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Pronation wichtig fürs Laufen?

Pronation wichtig fürs Laufen?

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Hallo,

ich hab mal eine Frage: wie wichtig ist die Pronation im Fuß beim Laufen? In wie weit beeinflusst es das Gangbild? Ist das Risiko umzuknicken erhöht?

Mir wurde vor zwei Wochen der peroneus longus entfernt und die Pronation funktioniert fast nicht mehr.

Vielleicht kann mir jemand eine Antwort geben!

Chia

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"Die Pronation dämpft den Aufprall des Aufsetzens, indem der Stoß im Mittelstand über die gesamte Fußfläche verteilt wird. Ein zu wenig pronierter Fuß kann den Stoß nicht so gut abfedern, weil nur der seitliche Bereich des Fußes den Boden berührt. Dadurch kann es zu einer chronischen Verhärtung der Achillessehne und des Iliotibialtrakts, zu Zerrungen im hinteren Bereich der Wade und zu seitlichen Kniebeschwerden kommen [...]. Umgekehrt führt eine übermäßige Pronation im Mittelstand durch die Innenrotation des Schienbeins zu Schmerzen im Schienbein und Knie sowie zu Zerrungen der Wade. [...] Leichte bis mäßige Pronation kann des Stoß des Aufpralls am effektivsten abdämpfen." (zitiert aus: Laufen Anatomie von Puleo und Milroy)

Ich proniere auf einer Seite auch nicht vernünftig, stelle aber kein erhöhtes Risiko in Bezug auf das Umknicken fest. Allerdings habe ich supinierende Kunden, die davon berichten, dass sie häufig(er) umknicken. Denke, dass man das nicht so pauschal sagen kann, wie es wirklich ist. Die Wahl des Schuh's ist da nicht ganz unentscheidend. Die fehlende Pronation beeinflusst klar dein Abrollverhalten, das heißt aber erstmal noch gar nichts. Mögliche Risiken stehen im obigen Text.
"Often it does not matter so much what we choose, but that we do choose." (Alan Cohen)

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Man muss hier auch mal ganz deutlich zwischen Rück- und Vorfußpronation unterscheiden. Wird von (Über)Pronation gesprochen, ist meist der Rückfuß (also die Ferse) gemeint.

Beim Überknöcheln passiert genau die gegenläufige Bewegung (deshalb auch Supinationstrauma genannt) - allerdings gabs eine Studie (ich hab sie in meinem Artikel übers Überknöcheln zitiert), welche herausgefunden hat, dass durchaus viele Supinationstrauma-Kandidaten im Rückfuß nicht supinieren, sondern sogar vermehrt pronieren, dies im Mittel/Vorfuß versuchen zu kompensieren und somit der normale Abrollvorgang mit Peronealsehenaktivität (wirkt gegen das Überknöcheln) nicht mehr gewährleistet ist.
Also eine vermehrte Pronation ist sicher kein Risikofaktor fürs Überknöcheln, sehr wohl aber vermehrte Supination im Vorfuß (die manchmal mit vermehrter Rückfußpronation einhergeht).
Nachdem es ja bei Dir vorrangig um die Vorfußpronation ("Torsion" relativ zum Rückfuß) geht, würde ich damit leider sehr wohl ein erhöhtes Risiko fürs Überknöcheln assoziieren. Wurden entsprechende Gegenmaßnahmen empfohlen (Taping, Physiotherapie)? Darf ich fragen, warum der gesamte Muskel entfernt wurde? Die Funkion des peroneus brevis ist noch vorhanden?

Darüber hiaus gibts eben den bereits erwähnten Dämpfungsmechanismus.

Warum mein Vorposter vielleicht nicht unter Supinationstraumen leidet, könnnte an einem guten Peronealreflex liegen - evtl. supinierst Du auch nur im Rückfuß, nicht aber im Vorfuß.

Man erkennt jedenfalls an all diesen Freiheitsgraden, dass die Schuhindustrie mit ihrer Klassifiziereung "Neutralschuh" vs. "Gestützter Schuh" irgendwie "bissl" abstrahiert hat ...

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Super, danke schonmal für die Antworten!

Ich hab mir im April eine Achillessehnenteilruptur zugezogen. War ein offenes Trauma, mehrmalige schwere Infektionen, Wundheilungsstörungen,...und 11 OP's später hatte ich keinen der beiden Peronaen mehr. Der brevis wurde für eine Umkehrplastik benutzt und der longus war nekrotisch.

Bleibt nur noch der m. extensor digitorum der Pronation macht, aber ob das ausreicht? Momentan ist nicht viel Pronation möglich. Weiß nicht, ob ich das kompensieren werden kann?

Bisher wurde noch nichts empfohlen. Hab momentan auch noch Teilbelastung. Aber ab nächste Woche nach Fadenzug darf ich bis zur Vollbelastung steigern.

Ich denke, dass das Quergewölbe auch bald hinüber ist. Also werde ich bestimmt Einlagen tragen müssen. Sonst wurde nichts empfohlen. Weiß nicht, ob ich dann eine Peroneusschiene brauche oder ob Tapen reicht?

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Puh, also das ist (Gott sei Dank, aber das bringt Dir nix) ein so seltener Fall und damit so individuell, dass Dir hier niemand was dazu sagen kann - immerhin müsste man auch Deinen Fuß untersuchen, inwieweit Du derzeit selbst durch welche Muskeln pronieren kannst, dann kann man abschätzen, wieviel durch Physiotherapie möglich ist. Eine voreilige Einlagenversorgung würde ich nicht empfehlen, da sich Dein Abrollverhalten durch die genannte Physiotherapie noch signifikant verändern wird. In der Zwischenzeit solltest Du die Belastung nur langsam steigern, um Dein Längsgewölbe nicht zu überreizen.
Peroneusschiene beim Laufen hätte ich noch nicht gesehen, mit Leukotape kann man da wohl platzsparender arbeiten. Abgesehen davon muss man deutlich zwischen dem Ausfall des Peroneusnervs (der ja nicht nur den Peroneus longus versorgt) und der Entfernung des Muskels unterscheiden. Die Peroneusschiene dient vorwiegend der Verhinderung des Spitzfußes durch Ausfall der Dorsalflexion im Sprunggelenk - das muss bei Dir nicht unbedingt Thema sein.

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trifeminine hat geschrieben:...Beim Überknöcheln passiert genau die gegenläufige Bewegung (deshalb auch Supinationstrauma genannt) - allerdings gabs eine Studie (ich hab sie in meinem Artikel übers Überknöcheln zitiert), welche herausgefunden hat, dass durchaus viele Supinationstrauma-Kandidaten im Rückfuß nicht supinieren, sondern sogar vermehrt pronieren, dies im Mittel/Vorfuß versuchen zu kompensieren und somit der normale Abrollvorgang mit Peronealsehenaktivität (wirkt gegen das Überknöcheln) nicht mehr gewährleistet ist.
...

Was für Schuhe sollte man tragen wenn man vorn supiniert aber hinten proniert?

LG
Marion
http://www.hundephysioharz.de

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Sofern man es wirklich WEISS, dass es so ist, eine leichte/kurze Pronationsstütze, kaum Mittelfußbrücke/Stabilität im Mittelfuß durch den Schuh und vor allem im Vorfußbereich eine sehr flexible Sohle. Diese Anforderungen kann auch ein schuh erfüllen, der als Neutralchuh verkauft wird, kommt ganz aufs Modell drauf an. Ein guter Verkäufer sieht, ob die Pronation im Rückfuß im Rahmen ist, den Vorfuß kann man halt ohne Messtechnik nicht beurteilen, aber man kann schaun, dass der Schuh flexibel ist. Physiotherapeutisch kann man da natürlich auch viel machen, als Einstieg hilft da die von Gueng hier so oft genannte Übung "Kurzer Fuß von Janda".

Achtung: Antwort hat jetzt mit dem Thread selbst nix zu tun, das ist eine andre Problematik :)

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Hab nur Bedenken, dass ich Schäden am Knie oder aufsteigende Probleme an Hüfte und Wirbelsäule kriegen könnte, wenn das Quergewölbe nicht gut ist. Natürlich passiert das nicht so schnell, aber hab dennoch Angst drum. Soll nicht noch mehr kaputt gehen!

D.h. eine gute Laufanalyse nach einiger Zeit kann mir helfen, um zu sehen, inwieweit ich noch pronieren kann und welcher Schuh am besten ist?

Danke für deine ausführlichen Antworten!!! Lieb von dir!

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Kann nicht beurteilen, ob eine "gute Laufanalyse" verfügbar ist, derjenige müsste jedoch wirklich Ahnung von Orthopädie, speziell der Fußfunktion haben und nicht - so wie üblich - nur die Fersenbewegung beurteilen. Wenns nicht verfügbar ist, ist man da bei einem fußerfahrenen Physiotherapeut meist noch besser beraten, selbst, wenn der zum Laufen selbst weniger sagen kann.
Natürlich sollte man weiteren Schäden vorbeugen, da bin ich ganz bei Dir. Aber so ein spezieller Fall kann einfach nicht im Rahmen einer Schuhberatung abgewickelt werden.
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