Hölle,
ich habe mir nicht alles durchgelesen, aber einiges. Wieso ihr euch streitet, habe ich jetzt nicht ganz nachvollziehen können, ist auch egal.
Zunächst: Die Tatsache, dass es heute sowohl absolut, als auch prozentual weniger 3h Läufer in einem Marathonlauf gibt, kann ich neben der Tatsache, dass der Lauf heute Breitensportcharakter hat und sich die absolute Zahl der Läufer auf mehr Läufe verteilt, erweitern um die Tatsache, dass es früher weit verbreitete Ansicht war, dass man sich gar nicht traute zu einem Marathon anzutreten, wenn man nicht in der Lage war, eine schnelle Zeit zu laufen - und das hieß durchaus unter 3h.
Zur Frage, ob jeder sub3 laufen kann. Natürlich nicht - und ich sage absichtlich "natürlich", weil ein Großteil der Voraussetzungen dafür, von dem abhängen dürfte, was uns die Natur mitgegeben hat. Trainingswille, Durchhaltevermögen oder ein ausgefeilter Trainingsplan reichen alleine bestimmt nicht aus.
Die 3h Grenze ist relativ beliebig gewählt. Wenn man sich in dieser Diskussion darauf einigen könnte, dass dieses Ziel zumindest anspruchsvoll ist, würde das bedeuten, dass es nicht jeder schaffen kann. Eine exakte Antwort auf die Frage ist selbstverständlich nicht zu erwarten. Die Statistik sprach und spricht auf jeden Fall gegen diese These. Im Angesicht der großen Anzahl der Läufer und der wenigen, die diese Marke tatsächlich unterbieten und im Angesicht der Tatsache, dass die Durchschnittszeiten utopisch weit von der 3h Marke weglagen und wegliegen, scheint sub3 ein nicht leicht zu erreichendes Ziel zu sein.
Deshalb finde ich es vertretbar zu sagen, jeder wird diese Zeit nicht laufen können, aber sicher können es mehr, als es heute tatsächlich schaffen.
Interessanter ist die Diskussion darüber, wovon die Fähigkeit dafür abhängt. Hier geistert der Begriff Talent herum und gemeint ist damit zu großen Teilen die Tatsache, dass an erster Stelle für die Fähigkeit schnell zu laufen, die genetischen Prädisposition stehen dürfte. Wirst du z. B. mit den falschen Muskeltypen geboren und hast zuviel Typ2-Muskelfasern, kannst du die Marathonkarriere vergessen (aber vielleicht reicht es trotzdem noch, unter 3h zu laufen). Dann würde ich zum Talent weiter zählen, die Trainierbarkeit (die Reaktion des Körpers auf Trainingsreize, was wohl zu großen Teilen ebenfalls genetisch bestimmt sein dürfte), Trainingswille und die Fähigkeit des Körpers, das Training ohne Verletzung dauerhaft zu überstehen.
Als einer der wichtigsten limitierenden Faktoren im Ausdauersport wird die auch schon angesprochene VO2max vermutet. Die ist zwar in gewissem Rahmen trainierbar, aber letztendlich spielt auch hier die Genetik eine bestimmende Rolle. Es spielen sich dabei soviele Prozesse ab und nicht jeder der Schritte ist trainierbar. Außerdem spricht jeder Mensch anders auf ein Training an. Letztendlich bedeutet das, das auch nicht jeder eine schnelle Ausdauerzeit laufen kann: Der Gasaustausch in den Lungen hin zum Blut, der Transport des Sauerstoffs im Blut. Der Transport zum Herzen und von da in die Kapillaren und in die Muskeln. Der Transport in die Muskelzellen und die Verwendung des Sauerstoffs in den Mitochondrien zur Energiegewinnung. Man weiß nicht mal genau, wo in diesen von mir sehr rudimentär dargestellten Prozess der limitierende Faktor für die VO2max liegt und nicht jeder dieser Prozessschritte ist ins Unendliche trainierbar. Einigkeit herrscht wohl darüber, dass es für jeden eine nach oben limitierte VO2max gibt und dass die von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein kann. Nochmal meine Meinung:
sub3 ist für die meisten Läufer eine anspruchsvolle Zeit, wie die Statistik zeigt. Nicht jeder kann aufgrund seiner genetischen Prädisposition dieses Ziel erreichen, aber mit etwas mehr Wille und differenzierterem Einsatz von Trainingsmethoden würden sicherlich mehr Läufer diese Grenze unterschreiten. Dass es alle können, die ausreichend trainieren - wie die Eingangsthese behauptet - würde voraussetzen, dass Ausdauerleistung nur von Training abhängig ist. Dem ist eindeutig nicht so. Die These müsste ich also verneinen.
Andererseits könnte man sagen, wer "ausreichend" trainiert hat, bei dem "reicht" es ja wortgemäß zur Zielerreichung "aus". So gesehen, muss jeder, der ausreichend für etwas trainiert ist, das Ziel erreichen - sonst wäre er ja nicht ausreichend trainiert.
Ja ... ne klar, oder?