Albatros77 hat geschrieben:Sollte ich mein Vorhaben Deiner/Eurer Meinung nach nochmal überdenken und gezielter auf den Marathon trainieren oder wie geplant versuchen zunächst die Unterdistanzen mit TP zu verbessern?
Das ist nur meine bescheidene persönliche Meinung und ich gehe davon aus, dass auch andere Wege nach Rom führen.
Ich würde die zur Verfügung stehende Zeit anders aufteilen. Zunächst würde ich mir überlegen, welche Fähigkeiten besonders gut, welche "normal und welche eher noch ausbaufähig sind.
Folgende Themen fallen mir dazu spontan ein:
Koordination/Motorik
Lauftechnik
Stabiliät
Kraft(ausdauer)
Beweglichkeit
Mentale Komponente
Grundlagenausdauer
Schnelligkeit (Unterdistanz)
Ein Unterdistanzplan kann durchaus etwas sein, was dich voran bringt. Jedoch kenne ich dich nicht und kann somit auch nicht einschätzen, welche sportlichen Bereiche bei dir noch ausbaufähig sein könnten.
Wichtig ist dabei natürlich auch, wie relevant die ausbaufähigen Bereiche hinsichtlich der Zieldistanz, in deinem Falle 42,2km, sind.
Wenn z.B. dein längster Trainingslauf bislang nur 20km lang war, wäre es wohl wichtiger, zunächst einen lockeren Lauf pro Woche Stück für Stück zu verlängern um auf das spezifische Marathontraining besser vorbereitet zu sein, als sich um mögliche Verbesserungen der motorischen Grundfähigkeiten zu kümmern.
Mal ganz stumpf ausgedrückt: auch ein Körper-Klaus kann einen Marathon laufen, aber eine Ausdauer-Null wird es wohl eher nicht hinbekommen.
Ich würde aktuell Blöcke á 5-6 Wochen bilden und dabei Trainingsschwerpunkte setzen.
An der Unterdistanz kann man mMn auch sehr gut arbeiten ohne einen 10er Trainingsplan abzuarbeiten.
Die Intervalleinhieten in einem 10er Plan sollen die in Form bringen. damit geht natürlich einher, dass du fähig bist schneller zu laufen.
Ich persönlich würde die Intervalleinheiten aber nicht so stark auf eine 10km WK-Form konzentrieren, sondern ich würde halt allgemein an der Schnelligkeitsfähigkeit arbeiten. Meiner Meinung nach hat das den Vorteil, dass du keinen allzu großen Druck hast bestimmte Zeiten im Training laufen zu müssen. Du kannst dich komplett darauf konzentrieren, locker+schnell zu laufen.
Das finde ich in der Vorbereitung viel wichtiger als irgendwelche Intervallzeiten aus einem Trainingsplan zu erfüllen. Und viele Leute versuchen genau das, wenn sie z.B. einen 10er Trainingsplan abarbeiten.
Wenn du intensivere Intervalleinheiten nicht zu stark so planst, dass du bestimmte Zeiten erfüllen musst, hat das in der Vorbereitung für mich zudem den Vorteil, dass du zugleich auch den Fokus auf Sachen wie z.B. Laufstil achten kannst.
Je mehr du dich zeitlich unter Druck setzst, umso schwieriger wird das.
Ich stelle mal exemplarisch zwei Einheiten gegenüber und versuche zu verdeutlichen, was ich meine:
1. 6x1000m im 10k RT mit 400m Trabpause (ist eine typische Einheit in einem 10er Trainingsplan)
2. Meine Alternative: 12-15x300m (ohne Vorgabe) mit 100m Trabpause (zügiger gelaufen, Richtung Tempo lockerer DL)
Um es vorweg zu nehmen: die beiden Einheiten haben natürlich bei weitem nicht den gleichen Zweck. Die erste Einheit wird sicherlich auch intensiver/anstrengender sein.
Warum ich in der allgemeinen Vorbereitungszeit die zweite Einheit der ersten vorziehen würde?
Fokus weg von der "Stoppuhr" und hin zum lockeren, schnellen Laufen. Bei jedem Intervall kann man sich "Mini-Ziele" setzen, z.B. auf den nächsten 300m vermehrt:
- auf die Armarbeit achten
- auf eine gute Körperhaltung achten
- auf ausreichend Kniehub achten
- allgemein auf einen lockeren Laufstil achten
Durch die kurzen und zügig gelaufenen Pausen wird für meine Begriffe auch die Ausdauer ein bisschen mittrainiert und man bewegt sich außerhalb der eigenen Komfortzone.
Bei intensiven 1000er Intervallen kann man sich vor allem gegen Ende hin nur noch schwer auf einen guten Laufstil konzentrieren.
Allgemein bin ich nicht gegen intensive 1000er Intervalle oder so, aber alles zu seiner Zeit.
Zudem würde ich versuchen, dass einige Fähigkeiten zumindest durch Erhaltungsreize einigermaßen stabilisiert werden.
Also einen Lauf pro Woche, der etwas länger geht. Man muss ja nicht von Woche zu Woche immer länger laufen, aber so im Bereich 20km+ (das können die Marathonis hier sicherlich besser einschätzen als ich) wäre das denke ich schon von Vorteil.
Im spezifischen Marathontraining wird das ganze ja dann auch noch in Länge und ggf. mit Endbeschleunigung ausgebaut.
Falls Stabi/Rumpfmuskulatur bei dir auch ein Thema ist, wäre jetzt auch die Zeit daran zu arbeiten. In der Marathonvorbereitung fehlt hierfür vielen meist die Zeit bzw. benötigt man Zeit für Regeneration von z.B. hohen Umfängen, langen Läufen, spezifischen Renntempo-Intervalleinheiten etc.
5er und 10er Wettkämpfe würde ich auch laufen, aber eben aus dem Training heraus und nicht spezifisch darauf vorbereitet. Sinn und Zweck ist hierbei der Trainingsreiz des Wettkampfes (eine recht lange Strecke schnell laufen). Das ist ja auch eine Art von Unterdistanztraining. Diese Wettkämpfe müssen aber keine neue Bestzeit auf der jeweiligen Distanz bringen.
Ich habe schon mit einigen Leuten gesprochen, die ihre 10er+HM Bestzeit im spezifischen Marathontraining verbessert haben.
Und das würde ich auch so angehen. Das Jahr ist ja noch lang und wenn du dich gedulden kannst, könnte eine gute 10er Zeit in den Wochen vor dem Marathon rausspringen.
So, das zunächst mal zu deiner Frage, Albatros.
Nachtzeche, sorry fürs temporäre Kapern des Threads, aber per PN wäre es vielleicht zu schade, da sich andere vielleicht auch noch für sowas interessieren. Und natürlich bin ich auch gespannt, wie andere darüber denken. Kritik und Anregungen daher gerne erwünscht

Und dir, Nachtzeche, hilft es ja vielleicht auch etwas auch, da du ja auch nach allgemeinen Vorgehensweisen gefragt hattest
