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von Adiop
Ein paar Pressestimmen dazu:
Südwest Presse: Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert, beim tausendundersten Mal haben die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten abgeschaltet. Konsequent nennen sie diese Haltung. Bleibt die Frage, wie weit diese Konsequenz geht. Was ist, wenn bei den Weltmeisterschaften in Osaka gedopte Leichtathleten erwischt werden? Oder noch schlimmer: Wenn die Fußballer doch nicht so sauber sind, wie sie beteuern?
Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Die zuständigen Chefs begründen ihre Entscheidung mit dem durchaus löblichen Bemühen um sportliche Sauberkeit, vermitteln aber eine Mischung aus Ahnungslosigkeit und Überheblichkeit. Denn sie konnten doch nicht wirklich glauben, dass bei einer derart anstrengenden, die natürlichen Kräfte überfordernden Strapaze nur deshalb auf Doping verzichtet wird, weil ARD und ZDF mit dem Ausschaltknopf drohen. Auch scheinen sie bei dieser Ochsentour unterschätzt zu haben, dass sich Millionen von Fans allein für die zirzensische Show der dubiosen "Helden" begeistern, ohne das Zustandekommen der Leistungen zu hinterfragen. Und genau die haben am Mittwoch spontan auf Eurosport umgeschaltet.
Stuttgarter Nachrichten : "Moral und Ethik tun sich schwer in einem System, das den Betrug zur Geschäftsidee erhoben hat. Ein wenig anders liegt der Fall bei denen, die den Radsport, namentlich die Tour de France, seit Jahren unreflektiert zu einer Show hochgejazzt haben, die notwendige Distanz und gebotene Skepsis schlicht ignoriert. Erst als dem letzten Schönredner in ARD und ZDF klar geworden war, dass gedopter Sport nur noch als Mogelpackung zu verkaufen ist, schwenkten die Öffentlich-Rechtlichen über ins Lager der Kritiker. Doch statt mit maßvoller und durchdachter journalistischer Arbeit ihren Beitrag zu leisten, die Glaubwürdigkeit einer noch immer faszinierenden Sportart wiederherzustellen, machten sie aus fast jeder Live-Übertragung von der Tour de France ein Nerven sägendes Doping-Tribunal. Jetzt sind zum radlosen Opfer ihres journalistischen Spagats geworden. Sendepause. Und man glaubt es kaum: Das Leben geht weiter.
Leipziger Volkszeitung: So lange solche Fälle (wie der Dopingfall Sinkewitz) auftreten, so lange muss darüber nachgedacht werden, ob und wie über sportliche Wettkämpfe, die unter massivem Manipulationsverdacht stehen, berichtet wird. Warum wird jetzt von ARD und ZDF die Übertragung der Tour de France abgebrochen, die Leichtathletik-WM Ende August oder die Olympischen Spiele 2008 aber in jedem Fall ins Programm aufgenommen? Lügen die Bilder vom 100-Meter-Sprint in Osaka oder aus dem Schwimmbecken von Peking weniger als beim Anstieg zum Col de la Colombiere? Die Absage der Öffentlich-Rechtlichen erscheint zwar konsequent, doch das Problem ist grundsätzlicher, als es auf den Radsport zu beschränken.
Lothar Matthäus: "Ich hab gleich gemerkt, das ist ein Druckschmerz, wenn man drauf drückt."