FreeYourself hat geschrieben:... laufe seit letztem August regelmäßig...Also würde ich mal sagen, dass ich immer noch blutige Anfängerin bin... meinen ersten Halbmarathon habe ich am 9. März bzw. den würde ich gerne mitlaufen.
Wäre es denn jetzt auch realistisch auf den Düsseldorf- Marathon am 27. April zu trainieren?...
Also wäre das realistisch zu schaffen oder sollte ich mein "Marathon- Debüt" lieber auf den Herbst schieben?
Hallo FreeYourself,
deine Jugend und offensichtlich hohe Motivation gepaart mit einigermaßen Ausdauertalent haben dich binnen weniger Monate so weit gebracht, dass du nun immerhin an der Schwelle zum Halbmarathon stehst. Und wie es scheint, wirst du den am 9. März in einem Tempo laufen können, das dich mit einer Zeit von nur knapp über zwei Stunden ins Ziel bringen wird. Ich will jetzt nicht unken und einfach mal davon ausgehen, dass diese Unternehmung gut für dich ausgehen wird. Gut vor allem im Sinne von "verletzungs- und beschwerdefrei".
Doch um das klar zu sagen: Hättest du vor ein paar Wochen angefragt, ob du im Frühjahr 2014 einen Halbmarathon anpeilen sollst, dann hätte ich dir damals von diesem Ziel abgeraten und empfohlen erst einmal einen 10km-Lauf zu absolvieren, dann vielleicht noch einen und deine Zeit zu verbessern. Und zwar nicht, weil ich unterstellt hätte, dass du keine 21 km weit im Frühjahr würdest laufen können. Nicht alles was man als (talentierter nicht von Handicaps gebremster) Einsteiger von der Ausdauer her in den ersten Monaten erreichen kann, sollte man sich tatsächlich auch antrainieren! Der Grund dafür ist, dass man seinem Körper Gelegenheit geben muss, die ständig wachsende Leistung auch von den Sehnen, Gelenken und dem Knochengerüst her zu verkraften. Wenn man in einen Kleinwagen unvermittelt einen Porschemotor einbaut und einfach losbrettert, nicht zuvor dafür sorgt, dass die tragenden Elemente der Karosserie verstärkt werden, dann wird es die Karre irgendwann zerreißen ... Der Vergleich hinkt und übertreibt. Natürlich. Er soll dir auch nur verdeutlichen, worauf ich raus will.
Vollends vermessen wäre nun, dem Halbmarathon binnen weniger Wochen gleich einen Marathon folgen zu lassen. Du kannst das nicht wissen aber - nur mal so dahin gesagt: Ein Marathon ist weit mehr als einfach "nur" zwei Halbmarathons. Ein Marathon ist nicht einfach nur die doppelte Menge an zu laufenden Kilometern. Nicht nur doppelte Quantität, es besteht auch Qualitätsunterschied. Worin der besteht, wirst du dereinst erfahren, wenn du auf einen Marathon trainierst.
Vom Marathon (-training) rate ich dir nicht nur wegen der fehlenden orthopädischen Voraussetzungen ab, sondern auch, weil das Training für eine Distanz von 42 km in dieser verbleibenden kurzen Zeit in deiner speziellen Situation nicht zu schaffen ist. In diesem Zusammenhang ist es erst einmal egal, ob du nur "Ankommen" willst oder unter vier Stunden bleiben. 42 km wollen gelaufen sein. Wenn du unter "Ankommen" auch einreihst die letzten 10 bis 15 km zu gehen, dann mag es möglich sein, das ist dann aber kein
gelaufener Marathon, sondern ein
gegangener ...
Und nun zur ganzen Härte des Schicksals von Menschen, die davon träumen einen Marathon zu laufen. Oder für solche wie dich, bei denen der Traum durch grenzenlose Naivität ersetzt zu werden scheint

: Alle Fachleute - das sind Menschen, die von einer Sache wirklich etwas verstehen, im Falle des Marathons erfahrene Läufer, Trainer, Mediziner, Physiotherapeuten, die Läufer betreuen -, also alle diese Fachleute werden dir mehr oder weniger übereinstimmend sagen, dass man mindestens 1,5 bis 2 Jahre Lauferfahrung ohne längere Trainingsunterbrechungen haben sollte, bevor man sich an ein Marathontraining wagt. Ans Training wohlgemerkt, nicht den Marathon selbst. Ein spezifisch auf einen Marathon ausgerichtetes Training dauert in etwa 12 Wochen.
Mithin ist auch ein Marathontermin im Herbst eine gewagte Sache. Den Grund für ein erhöhtes Risiko habe ich oben schon erläutert. Es dauert Monate, bevor dein Körper die schlecht bis gar nicht durchbluteten und deshalb verzögert mit Nährstoffen versorgten Sehnen und Gelenke so verstärkt hat, dass dir Trainingsdistanzen jenseits 25 km und die Gesamtbelastung eines Marathontrainings nichts mehr anhaben können (wahrscheinlich nichts mehr anhaben können, ein Restrisiko sich zu verletzen besteht immer). Die meisten Laufverletzungen bestehen aus Kniebeschwerden, zweit häufigste Ursache für den Besuch einer Arztpraxis sind Blessuren der Achillessehnen. Ein Gelenk führt die Verletzungshitliste an und eine Sehne (nebenbei die wichtigste Sehne für den Läufer überhaupt, erringt die Silbermedaille. Das ist kein Zufall. Aber man muss auch nicht zwangsläufig zum Personenkreis gehören, der Blessuren aus dieser Hitliste kennen lernt. Man braucht nur jeweils dem zu folgen, was bekannt ist. Zumal dann, wenn es einem jemand sagt.
Meine Empfehlung: Freu dich auf den Düsseldorf Marathon. Aber 2015 und nicht in diesem Jahr. Bis dahin wirst genug Lauferfahrung haben und einen ausreichend konditionierten Bewegungsapparat.
Wünsche dir alles Gute und den Mut zu den richtigen Entscheidungen
Gruß Udo