Klug waren sie ohne Frage, die alten Dakota-Indianer. Aber müssen Läufer grundsätzlich dümmer sein ? Nein. Auch ich steige deshalb ab vom toten Pferd, hier und jetzt. Steige ab von Plan und Ehrgeiz. Ohne Jammern, einfach so.
Wer bis hier noch halbwegs mitgelesen hat, dem wird trotz mancher Schönfärberei meinerseits kaum entgangen sein, dass bei mir mindestens seit Weihnachten grundlegend der Wurm drin ist. Nach der zweiwöchigen Weihnachtspause habe ich nicht wirklich mehr Tritt gefasst. Und seit mein entschärfter Pfitzinger-HM-Plan läuft, geht es eigentlich nur noch kontinuierlich bergab. Schon in der vorvorigen Woche hatte sich das Ganze irgendwie zu einer handfesten mentalen Krise ausgewachsen. Als dann aber der Progression Long Run doch so einigermaßen ordentlich lief, schöpfte ich wieder Hoffnung, glaubte den Tiefpunkt überwunden zu haben. Diese Woche aber ging's dann weiter - geradeswegs abwärts.
Den Fehlschlag beim gestrigen Schwellenlauf konnte ich noch halbwegs ehrenhaft auf den extrem starken Wind schieben. Um Kräfte zu sparen, brach ich den ja sehr bald ab, um stattdessen heute früh mein Glück bei einem Berglauf im Wald zu versuchen.
Vom Wind ist heute im Wald nichts zu spüren und wenn, dann von hinten. Von den 5 km bergauf, die ich eigentlich am Stück laufen wollte, schaffe ich trotzdem gerade mal drei, und die auch nur in drei Etappen. Und bergab bin ich so demotiviert, dass ich auch da noch Gehpausen einlege.
Zwar hatte ich mich vor Wochen mit einer dummen Überdehnung selbst abgeschossen; das ist aber schon wieder auf dem Weg der Besserung und behindert mich beim Laufen kaum noch. Dafür hat sich ein leichtes Grummeln an der Außenseite der rechten Hüfte jetzt in ein stärkeres Ziehen verwandelt, am Ansatz irgendwelcher seitlichen Oberschenkelmuskeln am Trochanter. Es war mir lange unmöglich, da einen Schmerz (z.B. mit dem Massageball) willentlich zu provozieren, aber seit ich die Dehnübung entdeckt habe, die in dem Fall helfen soll (Hüfte in der betroffenen Richtung seitlich ausfahren, sodass der gestreckte Körper auf dieser Seite konvex gekrümmt, d.h. stark gedehnt wird), weiß ich, wie's geht.
Obwohl der Schmerz beim Laufen nicht stark ist, stelle ich fest, dass das mittlerweile einen negativen Einfluss auf meine Lauftechnik hat. Während ich mit dem gesunden Bein nach wie vor ganz locker auf dem bereits in der Rückwärtsbewegung befindlichen Mittelfuß lande, ist das rechte Bein mehr oder weniger verkrampft und landet bremsend noch in der Vorwärtsbewegung. So gestalten sich auch langsame Läufe kontraproduktiv. Bei betonter Mittelfußlandung bessert sich das anscheinend.
Aber das ist es nicht allein - ich beklage ja auch schon seit Wochen, dass mein Puls zu hoch ist. Und der Trend ist unübersehbar - während ich vom Tempo her immer langsamer werde, bleibt das Pulsniveau konstant hoch oder steigt sogar an. Die Form geht seit Dezember langsam aber sicher in den Keller.
Deshalb werde ich aus dem ganzen durchgeplanten Trainingsbetrieb, welchen ich zunehmend als Last empfinde, vorerst mal aussteigen. Ein paar lockere Läufchen werde ich mir gönnen, um nicht ganz rauszukommen. Vorausgesetzt, es gelingt mir, die Hüfte friedlich zu halten.
Ich habe natürlich mächtig Angst davor, wie schon viele, viele Male in den letzten 35 Jahren, bei einer Laufpause den Faden und damit jede Form zu verlieren und ruckartig 20 kg zuzunehmen. Ob ich nochmal die Energie aufbringen würde, die wieder runterzubringen, weiß ich nicht - kann ich mir momentan nicht vorstellen und will ich auch lieber gar nicht. Deshalb werde ich mein Athletiktraining, das sich gerade so halbwegs etabliert hat, unbedingt weiter betreiben. Das war zwar eindeutig durch das Laufen motiviert, hat mittlerweile aber durchaus eine eigene Qualität gewonnen. Dazu vielleicht ein bisschen Fahrrad und Schwimmen, auch wenn mir dazu derzeit noch die Motivation fehlt. Auf jeden Fall aber strikte Ernährungskontrolle, da dürfen die Dämme auf keinen Fall wieder brechen.
Das mag jetzt alles etwas unvermittelt kommen und von daher nach kurzschlüssiger Frustreaktion aussehen. Tatsächlich hat sich das in mir aber schon seit einigen Wochen immer mehr angestaut. Ich wollte hier nur nicht groß rumjammern. Und das will ich auch jetzt nicht. So isses einfach und fertig.
Wann ich ein geregeltes Training wieder aufnehme, weiß ich nicht - will ich auch gar nicht wissen, weil ich mich damit sonst gleich wieder unter Druck setzen würde. Definitiv sind für dieses Jahr aber mal alle Wettkämpfe gestrichen - ja, auch der Trolli, leider. Und seit ich diese Entscheidung für mich getroffen und hiermit nun auch kundgetan habe, fühle ich mich wie von einer Last befreit. Allein das ist mir Grund genug, es genau so nun durchzuziehen.