kompetitive" Teilnahme entschieden habe - das heißt, ich scheine in der Ergebnisliste auf und es werden Zwischenzeiten genommen. Es gibt daneben eine billigere "nicht-kompetitive" Teilnahme, für die man weder Runcard noch medizinische Zertifikate benötigt. Eine Endzeit wird aber dennoch gemessen und veröffentlicht! Wer also aus rein touristischen oder persönlichen Gründen so einen Lauf absolvieren will, der ist mit dieser Variante günstiger bedient und hat noch dazu wesentlich weniger bürokratischen Aufwand.
Das Startgeld ist mit €60,-- für deutschsprachige Verhältnisse ein Schnäppchen (wie meist in Italien), sogar mit der Runcard. Dazu bekommt man in Bologna (wie fast immer im Süden) auch ein Funktions-Erinnerungsleibchen mitgeliefert; der Rest vom Startpaket waren ein paar Kostproben (darunter ein Stück Parmesan!) und Gutscheine. Wie die italienischen Veranstalter es schaffen, mit solchen Startgeldern ihre Läufe zu finanzieren ist mir ein Rätsel. In München oder Wien ist man schnell einen dreistelligen Betrag los ohne dass es auch nur irgendein nennenswertes Startgeschenk gäbe, von einem Funktionsleibchen ganz zu schweigen ...

Teilnehmer:

Es gibt mehrere Veranstaltungen und Distanzen (auch Kinderläufe etc); am Haupt-Veranstaltungtermin Sonntag sind es dann drei Rennen: Ein Halbmarathon mit diesmal ca. 2.400 Finishern, ein 30km-Lauf mit ca. 1.200 und der eigentliche Marathon mit ca. 1.100 - dazu noch die "nicht-kompetitiven", die aber in einer deutlichen Minderzahl sind (über die Volldistanz waren es ca. 150). Der weitaus größte Teil kommt aus Norditalien; obwohl Bologna touristisch sehr interessant ist hält sich die Zahl der teilnehmenden Ausländer in engen Grenzen - evtl weil die Veranstaltung noch so jung ist.

Die Strecke:
https://www.bolognamarathon.run/42Km_Bo ... hp?lang=en
Start und Ziel sind an bzw. auf der Piazza Miaggore, dem Hauptplatz in der Mitte der Altstadt. Die ersten fast 10km geht es auf einem ziemlichen Zickzack durch diese Altstadt; dann nach Südosten in die Außenbezirke wo bei km14 an einem Wendepunkt der höchste Punkt des Kurses erreicht ist. Danach folgen eher fade Kilometer nach Norden und später Westen durch die von Neubauten und Infrastruktur dominierten Außenbezirke. Bei km25 trennen sich die 30km-Läufer von den Marathonis und laufen weiter westwärts, während die Marathonis noch eine Schleife nach Norden einbauen, durch größtenteils fades Gewerbegebiet oder überhaupt Freiland. Bei km32 ist der nördlichste Punkt erreicht, ab hier geht es recht geradlinig zurück nach Süden ins Stadtinnere (gerade unterbrochen von einer Kontroll-Wendeschleife bei km 33). Ziemlich genau bei km39 laufen dann die 30km- und die 42,2km-Schleife wieder zusammen und ab hier ist der Kurs dann auch wieder innerstädtisch; in der eigentlichen Altstadt sind aber dann nur die letzten 2km.
Von den Neigungen her ist alles recht zahm; Bologna ist allerdings bei weitem kein "flachgebügelter" Kurs sondern ich würde sagen, dass zumindest die Hälfte der Strecke aus jeweils sanften Steigungen und Gefällen besteht - einerseits, weil Bologna selbst, am Rande der Nordausläufer des Apennin gelegen, ein stetes Gefälle Richtung Norden aufweist; andererseits weil jede Menge Autobahnen und Eisenbahnen unter- oder überquert werden müssen; die steilsten Abschnitte sind demnach auch Unter- und Überführungen. Es sind jedoch bis auf eine einzige Rampe keine echten Rhythmusbrecher dabei. Auch von den Kurven her ist die Strecke nicht auf Bestzeit ausgerichtet, da sind auch abseits der zwei 180°-Wendepunkte jede Menge scharfe Kurven zu bewältigen.
Vom Straßenbelag her ist der Innenstadtteil - also ca. ein Viertel des Kurses - der schwierigste, mit typisch italienischem Pflaster wie man das z.B. auch von Florenz kennt; die Bereiche außerhalb sind großteils sehr angenehm zu laufen. Ein halbes Auge auf den Belag sollte man jedoch immer haben, auch auf schurgeraden asphaltierten Stücken lauern hin und wieder Stolperfallen wie dezimetertiefe Schlaglöcher oder Bodenschwellen.
Was mich am meisten überrascht hat war die mangelnde Zuschauerunterstützung - da darf man sich in Bologna nichts erwarten; sogar dort wo jede Menge Menschen am Streckenrand waren wie in der Altstadt bekommt man praktisch keine Anfeuerung. Kinder am Straßenrand, die die Hände zum Abklatschen entgegenstrecken? - Fehlanzeige. Im Gegenteil, man kommt sich da teilweise sogar als Störenfried vor; gerade im letzten Streckenviertel waren die Straßensperren und Absperrungen nur rudimentär und da versuchten doch des öfteren Auto- oder Rollerfahrer, die Laufstrecke zu queren, aus- oder einzuparken oder sogar sich unter die Läufer zu mischen, unter wütendem Schimpfen der Ordner, die aber anscheinend keine Handhabe hatten da einzugreifen. Im Schlendergang querende Fußgänger in der Altstadt waren da noch das gerinste Problem.

Organisation:
Da kommt Bologna nicht an manch andere Läufe heran; ich schreibe das einmal unter anderem der noch sehr geringen Tradition der Veranstaltung zu. Die Marathonmesse war ehrlich gesagt ein Witz - allerdings war die Ausgabe von Nummer und Startpaket sehr effizient und rasch. Die Startaufstellung war ok, allerdings waren die Toilettenanlagen zu konzentriert, hier wären mehr verteilte Standorte besser. Die Zeitnehmung erfolgt mittels Einwegchips wie üblich, mit Zwischenzeiten bei km 14, 24, 33 und 39, allerdings hat man aus unerfindlichen Gründen auf eine HM-Matte verzichtet. Die Verpflegungsstände waren ok, allerdings sehr kurz - ich bin bei den schnelleren Läufern; im dichteren Verkehr später muss es da zu Drängeleien gekommen sein. Die Laufstrecke war nicht immer ganz eindeutig ersichtlich - ich hatte an den kritischen Punkten zum Glück immer einen Kollegen vor mir aber ich habe mitbekommen, dass diese Vorderleute sich nicht immer sicher waren wo sie hinsollten. Auch das Absperren von möglichen Abschneidern war sehr mangelhaft. Und dass sich motorisierter Verkehr auf die Laufstrecke "verirrt" - das kennt man eigentlich von Dorfläufen (obwohl mir das selbe auch schon beim Nantes-Marathon 2022 aufgefallen ist) und ist eigentlich ein absolutes no-go.
Und der Ziel- und Verpflegungsbereich war extrem kurz gehalten, da gab es nur wenig Platz um zu plaudern oder sich ein wenig zu dehnen - ein richtiger Schlauch, wo man recht schnell durchmusste weil ja nach hinten raus immer mehr Läufer ins Ziel kommen.
Es gab in ca. 1km Entfernung die Möglichkeit zu Duschen (im öffentlichen Bad); das habe ich jedoch nicht ausprobiert und kann dazu nichts sagen. Auch den Kleiderbeutelservice musste ich dank warmer Temperaturen nicht in Anspruch nehmen; sollte aber - da kein Transport nötig - gut funktioniert haben.
Zum Positiven: Als Marathoni begrüße ich es immer, wenn ich unter meinesgleichen starte - das ist in Bologna recht gut gelungen. Der Start für die Halbmarathonis erfolgt um 08:45; der für die 30km und Marathonis dann gemeinsam um 09:15. Da die Tempoplanung der 30er doch viel ähnlicher ist, ist das eigentlich bei einer Veranstaltung dieser Größe sogar ein plus, weil man dadurch zumindest bis km25 ein paar Kollegen mehr auf der Straße hat. Ein weiteres Plus ist die Anzahl der Pacemaker - da hat man sich nicht lumpen lassen; es gab sowohl 9 Gruppen von Pacemakern für den Marathon (startend bei Zielzeit 3h00 in 15min-Schritten) als auch 6 Gruppen für die 30er, startend bei Zielzeit 2h00, ebenfalls in 15min-Schritten. Da jede dieser Gruppen mit zumindest drei Läufern bestückt war, waren also ca. 50 Pacemaker in unserer Startaufstellung dabei! (Auch im HM waren 4 Gruppen unterwegs, also in Summe über 60!). Die zusätzlichen Zielzeiten für die 30km haben auch den Vorteil, dass sie sich nicht mit denen der 42,2km decken - so war ich einige km mit den 2h15-Pacemakern unterwegs, die mit ihrer 4:29er Pace schön in die Lücke zwischen 3h00 und 3h15 passten. Ebenfalls positiv: Das Wasser bekommt man in kleinen Flaschen, das ist zum Trinken doch wesentlich angenehmer als die Becher. Und die Verpflegungsstationen waren nicht nur 2-300m im Vorhinein angekündigt, sondern auch klug platziert - also nicht genau bei den Kilometerschildern, sondern immer so, dass man davor eine schöne, übersichtliche Gerade hatte um sich einzuordnen.
Und um etwas Fadesse aus den Außenbezirken zu nehmen, hat man sich um ordentlich Musikuntermalung bemüht; als Besonderheit hier mag gelten, dass das hauptsächlich Blasmusikkapellen waren - zumindest zehn davon sind mir aufgefallen, alle voll uniformiert. Die meisten schmetterten flotte Märsche oder Klassiker, was für das gewisse DonCamillo-Gefühl sorgte, aber auch modernere Weisen wurden angestimmt (an einem Eck wurde "The Final Countdown" massakriert, sehr amüsant).
Zu guter letzt ist die Startnummer am Sonntag auch eine Fahrkarte für alle regionalen Öffis, wovon man heutezutage aber ohnehin ausgehen kann.

Mein eigener Lauf:
So früh im Jahr bin ich schon seit Ewigkeiten keinen Marathon mehr gelaufen (das letzte mal 2012 in Barcelona). Mein Trainingszustand ist momentan eher so-so; nach Nizza-Cannes hatte ich eine schöpferische Pause und speziell das teils sehr kalte Jännerwetter hat dazu geführt, dass meine absolvierte Kilometerzahl nicht besonders hoch ist. Abgesehen davon steht Anfang April schon der nächste Marathon ins Haus (Southhampton), und daher bin ich an Bologna von vornherein eher defensiv herangegangen - 5 Wochen Abstand sind zu gering als sich da voll reinzuhängen. Ich hatte mir sogar überlegt, nur die 30km zu laufen (und die dafür so schnell wie möglich), aber da hat sich dann der Marathonläufer in mir gesträubt!
Den Wecker hatte ich auf gemütliche 05:40 gestellt und daher mein leichtes Frühstück schon lange verdaut, als ich mich um 08:30 auf den Weg von unserem Appartement zum Startareal machte. Ausgestattet mit kurzer Hose, Singlet und den schon bewährten Endorphin 2 pro. Die Wettervorhersagen waren alle von Regen ausgegangen doch es hatte trockene 12°C! Die etwas zweieinhalb Kilometer waren gerade recht um auf dem Weg locker zu dehnen und ein bisschen einzutraben - auf der Hauptstraße kam mir dann auch schon das Feld der Halbmarathonis entgegengestürmt.
Die Abläufe im Startbereich waren sehr entspannt, bis auf den Platzsprecher waren die Italiener alle recht ruhig - der Block A, dem ich zugeteilt war, war so locker gefüllt dass ich noch recht gut nachdehnen konnte; ansonsten bemühte ich mich darum den Puls tief zu halten. Auffällig war die bereits erwähnte Unzahl an Pacemakern mit bunten Ballons (blau für den Marathon, rot für die 30km, analog zu den Farben der Startnummern). Als der Startschuss knallte, setzte sich alles recht gemütlich in Bewegung, es gab eigentlich keinerlei Gedrängel oder Geschubse - ich ganz am Ende des Block A.
km0-14:
Die ersten 600m verliefen schnurgerade nach Norden auf der Via dell'Independenza; dann ein 90°-Knick nach rechts und auf der noch breiteren Via Irnerio ostwärts. Ich hatte mich bereits im Startblock rechts aufgestellt und war daher auf der Innenbahn; auf der langen Gerade überholte ich in Folge die 3:30 Pacemaker und reihte mich knapp hinter der 3:15-Gruppe ein. Bei km1,5 dann die erste wirklich scharfe Kurve und ab hier wurden die Straßen enger und holpriger; jetzt ging es ernsthaft hinein in die Altdtadt. Zum Glück hatte sich das Feld da bereits sehr sauber durchsortiert; ich kann mich eigentlich an kaum einen Lauf erinnern wo so wenige offensichtlich falsch eingeordnete Läufer unterwegs waren! Das hat evtl auch damit zu tun dass es keine Staffel gab. Jedenfalls ein Glück, denn das Überholen wäre bei der Dichte des Felds schwierig gewesen - so aber liefen wir zwar dicht an dicht aber alle sehr gleichmäßig und daher problemlos. Nur Seitenwechsel war keiner möglich; war man rechts blieb man auch rechts, daher nahm ich die Kurven abwechselnd auf der Außen- und Innenbahn. Südlich des Altstadtkerns ging es dann auf den wieder breiteren Straßen Santa Stefano und Carlo Farini westwärts und zur ersten Verpflegung, wo ich mir ein paar Schlucke Wasser gönnte. Dann "bergan" zur Porta Saragozza ca. bei km 6 (von der alten Stadtmauer stehen größtenteils nur mehr diese Tore) und über die Via Saragozza wieder ostwärts. In diesem Abschnitt überholte ich langsam die 3:15 Pacemaker; sofort war der "Verkehr" merklich lockerer und ich begann etwas zu beschleunigen. Jetzt hatte man auch etwas Zeit die Stadt zu bestaunen - Bologna ist eigentlich fast überall sehenswert und hat mit seinen kilometerlangen Arkaden- und Laubengängen und den durchgängigen Terrakottafarben einen ganz eigenen Charakter. So ca. bei km8 - da waren jetzt auch einzelne Villen am Straßenrand - näherte ich mich langsam der 2h15-Pacemakergruppe für die 30km, und an die hielt ich mich auf den nächsten Kilometern. Bei km10,5 der nächste Wasserstand; wieder schnappte ich mir eine Flasche. Mit vielen Richtungsänderungen und ständigem leichten auf und ab ging es dann rauf zum Wendepunkt bei km 14, dem höchsten Punkt der Runde (80m Seehöhe) im Süden der Stadt. Die Zwischenzeitmatte passierte ich als 133. nach 1:01:21, das wäre eine Pace von 4:22 auf den ersten 14km gewesen was vermutlich nicht ganz stimmt - ich war ja mit der 2:15er Gruppe unterwegs, und die war laut deren eigenen Gesprächen nur ein paar Sekunden unter ihrer geplanten Durchgangszeit, also maximal eine pace von 4:29. Wenn man meine 16 Sekunden Startverzögerung einberechnet (Unterschied netto/brutto), dann war ich bis dorthin also maximal mit 4:25 unterwegs gewesen, eher aber noch langsamer - wie üblich dürfte einfach die Position der Kontrollmatte nicht genau gewesen sein.
km 14-24:
Die folgenden Kilometer waren außerordentlich ereignisarm ... ich hielt mich immer im Umkreis der 2:15er Pacemaker auf; es war sehr angenehm zu laufen, wenn uns auch ständig ein leichter Nordwind ins Gesicht blies. Die Umgebung war langweilig, aber die Straße gut - eine Erholung nach den verschiedenen Pflasterungen in der Innenstadt! Zusätzlich geht es nach Norden ja auch leicht bergab, es war also alles sehr entspannt. So ab km 17 begann ich mich ein wenig von der 2:15er Gruppe abzusetzen - anfangs hörte ich noch deutlich das Getrappel hinter mir aber bald war es recht ruhig. Vor mir waren immer wieder vereinzelte Läufer unterwegs; letztlich holte ich kurz vor der HM-Marke einen ein mit dem ich dann zwei km gemeinsam laufen konnte - ein älterer (M60) Teilnehmer aus Ligurien, der auf den Triathlon in Nizza trainiert. WIr kamen drauf, dass wir schon einige Marathons gemeinsam hatten (er ist unter anderem schon 5 x Nizza-Cannes gelaufen) und plauderten auch ein wenig über Organisation und so. Vor km 23 löste ich mich dann langsam von diesem Kollegen (mittlerweile ging es westwärts, immer noch durch Außenbezirke der Stadt). Kurz vor km24 kam ich bei unserem Appartement vorbei, wo mir die Elisabeth ein Fläschchen Wasser zusteckte - wäre nicht notwendig gewesen, da es ja ohnhin an jeder Station Flaschen gab, aber das hatte ich vorher ja nicht gewusst.
Die Matte bei km24 passierte ich nach 1:48:46; das wäre nur eine 4:44er pace seit km14 gewesen - nachdem ich in diesem Zeitraum aber die 2:15er Gruppe deutlich hinter mir gelassen hatte kann das unmöglich sein - wie vermutet; die Positionierung der Matten war einfach ungenau angegeben. Anhand der 2:15er Pacemaker habe ich mir danach jedenfalls ausgerechnet: Die HM-Marke sollte ich ziemlich genau nach 1h34min überquert haben. An sich natürlich komplett egal, mir ist so etwas nur im Nachhinein wichtig zur Beurteilung der Leistung. Nichts zu deuten gibt es am Rang; ich war dort als 127. durch und hatte also sechs Positionen gutgemacht seit km14 (unter den Marathonis; 30km-Läufer hatte ich natürlich wesentlich mehr überholt).
Zusätzlich positiv aus meiner Sicht: Ich hatte der Elisabeth gesagt, dass ich ca. um 11:00 bei ihr vorbeilaufen würde wenn alles gut ginge - das Foto von mir hat sie dann tatsächlich genau um 11 Uhr geschossen! Ich laufe ja immer ohne Uhr, und da ist es fein, wenn man sich auf sein Gefühl gut verlassen kann. km 24-33:
Erst kam eine langgezogene Unterführung und bald danach einer der seltsamsten Wegabschnitte, eine Rampe hinauf zu einem sehr verwinkelten Labyrinth zwischen Betonsäulen durch, zwischen die stellenweise mit Absperrbändern künstliche Hindernisse eingebaut worden waren - so ging es über die Via Stalingrado und danach wirder runter auf normales Bodenniveau. Dort verabschiedete ich mich von den 30km-Läufern; die durften geradeaus weiter westwärts, die Marathonis bogen erneut nach Norden ab, raus aus der Stadt und rein in den Gegenwind. Ich war jetzt ziemlich solo am Weg; pro Kilometer überholte ich nur jeweils einen Kollegen - zwischen km 28 und 30 dann genau gar keinen mehr. Danach dafür hatte ich plötzlich eine Gruppe vor mir; kurz vor der Verpflegungsstation 500m weiter hatte ich diese vier oder fünf Kollegen eingeholt - und die blieben alle dort stehen?! Ich schnappte mir ein Gel und eine Wasserflasche und machte mich wieder allein auf den Weg. Das war der langweiligsgte Streckenteil; das Land ist dort bereits sehr flach, und die Umgebung wenig reizvoll - ein paar Gewerbe- oder Industriebauten, ein paar noch unbewachsene Felder, ein paar Autobahnböschungen ... das hat mich dort sehr an die Nordschleife beim Laibach-Marathon erinnert, die ebenso reizlos ist. Ab km31 konnte ich weitere Kollegen überholen; jetzt ging es über die Eisenbahn und dann zum nördlichsten und auch tiefsten Punkt der Runde (Seehöhe 20m) - ab hier wieder leicht rauf (das Ziel liegt auf 70m) aber ehrlich gesagt war dieser Rückweg nach Süden trotzdem angenehmer - abgesehen davon, dass man einfach weiß, dass es jetzt wieder aufs Ziel zugeht statt davon weg, hatte man auch die Hügel als Blickfang im Hintergrund und den Wind jetzt im Rücken statt im Gesicht. Aus einer Einfamilienhaussiedlung ging es raus auf die Via Cristoforo Colombo, wo man ca. bei km 33 wie bei km14 eine Kontrollschleife samt 180°-Wende eingebaut hatte - die passierte ich nach 2:26:42; das wäre seit der 24km-Matte eine pace von 4:12 gewesen - wie erwähnt, das stimmt sicher nicht, dass ich davor mit 4:44 und plötzlich mit 4:12 unterwegs gewesen sein soll - etwas schneller war ich vermutlich geworden, aber sicher nicht schneller als 4:20! Wieder hatte ich Positionen gutgemacht, vom 127. Rang bei km24 auf nunmehr Rang 113 - von diesen 14 wohl allein fünf oder sechs bei der Verpflegungsstation km30!
km 33-39:
Die sehr breite Straße dort war abgenehm zu belaufen; noch dazu führt die über ca. 500m schnurgerade auf die bekannte Wallfahrtkirche San Luca zu, die wir am Vortag noch über den beeindruckenden Säulengang erklommen hatten. (Wer sich für Radsport interessiert, heuer soll dort die zweite Etappe der Tour de France enden! - schaut euch das an, unglaublich steil mittendrin). Ansonsten war auch dieser Streckenabschnitt eher fade; hin und wieder kommte ich Kollegen überholen aber ich fand nie jemanden der mein Tempo halten konnte. Wieder unter der Eisenbahn durch, über die Autobahn, unter der Eisenbahn durch, an der Pferderennbahn vorbei ... ich achtete ein wenig auf Atmung und Schrittrhythmus - mehr um was zu tun zu haben als aus Notwendigkeit; ich hatte ja nicht vor mich zu verausgaben und spulte einfach Kilometer um Kilometer ab. Dann wurde es endlich wieder innerstädtischer, sodass man auch was fürs Auge hatte. Ein bisschen aufpassen musste man auch; bei km38 erreichten wir die Via Gobetti, ein sehr breites Konvolut aus Gehsteigen, Radwegen und mehrspurigen Fahrbahnen, die nur ungenügend abgesperrt waren, so dass auch Radler, Roller und Autos dort ungterwegs waren - durch die Breite der Anlage und die wenigen Teilnehmer war auch nicht unbedingt klar wo genau man hier eigentlich laufen sollte, nur die ungefähre Richtung (zur Innenstadt!). Generell wurden die Absperrungen immer weniger, je weiter das Rennen gedieh - so als hätten die Veranstalter micht mehr genug Helfer und Absperrband gefunden, um auch die letzten Kilometer vollzählig zu besetzen. Dieser unübersichtliche Streckenabschnitt war ca. 400m lang, es war aber kein echtes Problem sich zurechtzufinden - ich hätte mir nur eine klarere Streckenführung gewünscht! Bald danach erreichte ich die Stelle, wo der Marathonkurs in die 30km-Schleife mündete - hier waren wieder mehr Leute am Weg. Gleich danach wieder eine Kontrollmatte ("km39"), dich ich nach 2:52:52 passierte, das wäre eine pace von 4:21 seit der vorigen gewesen und deckt sich gut mit meiner persönlichen Einschätzung. Die 30km-Läufer, die wir hier trafen, waren folglich natürlich solche, die über 3h für die Strecke benötigten, dementsprechend gab es da wenig Kontakt sondern man rannte einfach flott vorbei - ich hatte jedoch davor auch noch fünf "echte" Konkurrenten üpberholt und war nunmehr auf Rang 108.
km 39 - 42,2:
Durch eine letzte große Unterführung querten wir die Eisenbahn - die lange Rampe dahinter wieder rauf bewältigten alle 30er nur gehend; auch einige Marathonis hatten hier Probleme und mussten gehen oder sogar stehenbleiben. Gleich danach ging's links ab und hinein in die Altstadt, auf wechselhaftem Belag mit vielen Unebenheiten - was mit müden Beinen immer eine Herausforderung ist! Auf der Karte scheint es übrigens von km 40,5 bis 41,5 schnurgerade nach Süden zu gehen; in Wirklichkeit sind die Straßen aber doch immer leicht abgewinkelt sodass man nicht wirklich weit nach vorne sieht. Recht eng war es auch, was tatsächlich stellenweise anspruchsvoll war - an einer Stelle wollte ein Autofahrer rückwärts in die Laufstrecke hineien ausparken; ein paar Meter weiter schob ein junger Mann seinen großhubigen Roller so knapp vor mir über die Fahrbahn dass ich abbremsen und mich mit den Händen an seinem Topcase abstützen musste. Dazu waren dort auch Unmengen von Fußgängern am Weg, von denen sich kaum wer für uns Läufer interessierte! Ziemlich genau bei km41 querten wir die Via Ugo Bassi, über die man nach Osten einen schönen (aber kurzen) Blick auf Bolognas Wahrzeichen, den Asinelli-Turm, erhaschen konnte. Für viel mehr war nicht Zeit, man musste dort echt konzentriert laufen - aber letztlich war ich gut drauf (ich überholte auch ständig noch weitere Kollegen) und es war reine Routine, die letzten zwei Kurven sicher zu kratzen und dann die Petronio-Basilika entlang den bunten Zielbogen zu erreichen - Zielzeit netto 3:06:47; 93. Gesamtrang, 89. bei den Männern und 3. in meiner M55 (die etwas über 200 Finisher hatte, ziemlich gehobenes Altersniveau bei nur knapp über 1.000 Marathon-Finishern insgesamt!); pace auch auf diesen letzten Kilometern 4:21. Dass ich auf den letzten 3km noch 15 Leute überholt hatte fand ich recht erstaunlich aber es war soviel los dass ich da wohl wirklich nicht alles im Auge hatte!
Im Ziel schnappte ich mir schnell die schwere Medaille, zwei Bananen, etwas Wasser und einen Proteinriegel und traf mich dahinter mit meiner Elisabeth - ein feuchtes Handtuch zum Abreiben, ein frisches T-Shirt und Hose, und dann ging's ab in eine ruhigere Seitengasse zu einer ordentlichen Mahlzeit (zum Glück kriegten wir einen kleinen Tisch, die Stadt war wirklich sehr sehr voll ...) und dann in die Unterkunft!
Fazit:

Aus persönlicher Sicht - ein sehr kontrolliert gelaufener Marathon, erstmals seit langem wieder einmal mit einem negativen Split. Also bin ich durchaus zufrieden, auch wenn ich letztes Jahr drei schnellere gelaufen bin - mit einer besonders guten Zeit war diesmal einfach nicht zu rechnen. Es war auf jeden Fall ein gutes Gefühl, dass mich spätestens ab ca. km 5 kein einziger Kollege überholt hat, sondern ich im Gegenteil Rang um Rang gutmachen konnte.

Von der Veranstaltung her hatte ich schon attraktivere Marathons, speziell auch in Italien. Drei Dinge halten mich von einer echten Empfehlung ab:
- die genannten Mängel in der Organisation
- die über weite Strecken langweilige Kursführung
- die mangelnde Zuschauerunterstützung
Andererseits sind die Teilnahmegebühren gering (auch für den 30er gab's ein Funktionsleibchen im Paket), und Bologna als Stadt ist ohnehin jederzeit eine Reise wert - als Läufer könnte man sich also tatsächlich überlegen, dort statt der Volldistanz nur die 30km oder den Halben zu laufen, damit spart man sich wenigstens die öde Nordschleife von km 25 bis 39! Mit dem Termin Anfang März wäre dies dann auch eine super Vorbereitung auf einen April- oder Maimarathon.

Da das erst die dritte Austragung war, kann ich mir übrigens gut vorstellen, dass die Streckenführung in Zukunft noch angepasst wird und dass auch bestimmte organisatorische Mängel hoffentlich behoben werden. Würde mich freuen, von jemand anderem einen Bericht von einer zukünftigen Austragung zu lesen!

Re: 42,2 km durch Italiens kulinarische Hauptstadt - Bologna Marathon 2024

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deluxe71 hat geschrieben: 06.03.2024, 16:05 Dein Tempo- und Zeitgefühl ist beeindruckend – ohne Uhr wäre das für mich unmöglich …
Immer geht's nicht so gut aber im konkreten Fall war ich ja recht lange bei der 2h15-Tempomachergruppe für den 30km-Lauf; das hatte ich mir schon vor dem Lauf so zurechtgelegt und daher hat es diesmal mit der Planung sehr genau funktioniert. Aber auch ohne Pacemaker kenne ich ja meine zu erwartende Endzeit +/- 3 bis 4 Minuten, grob danaben bin ich da noch kaum jemals gelegen.
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