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von redcap
War wieder einmal eine toll organisierte Veranstaltung am Sonntag in Bertlich. Fast so spitzenmäßig wie sonst, würde ich mal sagen. Kleines Manko waren die Verpflegungsstellen, da wirkten die Helfer deutlich weniger engagiert als sonst.
Aber mal ehrlich, wer wills verdenken? Bei dem wunderschönen Wetter Leute zu finden, die freiwillig fast den ganzen Tag irgendwo rumstehen, als das Bißchen an richtigem Sommer, was wir noch erwarten können, richtig auszunutzen, halt irgendwo zu sein, nur bestimmt nicht wer weiß wo zwischen den Feldern am Wegesrand zwischen Herten, Marl und Recklinghausen.
Schienen diesmal fast nur Kiddies an den Verpflegungen zu sein, Bertlich scheint ne Menge junger Leute zu erreichen. Find ich echt super.
Die letzten Male bekam ich an den Tischen meist Becher angereicht, das funktionierte am Sonntag nicht, beziehungsweise wurde nicht gemacht. Selbst auf zugerufenes Bitten nicht. Und die benutzten Schwämme wurden auch nicht wieder in die Bottiche geworfen, so lagen die hinter den Bottichen verstreut, aber nach kurzer Wettkampfdauer nicht mehr benutzbar parat. Oder die Bottiche standen direkt auf dem Boden - naja.
Dummerweise baute ich mir aus diesem kleinen Manko ein ziemlich großes, was auf meiner dritten Runde dann lautete ziemlich dehydriert und völlig überhitzt überhaupt noch am Laufen zu bleiben, beziehungsweise das Manko lautete, vor Augen geführt zu bekommen, nicht weit davon entfernt zu sein, es vielleicht nicht mehr zu können.
Ich wollte ein wenig ein Gefühl für den in vier Wochen stattfindenden Berlin Marathon bekommen. Nachdem sich die Temperaturprognosen so jetzt-bescheren-wir-der-gegend-nochmal-einen-supersommertag entwickelten war nix mehr mit, wie ich es eigentlich vorhatte, eher zaghaft starten, hintenraus beschleunigen.
Ich dachte mir für Sonntag, nimmste einfach, was du kriegst. Am Anfang wird das Wetter noch einigermaßen gutmütig sein, schaust du mal, wie es sich dort anfühlt.
Na, selbst zum Start um halb Elf war es ja schon ziemlich muckelig, hab mein Tempo etwas angepaßt. Ja, fühlte sich richtig gut an, ich war richtig froh, daß es so gut lief. Beine waren gut, es war warm, naja, aber es lief richtig flüssig.
Hab mir keinen so großen Kopf drum gemacht, an den Verpflegungsstellen immer nur ein Schlückchen Wasser abzubekommen, bei einigen Bottichen (eben den auf dem Boden) keinen Schwamm. Ich wollte durchlaufen, es war mir wichtiger, daß es vom Start weg sich so lange wie möglich wie ein richtiger Marathon anfühlte. Blöde Sache, viele Tische standen links, die Becher nicht sehr am Rand, davon auch nur wenige, diese weit auseinander. Der Versuch im Laufen mehr als einen zu erwischen schlug fast immer fehl, manchmal bekam ich nichts, oder es gab auch nichts (wollte ja nicht stehen und auf Einschenken warten), räumte auch gerne mal den halben Tisch ab, hinterließ fluchende hinter dem Tisch stehende gut hydrierte Gestalten. Na, ich bin kein Linkshänder. Aber selbst auf der rechten Seite, gewann ich mit meinen Bemühungen meist fast nur eine Portion mit ein paar Zentimeter Wasser drin.
Zweite Runde dann keine Schwämme mehr, anstatt völlig eingenäßt durch die Felder zu rennen wurde ich langsam immer trockener. Schweiß ohne Ende, aber irgendwie reichte das nicht. Und es war mein Flüssigkeitshaushalt, der langsam dahinsiechte.
Halbmarathon eine Winzigkeit unter 1:22, selbst nach dreißig Kilometern war ich noch gut auf Kurs, ich hab mich echt der Idee hingegeben, daß es möglich wäre, bei diesem Wetter unter der prallen Sonne irgendwo ne 2:46 zu laufen.
Naja, nach dreißig Kilometern hatte ich das aber schon nicht mehr gedacht. Nö, bestimmt nicht mehr. Dritte Runde nach einem Kilometer, also so zwischen 29 und 30 war es 'aus' mit mir. Hämmerder Kopf, das Sonnenlicht dämmerte mir langsam vor Augen weg, fühlte mich total durchgebraten. Hatte die Situation nicht mehr im Griff, mir war kaum zu ertragen heiß, wollte nur diesen Zustand irgendwie ertragen. In Kilometern zu denken machte die Situation nicht zuträglicher, eigentlich war es ja nur noch ein kleines Stück, weniger als eine kleines Laufründchen. Aber es schien so weit. Also lieber gar nicht drüber nachdenken, daß man überhaupt vorwärts kommt. Einfach nur halten, was man gerade tut und die Zeit verstreichen lassen, das Ende kommt dann von ganz alleine.
So schleppte ich mich dann bis ins Ziel, war die letzte halbe Stunde froh, nicht gehen zu müssen, dann hätte es noch soviel länger gedauert, hatte Probleme gescheit geradeaus zu laufen. Bäh. Irgendwie noch zu Laufen, sich furchtbar dabei zu bemühen, dennoch das Gefühl haben, auf der Stelle rumzuwackeln, endlos, alleine.
Interessanterweise war die Einsamkeit des Rennens für mich nach 40.5 Kilometern zu Ende. Ein Mitläufer setzte eine von meiner abweichenden Strategie um; er nahm sich von Anfang an genug Zeit, genug zu trinken, lief auch insgesamt deutlich sachter an, als ich. Ganz ehrlich, ich fands super, daß er noch so laufen konnte. So hatte ich einen Fixpunkt. Ihn zu halten ging einfach überhaupt nicht. Von den Beinen her ok, aber ich wär zusammengeklappt. Aber irgendwie zog er schon.
Uiuiuiuiui, meine zweite Marathonhälfte war knapp zehn Minuten langsamer als die erste, ich blieb knapp unter 2:54.
Nicht mehr laufend erholte ich mich glücklicherweise recht zügig, hab nach ner erfrischend kalten Dusche (ok, warm gabs auch nicht), mal wieder einige bekannte Gesichter in der Halle getroffen.
Bei der Fünfer-Siegerehrung hab ich darauf gewartet, daß für die MHK jemand aufgerufen wird, der mit Vornamen Christian heißt. Schade, daß es nicht geklappt hat, Christian. Nur aufgrund deines Ava-Bildchens konnte ich leider niemanden erspähen, wo ich dachte, du könntest es sein. Deshalb mein Vorschlag: Nach Berlin, und wenn du mal Bock hast, kommst du runter, ich zeig dir den RöntgenHM einfach mal laufend.
So, nun noch Glückwunsch allen Teilnehmern von Sonntag, die zufrieden sind, oder sich vielleicht dazu überzeugen lassen.
gruß,
redcap
PS: Mist, doch was lang geworden, sollte ja nichtmal ein Laufbericht werden.
PPS: Ach und Danke fürs Anfeuern, Angelika. Schade, daß ich das kleine Treffen verpaßt habe (ok, zu meiner Entschuldigung, ich lief zu der Zeit).
Marge: "Ich glaube, ich werde es mal versuchen."
Homer: "Versuchen ist der erste Schritt zum Versagen!"