Montag
Die doppelte Waldrunde letzte Woche hat mir gefallen, also laufe ich sie heute nochmal.
In der letzten Woche hatte mich mein Mann begleitet, aber diesmal bin ich allein mit Hörbuch. Ich achte gar nicht so sehr auf mein Laufen, bin durch die Geschichte und meine eigenen Gedanken zu sehr beschäftigt. Ich habe bemerkt, dass ich im Alltag wieder mehr auf meine Umgebungsgeräusche reagiere. Sehr oft sind mir meine Mitmenschen wieder zu laut. Das ist immer ein Zeichen, dass sich meine Dämonen wieder in mein Leben schleichen wollen.
Ich lasse meinen Körper einfach machen, was er will. Kein Blick auf den Pulsmesser, keine Gedanken über Geschwindigkeit, einfach nur frei laufen.
8,09 Kilometer, 53:09 Minuten, Pace 6:34, 88 Höhenmeter, Durchschnittspuls 157
Ganz schön schnell für meine Verhältnisse. Ich fühle mich hinterher aber gar nicht sooo kaputt. Dem Kopf hat der Lauf jedenfalls gut getan.
Mittwoch
Ich laufe wieder allein. Ist auch besser so, denn mein Mann hat unheimlichen Spaß am Gerenne, aber ich habe keine Lust auf Intervalle oder so ein anstrengendes Zeug. Will wieder einfach nur den Kopf frei kriegen. Die Geräuschempfindlichkeit geht nicht weg, mir gehen meine Kollegen auf den Zeiger. Warum reden sie neuerdings so viel? Und seit wann schlürft die nette Kollegin neben mir so laut ihren Kaffee? Kann sie nicht leiser schlucken? Ist ja ekelhaft, jetzt schlabbert sie auch noch einen Joghurt. Waren die Tastaturen immer schon so nervig? Muss der Kollege gegnüber dauert mit seinem Kuli klackern?
Die ganze Welt ist neuerdings so. Mein Körper reagiert mit steigendem Puls und Schweißausbrüchen. Die Dämonen kommen näher.
Am Nachmittag darf ich endlich in den Wald. Es soll heute nur die kurze Waldrunde sein. Ideales Laufwetter bei 22 Grad und Sonnenschein. Und wie am Montag lasse ich mich einfach durch die Strecke treiben. Es ist die schönste und friedlichste halbe Stunde des Tages.
5,18 Kilometer, 34:08 Minuten, Pace 6:35, 58 Höhenmeter, Durchschnittspuls 148
In der kommenden Nacht schlafe ich zum ersten Mal seit Monaten wieder schlecht. Ich kann einfach nicht einschlafen. Zum Glück ist kein Gedankenkarussel dabei.
Donnerstag
Da ich in dieser Woche am Freitag keine Zeit habe, laufe ich stattdessen beim Lauftreff in der Firma mit. Am Donnerstag werden zwei Strecken angeboten, einmal flach, einmal mit Steigung.
Da die Flachstrecke komplett ohne Schatten ist, entscheide ich mich bei Sonnenschein und 24 Grad liebe für die kühle Runde im Wald. Außerdem habe ich mit der Strecke noch eine alte Rechnung offen. Ich bin dort erst einmal, im Juni, mitgelaufen und musste wegen großer Kreislaufprobleme abbrechen.
Die ersten zwei Kilometer geht es knackig bergauf, dann einen Kilometer wieder sanft bergab, nach einer Kehre etwa 1,5 Kilometer wieder heftig bergauf, dann eine halben Kilometer steil bergab, einen weiteren Kilometer sanft bergab und den Rest einigermaßen eben.
Ich habe etwas Angst vor den Steigungen, außerdem merke ich die wenigen Stunden Schlaf.
Der erste Anstieg ist kein Problem, aber der zweite Anstieg wird eine echte Herausforderung. Ich muss sehr mit mir ringen, nicht einfach gefrustet stehen zu bleiben. Nur das laute Schnaufen des jungen Kollegen hinter mir motiviert mich, immer weiter zu laufen. Er ist dreißig Jahre jünger als ich, drahtig und kerngesund und hat Mühe, mir zu folgen
. Auf dem letzten Stück versucht er dann doch tatsächlich, mich einzuholen. Nein, das geht gar nicht, und so kann ich nochmal schneller werden. Ich lasse das Bürschchen nicht vorbei.
6,61 Kilometer, 46:55 Minuten, Pace 7:05, 182 Höhenmeter, Durchschnittspuls 153
Ich fühle mich super, dass ich meine Angststrecke heute völlig problemlos durchlaufen konnte.
Sonntag
Die letzte Nacht konnte ich wieder gut schlafen. Aber ich merke, dass die Gedanken sich wieder verdunkeln.
Der Körper hat die Anstrengung von Donnerstag gut verdaut, also geht es auf die Sonntagsrunde mit Gatten.
Die ersten zwei Kilometer fühlt sich auch alles ganz prima an, aber dann werde ich immer kraftloser. Dieses Energiepaket neben mir merkt überhaupt nicht, wie schwer mir die Schritte fallen. Hört er mich nicht schnaufen? Sieht er nicht, dass er schon wieder einen Schritt vor mir läuft? Ich bin stocksauer und raunze ihn an, dass er entweder vorlaufen soll zum Auto oder sich gefälligst an mein Tempo anpassen soll.
Na super, zur Geräuschempfindlichkeit und Schlafstörungen kommt jetzt auch noch sinnlose Wut. Willkommen, Dämonen, macht es euch bequem...
5,02 Kilometer, 32:41 Minuten, Pace 6:30, 28 Höhenmeter, Durchschnittspuls 154
Ich bin hinterher völlig platt.
Woche gesamt
24,90 Kilometer
2:46:55 Stunden
Ich muss in der nächsten Woche sehr gut auf mich aufpassen. Nächsten Sonntag ist die Laufveranstaltung, an der ich mit meinem Mann teilnehmen werde. Ich habe geplant, morgen die doppelte Waldrunde und am Donnerstag die Flachstrecke mit dem Lauftreff zu laufen. Das muss als Vorbereitung reichen.