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von U_d_o
Hallo jana.sophie,
ob man kurz und sehr schnell oder weit und dafür ausdauernd langsam laufen kann, ist zum größten Teil eine Frage des jeweiligen Trainings. Will heißen: Wenn du heute für HM trainierst, dann wirst du bald einen HM in ansprechender Zeit laufen können. Doch dieser Weg ist nicht unumkehrbar. Wenn du danach dein Training änderst, weil du plötzlich als Ziel hast auf kürzeren Strecken schnell zu sein, dann wird dir das nach der entsprechenden "Anlaufzeit" auch gelingen. Der größte Teil des Lauferfolges ist immer Training (= Trainingsfleiß, Fähigkeit sich über längere Zeit entsprechend zu fordern). Ob jemand wirklich (Super-) Klasse bei einer der Laufdisziplinen werden kann - damit meine ich nicht nur lokale oder regionale Spitze, sondern bundesweit oder gar noch umfassender - liegt aber nicht in seiner Hand. Das hat sich bei der Kombination der Gene seiner Eltern entschieden. Man muss bestimmte herausragende Eigenschaften besitzen, um z.B. einen Marathon in einer Spitzenzeit laufen zu können. Und für die Fähigkeit wirklich schnelle Sprints abzuliefern gilt dasselbe. Eine wichtige, für Sprinter z.B. entscheidende Eigenschaft ist der Aufbau der Muskeln. Grob vereinfacht: Wir verfügen über zwei Arten von Muskelfasern: Schnell zuckende (FT-Fasern, von Fast Twitch) und langsam zuckende (ST-Fasern, von Slow Twitch). Die prozentuale Zusammensetzung von Muskelbündeln variert von Mensch zu Mensch. Es gibt Menschen, die von Geburt an - in den Genen festgelegt - eine erhöhte Anzahl von FT-Fasern besitzen. Solche Menschen sind dazu prädestiniert (zumindest was diese Eigenschaft ihrers Körpers angeht) sehr schnell zu laufen. Andere besitzen mehr ST-Fasern. Aus denen wird nie ein Weltklassesprinter rekrutiert werden können, dafür haben sie muskulär zumindest eine Chance gute Ausdauer zu entwickeln. Nun kommt noch hinzu, dass eine Unterklasse der FT-Fasern durch entsprechendes Training in ST-Fasern umgewandelt werden kann. Das würde nun die Argumentation stützen, dass Ausdauertraining der muskulären Schnellkraft (also der Schnelligkeit) abträglich ist, wenn sie unumkehrbar wäre. Ist sie aber nicht. Durch entsprechendes Training werden die Fasern wieder ihre ursprünglichen Eigenschaften annehmen.
Ich würde mich dem Rat deines Vereinsmenschen trotzdem anschließen, wenn du wirklich eine Karriere als Sprinter (100 bis 400 m) anstrebtest. Denn jedes verlorene Jahr Training wird letztlich die Erreichung deiner persönlichen Grenze in einer Disziplin hinauszögern und irgendwann dann auch dazu führen, dass diese persönliche Grenze nicht mehr voll ausgereizt werden kann. Da du dergleichen aber nicht willst, gibt es keinen Grund auf das Ausdauertraining zu verzichten.
Alles Gute und viel Spaß beim Laufen
Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger.
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe
PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h