#14
Als ich heute Mittag die Stöcke ansah, die meine Mutter vorbei gebracht hatte, wusste ich: Heute gehts in den Wald! Diesmal wollte ich den gesamten Wald umrunden. Auf der Karte von Gpsies.com hatte ich sie mir gut eingeprägt.
Was sollte schiefgehen?
| Ankunft |
Nach einer Stunde Busfahrt erreichte ich das Gehölz. Ich hatte Nordic Walking schon seit Jahren nicht mehr gemacht, aber als ich die Stöcke in die Hand nahm, merkte ich - nach den ersten unsicheren Metern - das altbekannte Gefühl. Ich ging langsam die mir bekannte Waldstrecke entlang.
Unterwegs fand ich eine weggeschmissene Brötchentüte und sammelte sie auf. Ich hatte mich beim Herrn über die weggeworfenen Verpackungen beschwert und es war mir so, als ob er sagen wollte: Hier hast du eine Tüte, sammel ein, anstatt dich zu beklagen. Und genau das tat ich auch.
Ausgerechnet im schönsten Waldabschnitt lag jede Menge Zeugs. Ich sammelte ein, was ich auf dem Weg sah und marschierte ansonsten gemächlich den Weg entlang. Der Weg würde heute länger werden und ich wollte mit den Kräften haushalten. Vor allem, weil ich nicht wusste, wie viel Ausdauer in diesem Körper noch steckte. Außer einer leichten Jacke, die um meine Hüfte baumelte, hatte ich nichts an Nahrung mitgenommen.
Geplant waren zwei lockere Stunden im Wald. Drei wären auch vollkommen okay gewesen.
Ich erreichte bald den zweiten Waldabschnitt und ging den bekannten Hügel hoch. Das Wetter war genau richtig - nicht zu kalt oder zu warm, es war einfach perfekt und ich fühlte mich richtig gut.
Die kleinen Pfade, die es im oberen Waldabschnitt gab, konnte ich hier nicht entdecken. Aber ich wollte auch lieber auf dem Hauptweg bleiben, da ich den Wald eben nur aus Kartensicht kannte. Jetzt noch kreuz und quer zu gehen, wäre unklug. Also atmete ich die frische Luft ein, entspannte mich und lies die Gedanken schweifen.
Als ich umdrehen konnte (weil es von der Zeit her passte), entschloss ich mich, einfach den "Rundweg" zu gehen. Mir war einfach nicht danach, umzudrehen und den selben Weg zurückzulatschen.
Irgendwann führte der Weg raus aus dem Wald und einen Feldweg entlang. Immer noch der Meinung, dass das der Hauptweg war, ging ich ihn beschwingt mit einer inneren Ruhe entlang.
Die Pohnsdorfer Stauung hatte ich ebenso auf der Karte gesehen - ich machte mir keine Gedanken und bog jetzt links auf einen Feldweg. Von weitem beobachten mich einige Bauernhofbewohner. Als ich an ihnen vorbeigehe, muss der Mann seinen Hund an der Leine festhalten - er sprang hoch, bellt und fletscht die Zähne. Wäre er nicht angeleint gewesen, hätte er mich angefallen, daran gab es keinen Zweifel.
Nach einigen Metern folgte die erste Ernüchterung.
Der Weg endete hier.
Ich drehte um. Kein Wunder, dass die Bewohner mich so komisch angeschaut hatten, als ich an ihnen vorbeigegangen war. Nun hieß es - den selben Weg zurück.
An der Pohnsdorfer Stauung angekommen, erblickte ich ein Straßenschild, das nichts Gutes anzeigte.
| Panik |
Umm...ich wollte nicht nach Preetz. Und die Tatsache, dass ich nur 6,5 Km davon entfernt war, ließ mich ein wenig erschaudern. Es war bereits 16 Uhr - ich war seit 2 Stunden unterwegs und die Dämmerung würde gegen 18:30 einsetzen.
Ich musste wieder zurück in den Wald und einen anderen Weg gehen - hier war ich nicht richtig.
Etwas schneller marschierend, erreichte ich das Gehölz und bog nun rechts auf einen anderen Weg. Dieser würde mich ganz sicher zurück nach Kroog bringen. Ich hatte mir die Karte genau angesehen - was sollte schon schief gehen?
Unterwegs konnte ich die wunderbare Flora und Fauna so ausgiebig bewundern, dass ich eine tiefe Sehnsucht nach meiner Wohnung, nach meinem Chefsessel und vor allem nach einer heißen Dusche verspürte. Mittlerweile fühlte ich mich auch nicht mehr so frisch und munter. Eher das Gegenteil. Ich begann, die Hüfte etwas stärker zu bewegen. Wenn ich länger unterwegs bin, fängt dieser Körperteil zu schmerzen an. Es liegt noch ein langer Rumpfstabilisierungsweg vor mir.
Nun waren die Umstände so, ich musste das Beste aus der Situation machen.
Als ich an einer Weggabelung stand, war ich unschlüssig, welchen Weg ich gehen soll. Ich schickte ein kurzes Stoßgebet in den Himmel und entscheide mich für den rechten Weg. Der Plan war: Wenn ich mich in der Nähe des Waldrandes aufhalten würde, könnte ich leichter wieder dorthin zurückfinden, woher ich gekommen war.
Das war zumindest der Plan.
Mittlerweile war es 16:45
Als ich auf einem Feldweg ging, der entlang des Waldrandes verlief, fühlte ich mich innerlich etwas besser. Dennoch hatte ich Befürchtungen, dass ich es nicht rechtzeitig schaffen würde, aus dem Wald zu kommen, bevor es dunkel wird. Merkwürdigerweise hatte ich keine Lust, eine Nachtwanderung ohne Taschenlampe durchzuführen...wo ich doch sonst so abenteuerlustig drauf war...
Tja, also das Positive war, ich verbrachte eine Menge Zeit im Wald und damit, zu marschieren. Es war sicherlich kein dynamisches marschieren mehr (wenn es je eines war), aber immerhin - ich ging.
Und dann ging ich langsam aus dem Wald hinaus und sah noch mehr Felder - einen Wald links von mir und rechts von mir.
Wohin musste ich gehen?
Das war der erste Moment, in dem doch eine leichte Panik sich in mir breitmachte. Aber gerade in diesem Moment kam mir ein junger Mann entgehen und ich zögerte nicht, ihn nach dem Weg zu fragen.
"Wo gehts nach Rönne?"
"Da müssen Sie durch diesen Wald durch." (Er zeigte nach links.)
Ich bedankte mich und bog erleichtert nach links ab. Mittlerweile hatte ich von den ständigen Steigungen auch die Nase voll. Gerade, als ich oben angekommen war, erblickte ich eine Bank. Aber ich ging stoisch an ihr vorbei. Ich wusste ja NOCH IMMER NICHT wo ich mich befand!!!
Der Puls ging nun schon bei leichterer Belastung hoch, deshalb marschierte ich langsamer. Ich spürte eine allgemeine Erschöpfung. Aber der Weg war noch nicht zu Ende. Es musste weitergehen.
17:15
Der Körper schmerzte und signalisierte mit aller Deutlichkeit, dass er keine Lust mehr darauf hatte. Ja, ICH JA EBENSO WENIG! Aber es gab hier nirgends Checkpoints mit Cut Off Zeiten, wo sie einen einsammelten und zum Sammelpunkt fuhren. Ich hatte mich in diese Situation hineingebracht und es ging nur mit Hilfe des Herrn hinaus + dem meckernden und maulenden Körper.
Mittlerweile war ich ganz froh, dass ich alleine unterwegs war. Ich stellte mir ein Gespräch mit einer anderen Person vor.
Weißt du wo es hier lang geht?
Ich hoffe es!
Du hoffst es?
Wir sind schon viel zu lange unterwegs und mir tut alles weh!
Mir auch!
Sind wir wirklich richtig auf dem Weg?
Sollten wir vielleicht nicht da abbiegen?
...
Ganz ehrlich, das hätte mich noch mehr verunsichert. So litt ich ein wenig im Stillen, rammte die Stöcke manchmal stärker in den Boden als sie müssten und hoffte, dass ich bald endlich eine Stelle erreichte, die ich kannte.
| Rettung |
Als ein älterer Mann mir entgegenkam, fragte ich ihn ob ich auf den richtigen Weg nach Rönne sei.
Er nickte und sagte, dass ich dann beim Tannenbaumverkauf rechts abbiegen müsste.
Tannenbaumverkauf - das sagte mir gar nichts. Aber immerhin. Ich war richtig und würde weitersehen.
Langsam ging ich den Weg weiter entlang und konnte in der Ferne ein Schild ausmachen. Als ich mich ihm näherte, hielt ich kurz an und schluchzte vor Erleichterung.
Es war die Gabelung, die ich vorhin passiert hatte. Jetzt musste ich nur noch rechts abbiegen und würde mich auf dem Weg befinden, den ich kannte. Vor Erleichterung setzte ich mich kurz auf die Bank, nachdem ich ein Foto geschossen hatte. Aber nach wenigen Minuten setzte ich meine steifen Glieder in Bewegung.
Ich musste nach Hause!
Um 18:25 erreichte ich die Bushaltestelle und setzte mich zum ersten Mal seit dieser Tour für längere Zeit hin.
Ich war gut 4 Stunden unterwegs gewesen (ein bisschen mehr) und habe mal in Gpsies.com den Weg nachgezeichnet, den ich gewandert bin. Ich hatte mit 20 Km gerechnet, aber 15 sind auch okay.
Die Streckenführung sieht etwas komisch aus, weil ich beim Rückweg nicht direkt auf dem markierten Punkt erneut zeichnen konnte. Aber ich wollte mal die gesamte Strecke ansehen.
Man kann natürlich sagen, dass es unvernünftig war, ohne Nahrung und Wasser loszuziehen. Aber ich kann mich momentan noch nicht anfreunden, einen Rucksack zu tragen. Die Zeit war länger als geplant, aber auch wenn ich zu kämpfen hatte - alles war okay. Der Körper ist das eben nicht mehr richtig gewöhnt - wenn ich alle zwei Tage so eine Tour mache (ohne Verlaufen würde die Strecke wohl so 12-13 Km lang sein), dann setzt schnell eine Gewöhnung ein.
Jetzt habe ich immerhin den Wald kennen gelernt und werde beim nächsten Mal leichter den Weg finden.
Ganz sicher
Ich hoffe, euch hat der kleine Laufbericht gefallen!
PS: Die Dusche war
HERRLICH!!!