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Schön und warm! Stockholm Marathon 2023

Schön und warm! Stockholm Marathon 2023

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Nachdem wir meine Marathons, speziell wenn weiter entfernt, gerne mit Urlauben kombinieren, und wir schon lange einmal nach Skandinavien wollten, standen diesmal drei Läufe zur Auswahl - Oslo, Stockholm oder Kopenhagen. Nachdem Oslo erst im Herbst stattfindet, blieben zwei, und meine Schwester empfahl mir Stockholm als wesentlich schönere Stadt - somit war der Lauf gebucht!

Anmeldung: Problemlos übers Internet, kein ärztliches Attest erforderlich. Die Startgebühr (ca. €120,--) ist für einen Lauf dieser Größenordnung inwischen normal; dafür bekommt man ein Funktions-Finisherleibchen; im Startpaket waren außerdem zwei Proteindrinks (nicht mein Ding). Die Bestätigung zur Abholung der Startnummer bekommt man nicht bei Anmeldung sondern erst ein paar Wochen später per eMail zugestellt.
Teilnehmer: Stockholm gehört nicht zu den ganz großen, aber sicher zu den größten Marathons in Europa; mit ca. 17.000 Anmeldungen für die Volldistanz wurden die Vor-Corona-Zahlen wieder erreicht. Entsprechend auch die Zahl der Finisher - 9.277 Männer, 3.437 Frauen und 1 "anderes" ergaben in Summe 12.715 Finisher.

Strecke: Die Planer haben eine sehr attraktive Strecke geschaffen - Start und Ziel beim Olympiastadion nördlich vom Zentrum; dann eine erste Schleife in den Westen, runter zum Wasser und übers Rathaus zum ersten Mal um die Altstadt (Gamla Stan). Danach folgt eine Runde in den Osten, über die insel Djurgarden, bevor es kurz nach der Halbmarathonmarke erneut an der Altstadt vorbei geht - dann als dritte Schleife ein Ausflug in den Süden und Südwesten, über die Langholem-Insel wieder nach Norden, retour zum Wasser und ein drittes und letztes Mal um die Altstadt herum, bevor die letzten Kilometer wieder hinauf zum Stadion führen.
Die Strecke ist touristisch sehenswert, und auch der Belag war ok (sehr sehr wenige unruhige Passagen, da muss man den Planern ein Lob aussprechen - manche Teile von Stockholm verfügen über eine geradezu gemeingefährliche Pflasterung). Flach ist die Strecke nicht wirklich, der Geographie geschuldet geht es eigentlich ständig mehr oder weniger sanft bergauf oder bergab, mit Ausnahme der direkt am Wasser entlangführenden Streckenteile. Der Lauf hat definitiv mehr Höhenmeter als z.B. Wien oder München. Wirklich "steile" Abschnitte (für einen Städtemarathon) gab es aber nur einen. Nachdem Start und Ziel auf selber Höhe liegen, sollte sich das eigentlich ausgleichen; in der Praxis kann man allerdings das Gefälle bis man das erste mal am Wasser ist nicht ausnutzen, weil der Verkehr zu dicht ist.

Organisation: Der Individualverkehr ist in Stockholm eher geduldet als erwünscht - das zeigte sich daran dass es keinen zentralen Parkplatz für das Gelände beim Olympiastadion gibt. Nachdem das mittels Kurzparkzone in der Umgebung gelöst war, kam ich schnell und unkompliziert zu allen Unterlagen - die Marathonmesse war überraschend klein; drei kurze Gänge (wovon Sponsor Adidas einen ganzen in Beschlag genommen hatte) und die Nummernausgabe. Für die Zeitnahme werden Einwegchips verwendet, Zwischenzeiten gibt es alle 5km und zusätzlich bei der Halbmarathonmarke.
Was Stockholm von den meisten anderen Läufen unterscheidet, ist wohl die Startzeit - 12:00 mittags ist ungewohnt; ich war aber nicht böse, so kam ich in den Genuss des Hotelfrühstücks, was mir bei vielen Marathon sonst zu spät wäre!
Start- und Zielbereich waren sehr gut organisiert, die Streckenabsperrungen dagegen eher sparsam außer im Innenstadtbereich. Je 5 Zugläufer für Zeiten ab 3:00 kamen zum Einsatz, ausgestattet jeweils mit Ballons und Fahnen (gute Sache, die meisten Ballons waren nach ein paar Kilometern schon Geschichte). Die Zielverpflegung würde ich als eher rudimentär bezeichnen; ok, die Schweden sind jetzt nicht für die Küche berühmt aber das Gebotene war doch eher enttäuschend. Die Umkleideräume und Duschen waren direkt neben der Zielverpflegung / Beutelsammelstelle - da hat alles super funktioniert (wobei ich eher vor der großen Masse ins Ziel gekommen bin, keine Ahnung wie das später war).
Als einziges echtes Manko habe ich empfunden, dass die Startnummern nicht - wie vielerorts üblich - am Renntag auch als Tickets für den ÖPNV gelten. In den Info-Unterlagen wurde sogar ausdrücklich erwähnt, dass Läufer, die wegen medizinischer Probleme das Rennen abbrechen müssen, sich am besten eine Karte für Bus oder Bahn kaufen sollen und damit zum Zielgelände reisen - das halte ich für verbesserungswürdig.

Mein eigener Lauf:
Ich fühlte mich ziemlich bereit - ein guter Vorbereitungsmarathon im April, ein paar kürzere Wettkämpfe - nur zwei Umstände bereiteten mir etwas Bachweh: Die Temperaturen (leider genau der wärmste Tag der Woche), auf die ich noch schlecht eingestellt bin nach einen verregneten April und Mai - und die Tatsache, dass wir bereits Montag in Innsbruck losgefahren waren und somit schon einige Urlaubstage hinter uns hatten, mit vielen Auto- und wenigen "Lauf"kilometern. Aber insgesamt war ich guter Dinge, ich hatte gut trainiert, und der schnellste Post-Covid-Marathon sollte möglich sein. (Laibach 2021: 3:05, Nantes 2022: 3:03, Linz 2023: 3:04).
Die ca. 6km zum Start von unserem Hotel auf der Insel Langholmen (in einem ehemaligen Gefängnis, dicke Empfehlung!) legte ich zu Fuß, abwechselnd trabend und flott gehend, zurück. Im Infomaterial hatte es geheißen, alle Kleiderbeutel müssten bis 11:00 abgegeben sein; ich war um 10:30 vor Ort und einer der ersten ... wie sich zeigte, war es auch um 11:30 noch möglich, das Zeug abzugeben, und die Helfer akzeptierten (im Widerspruch zum Infomaterial) auch alle anderen Behältnisse statt der ausgegebenen Beutel. Ich zog mir also mein Wettkampfzeug an (Singlet, Shorts, Saucony Endorphine 2 Pro), cremte mich mit Sonnenöl und Vaseline ein und gab das Zeug ab; danach suchte ich mir einen ruhigen, kühlen Platz und zuzelte ordentlich Wasser in mich hinein (wurde im Startbereich ausgegeben). Es war, wie gesagt, der wärmste Tag der Woche, das Thermometer über der Tribüne der LA-Anlage zeigte +21°C - in der Sonne war es schnell unangenehm; andererseits wehte ein unregelmäßiger, kühler Westwind über die Stadt, der uns auch den ganzen Lauf über begleiten sollte. Es war gar nicht leicht, eine Balance zwischen Aufwärmen und Abkühlen zu finden - ich hatte teils echte Gänsehaut. Um 11:20 betrat ich den Startbereich und suchte mir dort eine schattige aber halbwegs windgeschützte Ecke, um ruhig vor mich hin zu dehnen. Ca. 10min vor dem Start betraten dann die Zugläufer das Areal; ich positionierte mich in der Nähe der 3:15-Ballons - diesmal übersah ich auch nicht den Moment, als die Blocks aufgelöst wurden und alles richtung Startlinie drängte (was mich in Frankfurt schon einmal überrascht hatte). Punkt 12:00 leuchtete eine Reihe rosa Feuerwerkskörper über dem Start auf und wir wackelten los (ich mit ca. 1min Verspätung).

Km 0-5: Das Gedrängel war enorm - obwohl die Blocks gut sortiert waren und es kaum Teilnehmer gab, die offensichtlich falsch eingeordnet waren, war an ein geordnetes Laufen auf den ersten Kilometern kaum zu denken. Ich mache mir da keinen Stress und benützte das zum Aufwärmen - man muss sehr aufmerksam sein, aber nicht hektisch werden - das führte dazu, dass ich immer wieder Plätze einbüsste und weiter hinter die 3:15-Ballons zurückfiel als ich eigentlich vorgehabt hatte. Bei km 4 liefen wir durch eine "Garmin Power Zone", wo blaugekleidete Cheerleaders Schilder mit "FIGHT" schwenkten ... ok, bei km4 vielleicht etwas übertrieben aber die Mädels haben halt ihren Job gemacht. Ziemlich genau um die 5km-Marke begann ich dann, die 3:15-Gruppe zu überholen; Zeit für die ersten 5km: 22.04, Pace 4:25 - an dieser Stelle war ich 888. der Männer. Da ich aber mit mehr als 1min Verspätung gestartet war, waren wesentlich mehr als 887 Leute nöch vor mir unterwegs ...
km 5-10: Ich ließ die 5km-Verpflegungszone aus und machte so massiv Plätze gut; ca. bei km 6,5 gelangten wir dann ans Fjord-Ufer und liefen mit Rückenwind richtung Rathaus. Ab hier fühlte ich mich zum ersten mal richtig im Rennen; ich konnte mein eigenes Tempo wählen und der Verkehr war jetzt so dass man sich mehr auf den Belag und die Streckenführung als auf die Kollegen konzentrieren konnte. Allerdings trotz breitester Straße immer noch sehr dicht, weil sich alle rechts drängten wo die Baumreihen Schatten spendeten! Bei km 8 auf die Altstadtinsel, bei km 9 um deren Südspitze und dann an der ostseite wieder nach Norden, vorbei am Königspalast - hier war die Menschenmenge noch dichter als sie es seit dem Start ohnehin gewesen war. Kurz vor km10 stand meine Elisabeth am Straßenrand, wir hatten eine Stelle ausgemacht ansonsten hätte ich keine Chance gehabt sie zu sehen! Zeit für km 5-10: 20:46, Pace 4:10 - 771. Position.
Km 10-15: Bis km13 ging es bergauf zurück richtung Start, dann wieder runter ans Wasser - nicht viel zu berichten, ich schnappte mir an beiden auf diesem Abschnitt befindlichen Verpflegungsstationen jeweils etwas Wasser, durchlief jede Nebelwand (leider zu wenige an diesem warmen Tag) und überholte fleißig vor mich hin. Zeit: 21:05, Pace 4:13 - 709. Position.
Km 15-20: Bis km 17 ging es mit Rückenwind, aber jetzt fast ohne Zuschauerunterstützung, ostwärts, dann bogen wir nach Djurgarden ab; ab km 18 ging es dann mit straffem Gegenwind zurück richtung Innenstadt. Wiederum benützte ich beide Verpflegungsstände (es gab zum Glück mehr als nur alle 5km welche); auch zwei Soundbühnen und eine Nebeldusche lockerten das Rennen in diesem ansonsten mehr dem Pferdesport gewidmeten Stadtteil auf. Hier überholte ich auch zwei verletzte Läuferinnen aus der Eliteklasse; bei km 19 wurde ein kollabierter Läufer neben der STrecke verarztet. Zeit für km 15-20: 20:48, Pace 4:10; Position jetzt: 625.
Km 20-25: Ab hier war es erstmals so, dass sich vor mir größere Lücken im Läuferfeld auftaten (also, mehr als 20m). Die HM-Marke passierte ich nach netto 1:29:18, eine sehr flotte erste Hälfte trotz des verhaltenen Starts. (Ich hatte wie immer keine Uhr, aber bei jeder Zeitnehmmatte lief auch eine Uhr mit, sodass ich ziemlich genau wusste wo ich umging). Ich rechnete allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht damit, die 3:00 schlagen zu können - es wurde ja immer wärmer; das sind Umstände die mir gar nicht behagen. Aber ich war froh, mich noch so gut zu fühlen und weiterhin Kollegen "einzusammeln". Bei einem der Stände schnappte ich mir eine Salzgurke - sowas hatte ich bei einem Lauf noch nie als Verpflegung gesehen; hat mich aber nicht überzeugt. Es ging wieder nach Gamla Stan; ca. bei km23 wartete wieder die Elisabeth und steckte mir eine Flasche Wasser zu. Bei den Verpflegungsständen gab es leider nur Becher - natürlich schnappte ich mir auch dort immer einen oder zwei - ein Paar Schluck trinken, Rest über Kopf und Schultern gießen - jedes Bisschen Abkühlung war wichtig! Bei km24 erreichten wir das Südufer des Fjords und nun ging es einen km doch recht ordentlich bergan bis zur 25km-Matte. Zeit für km 20-25: 21:13; Pace 4:15. Mein Position war mittlerweile 566.; ich überholte nach wie vor fleißig. Viele Kollegen hatten hier schon echte Probleme, immer wieder sah ich Leute mit Krämpfen oder welche, die bei den Verpflegungsständen stehenblieben.
km 25-30: Das waren jetzt eher zähe Kilometer, es ging immer wieder leicht bergan oder bergab, vor allem aber westwärts, das heißt: Voller Gegenwind. In diesen Stadtteilen gibt es auch wenig Grün, hier war es zum ersten mal wirklich unangenehm warm. Hier nahm ich erstmals auch etwas Isotonisches bei den Verpflegungsständen; das mache ich normalerweise nie. Kurz vor km 29 ging es wieder runter zum Wasser aber gleich darauf bergan, über die langgeschwungene, einen Kilometer lange Langholmen-Brücke. Das war ein zäher Streckenteil - keinerlei Schutz vor Sonne und Gegenwind und keine Zuschauer! Am Ende der Brücke dann die 30km-Matte - Zeit für km 25-30: 21:44, Pace 4:21. Meine Position war jetzt 517.
km 30-35: Erneut eine Schleife durch den Nordteil, wo wir schon nach dem Start durchgelaufen waren - nun machte die Power Zone mit den "Fight"-Cheerleaders mehr Sinn! Hier gab es wieder mehr Schatten und der Wind war nicht lästig, mit ein paar Umstellungen bei der Lauftechnik konnte ich die Pace wieder leicht steigern auf 4:17 - Zeit für diesen Abschnitt 21:22, meine Position war mittlerweile 448.
Km 35-40: Ab jetzt musste ich der Wärme Tribut zollen, ich hatte keine Tricks mehr auf Lager um die Pace hochzuhalten sondern achtete einfach nur mehr darauf, einen sauberen Rhythmus ins Ziel zu bringen. Ein drittes mal ging's rund um Gamla Stan, bei km38 überreichte mir die Elisabeth noch einmal eine Flasche - dann ging's richtung Ziel, leider natürlich bergauf! Zeit: 22:27, Pace 4:30. Obwohl das jetzt schwierige Kilometer waren überholte ich weiterhin regelmäßig Kollegen - viele hatten Krämpfe - meine Position nach km 40: 406.
Km 40-42,2: Das war jetzt nur mehr Routine, ich konnte meinen Rhythmus halten und lief ohne große Euphorie aber zufrieden das Rennen "nach Hause". Die Pace war nur mehr 4:32, dennoch konnte ich auch auf diesen letzten Kilometer noch einige Leute überholen - das Ziel durchlief ich nach 3:01:24 als 395. bei den Männern; in meiner AK55 bin ich 5. geworden.

Ich schnappte mir schnell die Medaille und das Finisher-Shirt und machte mich auf den Weg zum Verpflegungs-Areal - ich fühlte mich etwas wackelig und einige der Kollegen mussten sich hinsetzen - die Hitze hatte uns allen zugesetzt! Bei der Verpflegung gab's Wasser, Erdinger alkoholfrei, die obligatorischen Zimtschnecken (nur eine pro Teilnehmer, wie mir eine Schwedin auf schwedisch aber unmissverständlich mitteilte) und - erstmals bei einem Marathon für mich - Hot Dogs! Ich dachte ich sehe nicht richtig, aber da wurde den Finishern tatsächlich ein blondes Brötchen mit Wurst drin in die Hand gedrückt, danach konnte sie sich Majonnaise und/oder Ketchup an einem SB-Stand drüberkippen - unglaublich. Ich verzichtete und machte mich lieber auf den Weg zu den Duschen ...

Fazit:
Der Stockholm Marathon ist auf jeden Fall eine Reise wert! Die Stadt ist wunderschön und der Lauf ist gut organisiert und besucht; von der Attraktivität der Strecke würde ich ihn mit Barcelona oder Florenz gleichsetzen. Es ist vermutlich kein Lauf für eine PB; dazu gibt es zu viele Höhenmeter und der Mittagsstart in Verbindung mit dem Juni-Termin birgt, wie man diesmal gesehen hat, das Risiko hoher Termperaturen. Ich kann mich nicht erinnern, bei einem Lauf schon einmal so viele Leute mit Krämpfen oder sonstigen gesundheitlichen Problemen gesehen zu haben, und dabei waren das alles super Sportler (die waren schließlich vor mir unterwegs gewesen).
Aus persönlicher Sicht: Im ersten Moment fand ich es schade, dass ich nicht die 3:00 angreifen hatte können - nach einer 1:29 HM-Marke sicher verständlich - aber letztlich überwiegt die Zufriedenheit! Mein mit Abstand schnellster Post-Covid-Marathon, und das bei nicht leichten Bedingungen, und vor allem war das Rennen gut eingeteilt; zu keinem Moment drohte der Mann mit dem Hammer, sondern ich musste auf den letzten Kilometern einfach das Tempo etwas reduzieren, konnte aber den Lauf sehr sauber beenden und bis zum Schluss Kollegen überholen. Und 5. in meiner AK bei einem Lauf mit mehr als 10.000 Finishern ist wirklich ok!
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