Sonntag
Neujahrslauf Gran Parada – Yasica und zurück, 28km/520Hm
Zwar war es der 1. Januar, aber es war halt Sonntag und da ist eben der lange Lauf dran. Da die Kinder nicht hier waren und ich eh keine Lust auf irgendwelche feuchtfröhlichen Zusammenkünfte hatte, bot es sich an früh ins Bett zu gehen, um dann um 5:30 aufstehen zu können.
Es sollte mal wieder ein neuer längster Lauf werden und zusätzlich ein Test für den geplanten M-Lauf Ende Februar, da passten die Hm dann auch gut.
Am Samstagnachmittag bereitete ich alles vor.
Rucksack mit 1,8l Wasser mit Salz
ColaDose 0,2l
Klare Brühe 0,2l
Schokolade
Studentenfutter
Joghurt (für nach dem Lauf)
Der Wasservorrat war eingeplant um bis zu dem Wendepunkt im Dörfchen Yasica zu reichen, dort würde ich vermutlich dann Wasser und Gatorade kaufen können, hoffentlich. Einen Plan B hatte ich nicht.
Nachträglich lies ich dann nochmal ca. 0,5l Wasser ab, um weniger Ballast auf dem Kreuz zu haben. Schließlich ging es ja einen Berg hoch und es würde ja kühler sein, also müsste der Flüssigkeitsverlust etwas geringer sein als sonst.
Um 6:30 parkte ich dann an der Kreuzung „Gran Parada“ in einer Seitenstrasse vor einer Hütte. Aus der Flasche im Auto trank ich nochmal einen kräftigen Schluck, schmiß mir den Rucksack um und spazierte erst mal los. Es war noch komplett dunkel und die löchrige Strasse lud nicht wirklich zum Laufen ein. Nach wenigen Metern versuchte ich mich in einem vorsichtigen Laufschritt. Und wurde immer wieder geblendet von entgegen kommenden Fahrzeugen. Warum war hier auf dieser Nebenstrasse überhaupt Verkehr, am 1. Januar, vor 7 Uhr?
Vorsichtig tastete ich mich schwerfällig weiter und nach 10Minuten konnte ich wenigstens den Weg ohne Probleme erkennen. Langsam fühlte sich das Laufen besser an. Es wurde heller, ich lief durch eine Mischung aus Nebel und Nieselregen bergauf. Mehr und mehr wurde mir bewußt: Es ist einfach super, daß ich jetzt hier bin! Hier und jetzt brauche ich diesen Lauf, diesen Hügel und nichts anderes!
Nach 5km war ich mächtig am Keuchen und legte die erste Gehpause , 300m, ein. Diese Maßnahme hatte ich mir gegönnt um überhaupt eine Chance auf dieser bisher längsten Strecke mit den zusätzlichen Hm zu haben. Das Trinken geht auch leichter so, aber jetzt merkte ich, daß ich da mit dem Salz etwas übertrieben hatte. Gut, ändern kann man es jetzt auch nicht mehr. Sehr relaxed lief ich nach der Gehpause weiter, wissend, daß es nur noch 2km bergauf gehen würde, danach kommen einige ebene, sagen wir mal wellige km.
Als der Aufstieg nach 7km größtenteils geschafft war fühlte ich mich noch relativ fit und mußte daran denken, wie ich vor ca 8Monaten diese Strecke einfach auf dem letzten Drücker bewältigte. Daß ich jetzt beide Strecken schaffen würde bezweifelte ich nicht im geringsten. Und immer wieder überkam mich dieses Gefühl der Freude und Dankbarkeit, daß ich jetzt bei diesem Nieselregen unterwegs sein durfte. Ein leichter kühler Wind, geschätzte 20Grad, kam mir entgegen und so hielt sich mein Durst in Grenzen. Dann entdeckte ich einen geöffneten Laden in dem Dorf Tubagua. Perfekt, ein gutes Zeichen. Ich müßte mich also nicht unten im Tal eindecken für den Rest der Strecke, sondern konnte meinen Getränkevorrat bei einem nötigen Minimum belassen.
Überhaupt waren bereits erstaunlich viele Leute zu Fuß auf der Strasse. Vermutlich vergeht hier auf dem Lande eh ein Tag wie der andere. Dann noch ein geöffnetes Geschäft, herrlich, ich konnte mir meine VP´s also einteilen wie ich wollte.
Jetzt ging es mehrere km nur bergab. Bei km10 wieder 300m Gehpause, meine Knie dankten es mir. Dann kurz vor Yasica die Dorfdisco, zwar leer, aber der Musik-Lärm über der Schmerzgrenze.
Schnell vorbei hier und die letzten Meter runter ins Städtchen, über die Brücke. Da war der Laden, den ich fest eingeplant hatte, er war zu! Aber egal. 14km und Wendepunkt.
Ich hatte noch genug Vorräte. Das Studentenfutter mampfte ich seit einiger Zeit und es ging bald zur Neige. Das salzige Wasser schmeckte mir jetzt garnicht mehr. Es ging jetzt wieder leicht bergauf und ich wußte, daß einer meiner geöffneten VP´s nicht weit war.
Er war wirklich vorbildlich eingerichtet, aber das Getränk im Vordergrund reichte mir vorerst.
Nochmals 300m Gehpause und dabei in Ruhe Trinken frischten mich bestens auf und die Steigung machte in gewisser Weise sogar Spaß. Es fing an richtig zu regnen und das passte bestens. Immer mal wieder nuckelte ich an dem salzigen Wasser, aber es war jetzt schwer es runter zu kriegen.
Dann wieder auf die Umführung, an der Stelle wo die Strasse komplett abgerutscht ist, bei den Regenfällen der letzten Wochen.
Langsam sehnte ich km20 herbei, um mir bei der nächsten Gehpause die Coladose zu gönnen. KM18, mein stets kritischer Punkt passierte ohne groß auf zu mucken.
Aber da war ja ja noch die klare Brühe! Noch mehr Salz? Vor lauter hin und her überlegen ging auch km19 schnell vorbei, dann bei km20 wieder Gehpause. Wenigstens wollte ich probieren ob ich die klare Brühe so kalt runterkriege und vertrage. Also, erst Brühe, dann Cola. Und es mundete vom allerfeinsten! Bis zum letzten Tropfen trank ich die Brühe, verstaute die leere Flasche im Rucksack, fischte die Cola-Dose 0,2l raus und schüttete das obendrauf. Das ging erst gar nicht so schnell, deshalb gönnte ich mir nochmal 50m extra Gehpause bevor ich wieder weiter hoppelte, jetzt fast nur noch bergab. Meine Knie waren bereits am Stöhnen, aber da mußte ich jetzt durch, also immer schön kleine Schritte.
Mal wieder ein ausserplanmäßiger Fotostopp an einem Aussichtspunkt, auch wenn man von Aussicht nicht wirklich reden konnte.
Das ständige bergab zehrte mehr und mehr, bei km 23 dohte mir plötzlich mein linkes Knie weg zu knicken und ich war froh, als ich wieder einen holprigen Teil ohne Asphalt vor mir hatte, was mich zwang die Schritte etwas zu variieren.
Die letzte Gehpause bei km25 zog ich etwas vor um die bergab-Lauferei zu unterbrechen, meine Knie waren am Ende. Das tat sehr gut. Noch etwa 100m hatte ich danach Gefälle zu schaffen, dann lagen die restlichen 3km weitgehend eben vor mir.
Durch die Siedlung Camú, wo die Leute sich jetzt Neujahrswünsche über die Strasse von Haus zu Haus brüllten.
Als ich an einer kleinen Ansammlung von Leuten vor einem Geschäft vorbei kam, hörte ich wie einer sagte: „Schaut euch den an, der ist heute morgen um 7 den Berg hoch gewetzt und jetzt kommt er wieder runter...“. Das erfüllte mich schon ein wenig mit Stolz, muß ich zugeben. Es war jetzt bereits kurz vor 10Uhr.
Der 26. Km und ich hatte einen Aufstieg von vielleicht 10m auf 100m vor mir, das ging jetzt an meine Grenze. Ich wollte da laufend drüber weg, aber kurz vor der „Anhöhe“ fuhr mir ein Stechen ins linke Knie, daß erstmal nur Gehen drin war. Danach die leichte Senkung dann wieder laufend, aber auch das passte mir nicht mehr, ich war einfach fertig. Nach dem 27. Km wußte ich, ab jetzt ist sowieso jeder weiter Schritt Rekord für mich, also, bis zum Auto, das schaffe ich.
Die ausgespülte Piste war derart übel, daß ich erstmal garnicht mehr auf die Uhr schauen konnte. Heute morgen im Dunkeln war mir das garnicht so bewusst geworden.
Die letzten 100m, die nochmal eine Steigung von vielleicht 8m in sich hatten waren dann so übel, daß ich mich fragte ob ich mich überhaupt noch vorwärts bewege oder bereits auf der Stelle tippele.
Geschafft 28km!
Die Zeit von 3:30 ist jetzt nicht gerade aufregend, aber ich habe Hoffnung, daß ich mit dem 5kmLaufen/300mGehen in 8Wochen vielleicht mein M-Ziel schaffen kann. Dann sind es nochmal die Hälfte mehr, sowohl Strecke als auch Hm.
Im Auto schnappte ich den Joghurt und mußte unbedingt noch ein paar Meter gehend hinter mich bringen, also spazierte ich noch kurz zurück auf die Strecke, machte noch ein Bild und die Sonne kam sogar jetzt leicht durch.
Den Rest des Tages war ich ausser Gefecht, abends schmerzte mein rechtes Bein zwischen Knöchel und Knie beim Gehen zienlich stark, was ich als totale Überlastung einschätze. Heute wieder alles gut, also weitermachen...