Heute ist das richtige Wetter für einen Langen - kaum Wind, trocken und mit 6°C angenehm kühl. Da ich heute lang und langsam unterwegs sein will, statte ich mich vorsichtshalber mit Mütze und leichten Handschuhen aus - fast ideal getroffen. Die Mütze verschwindet nach 3 km in der Jackentasche, die Handschuhe nach 6 km. Letztere werden aber ab KM 11 wieder hervorgekramt - war also goldrichtig, sie dabei zu haben.
Den 18k Endurance will ich völlig flach laufen, damit ich weiß, wo ich jetzt stehe. Der Umgang mit dem Runtastic-Handy als Ersatz für die defekte Uhr ist fast schon Routine, nachdem ich mir angewöhnt habe, das Ding unterwegs nicht mehr anzuschauen. Lediglich die Ansagen alle 1000m lasse ich zu. Die nerven zwar total mit ihrem überflüssigen Müll. Die aktuelle Distanz kenne ich wesentlich genauer als dieses Teil und wen interessieren schon die angeblich verbrauchten Kilokalorien ? Zumal wenn letztere so übertrieben sind, dass sie nur passten, wenn ich 110 kg wöge.

Aber einmal und nur einmal pro Kilometer die Durchschnittspace für den letzten Kilometer zu hören, das hat was - ich bekomme ein grobes Feedback, muss mein Tempo ansonsten aber während des KM-Intervalls selbst finden.
Was das Zieltempo betrifft, habe ich vorab keinen Plan. Ich will möglichst lange ruhig laufen und gebe mir deshalb vorerst eine 3+3 Atmung vor. Meine Beine sind von Beginn an nicht ganz frisch - ein paar kleine Zicken hier und da, sowie ein hauchfeiner Müdigkeitsschleier über allem. Das kann unmöglich von meinem bisherigen Laufpensum herrühren. Ich bin mir sehr sicher, dass es die Nachwirkungen meines seit 2 Wochen wieder ziemlich strammen Athletiktrainings sind. 3 Krafteinheiten die Woche jeweils mit unterschiedlichem Schwerpunkt und dazu Mobility-Einheiten nach Bedarf tun ihr übriges. Mir war klar, dass das die Läufe beeinträchtigen wird, aber ich habe mir ganz bewusst die Priorität gesetzt, mit dem Krafttraining schnellstmöglich wieder auf Ballhöhe zu kommen. Es wird schon langsam besser und in einer oder zwei Wochen ist das sicher kein Thema mehr. Da muss ich jetzt durch - selbst schuld, warum habe ich das auch wieder so schleifen lassen.
Die erste Hälfte des Laufs ist unspektakulär, nur die KM-Zeiten streuen etwas mehr als sonst, wenn ich 200, 300m vor dem Intervallende auf die Uhr glotzte und die Pace noch etwas korrigieren konnte. Das fällt heute flach, aber so finde ich es fast besser - auch mit Uhr sollte ich maximal 1x pro KM draufschauen und korrigieren. Die ersten zwei KM geraten mit 7:16 und 7:19 eigentlich genau richtig, fühlen sich aber leider nicht ganz so an. Der blöde Gedanke "Und das jetzt noch achtmal?" ist zum Glück schnell verscheucht, da es auf den nächsten 3 bis 5 km sicher besser werden wird statt anstrengender. Und das wird es auch. Schon KM 3 geht minimal unter die 7 min. Und alles ganz mit 3+3 Atmung, welche für mich Ausdruck eines sehr ruhigen Laufs ist.
Da ich dem Allmachtsdackel gerade einen [post=2543688]Vortrag über das Thema Atmung[/post] hielt, genieße ich die Idee, den ganzen Blödsinn, den ich da schrieb, auch (noch) einmal an mir selbst zu verifizieren. Deshalb gibt's im folgenden - in Ermangelung von Pulsangaben - etliches zur Atmung zu lesen. Achtung, Rennkartoffel at work!

Wie gesagt, 3+3 geht erstmal ganz easy, das Tempo passt auch und wird wie erwartet langsam schneller, da die Beine bis KM 6 besser in Schwung kommen. 7:05, 7:01 und 6:58 für die zweiten 3 KM. Auf dem 6. KM möchte ich gelegentlich etwas schneller atmen, aber ich versuche es damit, statt dessen bewusst ganz tief auszuatmen. Und ja, das Einatmen geht dann ganz von selbst. Ich habe tatsächlich wieder mehr Luft, so dass ich die 3+3 über die gesamten 6 km perfekt und ohne Mangelerscheinungen durchhalte (außer am Maulwurfshügel, da gehe ich 2+2, aber das ist o.k. so).
In Oedheim über die erste Straße und es kündigt sich die lange, aber nur ganz sanfte Steigung der ehemaligen Bahnstrecke an. Da wird's vorbei sein mit 3+3, ich wechsle in voreilendem Gehorsam nach 3+2 (3 aus, 2 ein). Das habe ich noch nie lange durchgehalten, wohl weil es mir nicht wichtig war und ich immer sehr bald automatisch nach 2+2 gewechselt bin. Heute will ich es die zweiten 6 km durchhalten und atme deshalb von Beginn an ganz tief aus (und automatisch wieder ein). Und es klappt prima. Ich bleibe in diesem ungewohnten Rhythmus, selbst wenn ich zwischendurch mal abschalte und an etwas ganz anderes denke. Das Tempo steigt (6:57, 6:49 und 6:50) und es fühlt sich jetzt besser an als vorher. Der leichte Schleier der Müdigkeit ist aber immer noch da.
Nach 9 km die Wende und nun geht der 10. KM erstmal sanft bergauf (nur 4 Hm oder so auf 500m). Hier bremst mich der Atem aus auf überraschende 7:10, aber das ist mir heute egal, ich will das Experiment sauber zu Ende bringen. KM 11 geht wieder minimal bergab, gerät mit 6:34 und immer noch 3+2 erstaunlich flott. Wobei ich auf diesem Kilometern mit 3+2 schon sehr tief atmete, was sich aber richtig gut anfühlt. Mir scheint, dass man tiefe Atmung auch durchaus mal trainieren darf, statt es tranig der Lunge zu überlassen, von einem flachen Atem in den nächsten automatisch umzuschalten.
Aber hier, bei KM 11, beende ich das Experiment, da ich spüre, dass ich sonst in eine Sauerstoffschuld gerate, die dann nicht mehr gut wäre. Also Feuer frei für zwei plus zwei!

Kilometer 12 geht zügig weg in 6:46. Jetzt sind es nur noch 6 Kilometer. Die Beine beginnen allerdings, sich mehr und mehr vernehmlich zu beklagen. Die Landungen verlieren an Eleganz - was ich da aufführe ... also, da könnte Pinocchio in der B-Note locker mithalten. Es ist die Phase des von mir so getauften "inversen Tempogefühls" - je schlechter es sich anfühlt, desto schneller werde ich, KM 13 und 14 in je 6:42. Das gipfelt im KM 15, wo die Landungen nun so hölzern geraten, dass ich meine, ich würde schon jenseits der 7:30 rumschlurfen. Deshalb will ich den folgenden 17. KM langsamer angehen lassen. Kaum beginnt die Ansage, drehe ich dem elenden Geholze das Gas ab. Um dann überrascht zu hören, dass ich zuletzt gar mit 6:31 unterwegs war. Der schnellste Kilometer und zugleich der mit dem beschissensten Gefühl. Wie gesagt - inverses Tempogefühl.
Anders als sonst so oft in dieser Situation gibt es heute keine Gehpause - ich drossele nur das Tempo. KM 17, freilich mit dem Maulwurfsanstieg drin, den ich ganz anständig meistere, benötigt eine geschlagene Minute mehr: 7:44. Aber das ist o.k. - ich bin ganz schön geschafft und will hier schließlich keinen Tempolauf durchziehen. Auf KM 17 und 18 erhole ich mich langsam und beende sie mit 7:02 (eigentlich schwach, da z.T. ja bergab) und dann noch ordentlichen 6:31.
Insgesamt 18,0 km mit ca. 40 Hm. in 6:57/km. Gut, dass das heute kein Doppelpack mit dem CoP LT Run vom Montag war.
Noch eine abschließende Bemerkung zu meinen Spielereien mit dem Atem. Manch einer dürfte nun geneigt sein, sich an die Stirn zu tippen und stereotyp zu kommentieren "Wie man atmet, weiß der Körper doch am besten, das hat er doch schon als Baby ... etc. pp."). Wahrscheinlich richtig. Zu denken gibt mir aber die folgende Beobachtung. Ich habe 11 km lang versucht, mit langsamem Atemrhythmus möglichst lange klarzukommen (6 km 3+3, 5 km 3+2), indem ich fast die ganze Zeit betont tief (aus)atmete. Aber auch nachdem ich bei KM 11 die Atmung freigab, habe ich trotzdem automatisch tiefer als sonst weiter geatmet, obwohl ich da nichts mehr bewusst kontrollierte. Ich bin sicher, dass ich sonst bei KM 15, so wie ich mich da heute fühlte, längst auf mein "Notprogramm" 1,5/1,5 (1x aus und 1x ein auf 3 Schritten) zurückgefallen wäre, zumindest zeitweilig mal. Bin ich aber nicht, auch am steilen Anstieg kurz darauf nicht. Nicht die geringste Versuchung. Ich werde das mal weiter verfolgen. Die Kunst wird aber darin liegen, den Atemrhytmus freizugeben,
bevor er die Sauerstoffversorgung objektiv behindert. Ich glaube, dass mir das heute ganz gut gelungen ist. Aber klar, bei Tempoläufen hat solche Atemkontrolle natürlich von Anfangs an rein gar nichts verloren.
Heute übrigens endlich wieder ein Lebenszeichen von meiner Uhr. Das Ersatzgerät ist der Spedition seit heute früh zumindest mal per Auftragsdatensatz angekündigt (heute passiert wohl nix weiter, da Feiertag in NRW). Mit etwas Glück habe ich das Teil am Samstag oder spätestens am Montag.