Und hier noch mein Auftritt als "Marathon-Model" beim Dreiländer-Marathon 2010
Als "Marathon-Model" beim 3-Länder-Marathon
Nach dem erfolgreichen Marathon beim Swiss-Alpine in Davos waren für 2010 keine weiteren Aktivitäten geplant, aber als ich dann Anfang September von einem Hüft-Schleimbeutelgeplagten Läufer für die Hälfte der Startgebühren die Nummer übernehmen konnte, freute sich mein Schwabenherz und ich griff zu. Am 9. September war alles klar und ich konnte mich selbst online ummelden, ein toller Service, ganz unproblematisch. Natürlich war die Trainingszeit bis zum Starttermin äußerst gering für eine anständige Vorbereitung, ich hab noch schnell 4 längere Läufe gemacht und das war's dann auch, mehr Training gab's nicht.
Am 21. September kam dann mit dem Newsletter ein Aufruf „Marathon-Model gesucht“
Ich, gar nicht bange und immer Blödsinn im Sinn – wer denkt denn auch, daß er bei sowas angenommen wird – innerhalb von 3 Minuten eine e-mail in den PC gehackt, auf „senden“ gedrückt und nicht mehr drangedacht:
Hallo Bodensee-Marathon-Team,
hiermit bewerbe ich mich um den Posten als "Marathon-Model".
Leider habe ich keine Model-Figur und meine Altersklasse ist bei Hugh Hefner auch nicht mehr vertreten, ich werde mit Sicherheit auch nichts gewinnen, aber vielleicht kann ich das "Heer der Namenlosen", die nur mit ihrem eigenen Schweinehund -und vielleicht auch der Stoppuhr - kämpfen, repräsentieren.
Gleich am Abend kam dann eine mail mit der Bitte um Lauffotos, ich hab 2 schöne Fotos und 1 „realistisches“ vom Juli 2010 mit rotem Kopf und zerzausten Haaren hingeschickt mit dem Zusatz „so sehe ich halt aus, wenn ich mich im Hochsommer quäle“.
Schon am 23. September kam dann der Schreck in der Mittagsstunde, denn die zuständige Redakteurin schrieb mir:
Sehr geehrte Frau Rennschnecke,
es freut uns sehr, dass sie Interesse an unserer DVD Produktion haben.
Wir möchten mit unserem Film genau das wiedergeben, was sie bei ihrer Bewerbung geschrieben haben.
Der Marathon ist für jedermann egal ob Alt oder Jung, Profisportler oder Hobbysportler.
Es gab dann einige Vorgespräche, wie lange läufst du schon, wieviel Marathon-Läufe bisher, Bestzeit, Lauf-Traumorte für die Zukunft, welche Zeit für den aktuellen Lauf anvisiert.....usw. Bei der Bestzeit mußte ich natürlich meine 4:00:05 aus 2007 angeben und daß ich seither immer wieder diese Marke verfehlt hatte, ein paarmal gab's Krämpfe unterwegs, in Regensburg und Berlin war's zu heiß, manchmal war das Streckenprofil zu wellig, letztes Jahr in Frankfurt traten ab km 38 plötzlich Darmbeschwerden auf, die mich zu einem langsameren Tempo nötigten, kurzum, die 4-Stunden-Marke habe ich bisher nicht erreicht und werde ich wohl in meinem Läuferleben auch nicht mehr knacken, inzwischen muß ich froh sein, daß ich meine bisherigen Zeiten einigermaßen halten kann – nächstes Jahr laufe ich in der AW55, da haue ich sicher keine Bestzeiten mehr raus.
Da ich aber den 4-Stunden-Pacer vom 3-Länder-Marathon kenne, wollte ich mich seiner Gruppe anschließen und so lange wie eben möglich bei ihm bleiben. “rob” ist ein erfahrerer Pacer, Triathlet, schon zum 3. Mal am Bodensee dabei und hat seine Schäfchen bisher immer in einer Punktlandung ins Ziel gebracht.
Kurz vor dem Renntag gingen noch einige mails hin-und her, geplant war, daß mich am Sonntag eine Kamera ab morgens um 10 Uhr bei der Kleiderbeutelabgabe begleitet, bei den Startvorbereitungen (vielleicht beim Dixi-Anstehen), beim Start, unterwegs wird ab und zu ein Motorrad neben mir herfahren wie damals Rubenbauer in Berlin, bei den Verpflegungsstellen kurze Gespräche unterwegs, dann der Zieleinlauf, nach dem Ziel die Medaille usw... und später dann noch ein Besuch bei mir zuhause mit dem Rückblick auf das Laufwochenende.
Inzwischen war natürlich der Lauf in den Hintergrund gerückt, ich machte mir weniger Gedanken um das Renngeschehen oder gar um irgendwelche Bestzeiten als darum, ob ich nicht ab km 30, wenn das Hirn ausschaltet, irgendwelchen Sch......schwatze, aber das könnte ja gottseidank hinterher rausgeschnitten werden. Oder vielleicht muß ich auch synchronisiert werden, und wenn's ganz schlimm mit dem Schwäbisch werden sollte , könnte man ja immer noch Untertitel einblenden wie bei „Bauer sucht Frau“. Zu allem Unglück hatte sich auch noch ein kleiner Stress-Herpes an der Oberlippe angekündigt – einmal im Leben Model und dann sowas
Am Samstag begann mein Marathonwochenende mit der Anreise und dem Besuch auf der Messe, um die Mittagszeit alles noch ohne Wartezeiten und ich konnte beim offiziellen Laufhemdkauf sogar anprobieren. Leider war meine gewünschte Größe schon ausverkauft, hab jetzt halt ein Männerhemd genommen. Bei der obligatorischen Fettmessung, die ich auf jeder Marathon-Messe machen lasse, hat mir der junge Mann mit Lockenschopf empfohlen, doch mit dem Ausdauertraining zu beginnen. (Nur zur Info: ich bin gestern meinen 18. Marathon gelaufen).
Auch am Sonntagmorgen begann alles ganz entspannt. Das Kamerateam und wir haben uns an meinem LKW getroffen, uns bekannt gemacht, ich bekam einige Instruktionen wie z.B. “sprich in ganzen Sätzen, nicht nur Ja oder Nein”, ich habe ihnen mein gelbes Käppi mit dem ForumTeam-Logo gezeigt, das ich aufsetzen wollte und sie waren froh drum, da war der Wiedererkennungswert unterwegs viel größer als bei den weißen Mützen, die die meisten Läufer aufgesetzt hatten. Danach wurde die Kleiderbeutelabgabe aufgenommen und dann trennten sich unsere Wege auch schon wieder, ich wollte mich am Dixi anstellen.
Inzwischen hatte ich bereits alle Überklamotten abgeworfen, es war schon ziemlich warm und als ich mich dann in meinen Startblock begab, haben sich die meisten Läufer schon die Unterhemden ausgezogen und den Angehörigen über die Absperrgitter zugeworfen. Ich hab mich dann zu “rob” gesellt, der mit seinem Flügel weithin sichtbar war und der mir in der Wartezeit seine Haltekonstruktion gezeigt hat. Seit sich in früheren Jahren die Ballons schon vor dem Start verabschiedet hatten und geplatzt waren, wird seit letztem Jahr am Bodensee nicht mehr mit Ballons gepaced, sondern mit großen, weithin sichtbaren Pacemaker-Fahnen, damit sehen sie aus wie einflüglige Schmetterlinge, sicher für die Pacer nicht ganz einfach, mit den Dingern zu laufen.
Nach einigen Grußworten, u.a. auch vom Bürgermeister der Stadt Sparta, ging es dann endlich los, an die Startmusik hab ich jetzt keine Erinnerung mehr, und nach kurzem Stopp-and-Go waren wir schon auf der Strecke. Start war um 11.11 Uhr, die Sonne schien und die Cafes an der Promenade waren gut besetzt.
Auf den ersten Kilometern durch die Stadt, über die Seebrücke und dann Richtung Bregenz war die Strecke genau so voll wie in den letzten Jahren, ich war durch meine Getränkeflasche aber unabhängig von den Verpflegungsstellen, hab mir jedoch dort, wo ich gut rankam, immer einen Becher Wasser gegriffen und Gesicht und Arme gekühlt. Ich hab von Anfang an Schatten gesucht und bin, wo immer es ging, unter den Bäumen gelaufen, aber es gab auch wieder viel zu warm angezogene Teilnehmer. Manche sind ja auch nur den Viertelmarathon gelaufen, aber in unserer Gruppe war Nina, die ihren ersten Marathon lief, sie ist mir aufgefallen, weil sie mit einer langen Trainingshose angezogen war, keine Laufhose, eine richtige Hose mit Schlag für's Fitness-Studio. (Ich hab abends in der Ergebnisliste geschaut, sie ist gottseidank angekommen.)
Wie immer in einer großen Läuferschar mußte ich aufpassen, daß ich nicht die Ellenbogen der vorauslaufenden Männer - es sind immer nur Männer, Frauen schlenkern nicht so weit ausholend - ins Gesicht bekam, bei einer Person über 1,80 sind die weit nach hinten ragenden Ellenbogen eine Gefahr für meine Zähne. Kleine Leute leben gefährlich.
“rob” ist genau nach seiner Zeittabelle gelaufen, hat für langsamere Läufer seine Gruppe angekündigt und uns auch vor jedem Hindernis durch lautes Zurufen gewarnt – Achtung, Auto rechts - vorbildlich.
Inzwischen war mein Mann mit dem Zug von Lindau nach Bregenz gefahren, kostenlos an diesem Tag auch für die Angehörigen durch den Verkehrsverbund der 3 Länder. Er hat mich auf der Promenade in Bregenz fotografiert, natürlich wieder erwischt im angeregten Gespräch mit Erich, einem Halbmarathoni. Erich läuft mit erhobenem Zeigefinger, keine Ahnung, worüber wir uns da unterhalten haben, auf jeden Fall hat er ein gutes Rennen gemacht, er ist in 1:59,55 ins Ziel gekommen, eine Punktlandung!!!!!
Vor der Seebühne tobte der Bär, hinter den Absperrgittern Zuschauer in mehreren Reihen, da fiel es schwer, sich auf den engeren Korridor in der Seebühne zu konzentrieren. Leider sind mir dadurch die 2 Füße auf der Bühne entgangen. Ich habe sie nicht gesehen, entweder waren sie noch da und ich hab sie übersehen oder sie sind schon abgebaut und vielleicht verkauft an einen Marathonveranstalter, wäre ein klasse Hingucker in jedem Zieleinlauf, diese blauen Füße. Marathonläufer haben gottseidank nur blaue Zehennägel.
Jeder Marathonläufer, der schon mal in Frankfurt gelaufen ist, wird den riesigen Hammermann vor den Messehallen nie vergessen, genauso wäre es mit den blauen Füßen aus dem Aida-Bühnenbild.
Im Park in Bregenz traf ich dann zum ersten Mal bewußt auf den Kameramann, der versucht hat, ein kurzes Stück neben mir herzulaufen und fragte, wie geht's , wie läufts, ich war guter Dinge und sagte nur, noch sehr gut, es sind ja erst 10 km, komm in 20 km noch mal vorbei und frag mich dann dasselbe.
Das hatten einige Läufe um mich rum mitbekommen und ich wurde gefragt, was denn das Fernsehen so an Honorar zahle, sie waren ganz enttäuscht, als ich antwortete: nix, ich schwitze für umsonst.
So ging es immer weiter, rechts der See, manchmal noch im Schatten der Bäume, viele Zuschauer, die uns anfeuerten, immer in der großen Gruppe um “rob". Auf der Schwank-Brücke über die Bregenzer Ach habe ich mir einen starken Mann gegriffen und wir sind gemeinsam Hand in Hand rübergelaufen bzw. rübergeschwankt. Als dann die Halbmarathonis abbiegen mußten, wurde es leerer auf der Strecke. Irgendwann danach hab ich am Erfrischungspunkt ein Gel genommen, dasselbe wie immer, keine Experimente, “rob” ist weitergelaufen, aber ich hab ihn immer noch gesehen und bin dann auch wieder auf ihn aufgelaufen, mußte aber leider dann nach ein paar Kilometern bemerken, daß es in meinen Innereien anfing zu rumoren.
Ausgerechnet da hat das Motorrad wieder auf mich gewartet und da war meine Aussage nicht mehr ganz so optimistisch.
Ich hab mich dann grade noch über die Rheinbrücke retten können, der erste Feldweg rechts ab wurde im Sturmschritt genommen und das erstbeste Gebüsch angesteuert, nicht links und nicht rechts geguckt und dann konnte ich mich endlich erleichtern. Als ich das erste Mal wieder aufschauen konnte, sah ich kurz vor mir auf dem Feld einen Bauern mit seinem Traktor pflügen und in meine Richtung fahren, ich nur die Hand gehoben und gewinkt: weggucken, ob er es gehört hat weiß ich nicht, auf jeden Fall hat er umgedreht, vielleicht war auch die Ackerfurche zu Ende.
Als ich mich dann wieder aufgerappelt hatte, waren natürlich einige Minuten vergangen und “rob” schon über alle Berge, und jetzt fehlte auch die Energie, wieder so schnell zu laufen, um ihn einzuholen. Mir war irgendwie magenschwach, ich konnte kein Wasser mehr sehen, ich hab dann bei den nächsten Getränkestellen jeweils nur ein paar Schluck Tee getrunken und mir das Wasser über den Kopf gekippt und gekühlt.
Beim nächsten Motoradstopp ging es mir mies, fühlte mich wie “Flasche leer”, traute mich aber nicht, von den unterwegs angebotenen Elektrolytgetränken zu nehmen, weil ich befürchtete, daß die Sache wieder nach hinten losgehen könnte. Ausgerechnet als Marathon-Model mußte mir das passieren, ich wollte doch als strahlende Marathonläuferin Reklame für meinen Sport machen. Und jetzt sowas, einen meiner schlechtesten Marathons würde ich abliefern.

Keine Ahnung, wie ich auf den Aufnahmen aussehen würde, besonders gut sicher nicht mehr. Was war ich auf den nächsten Kilometern froh, die Motorradjungs immer mal wieder zu sehen, gab es mir doch Gelegenheit zu einer kleinen Pause. Sie machten mir Mut und ich konnte sie beruhigen, keine Sorge, ich komme an, die Medaille hole ich mir, aber halt langsamer als geplant. Ich habe bisher noch nie einen Marathon aufgegeben, wenn ich merke, es läuft nicht mehr so gut, schalte ich eben einen Gang zurück und reduziere mein Ziel auf “ankommen”, und zwar “gesund ankommen”.
Ich halte mich da an den Läuferspruch: Laufen, solange es geht, und dann gehen, bis es wieder läuft.
Ich glaube, mein Kamerateam war jedesmal froh, wenn sie mich unterwegs wiedergefunden haben und ich noch zusammenhängende Sätze von mir geben konnte.
In St. Margrethen, wo ein großes Dorffest war und die Cheerleeder und Bands um die Wette die Läufer anfeuerten, ging es mir am schlechtesten, von dort sind meine langsamsten Kilometer. Ab hier sah ich auch andere Läufer immer wieder Gehpausen einlegen. Die Sonne stand hoch am Himmel, die Zuschauer saßen in Top und kurzen Hosen an der Strecke und ließen sich bräunen. Überhaupt waren viel mehr Zuschauer an der Strecke, als man das bei einem Landschaftsmarathon vermutet, ich habe in Hard auf dem Hin-und Rückweg dieselben Leute gesehen, sie haben also ausgeharrt, bis wir wieder zurückkamen.
Bei diesem Biergartenwetter kamen auch die größten Sportmuffel an die Strecke, ich habe heute gelesen, es wäre Föhn gewesen und das Thermometer hätte mittags 26,5 Grad angezeigt.
So langsam hatte ich das Gefühl, daß sich mein Magen wieder beruhigt und ich habe dann bei den nächsten Getränkestellen angefangen, schluckweise Cola zu nehmen und hatte auch das Gefühl, daß mir das guttut. Den angebotenen Rotwein in Hard mußte ich leider ablehnen, aber es war immer nett, mit den Leuten in den Vorgärten kurz einige Worte zu wechseln. Ab Hard ist mir auch aufgefallen, daß zeitweise fast nur noch die Staffelläufer richtig gelaufen sind, die Marathonis in meinem Zeitbereich waren fix und alle. Wir haben an den Erfrischunggstellen miteinander gesprochen, sind zusammen wieder angelaufen bis dann so nach und nach wieder manche eine kurze Gehpause einlegen mußten, dann gab's beim Vorbeilaufen eine kurze Aufmunterung, bis man selbst wieder an einen Punkt kam, wo der innere Schweinehund übermächtig wurde.
Leider waren auch immer mehr Krankenwagen unterwegs, ich hab auch einige Läufer gesehen, die am Wegrand oder an der Böschung saßen und nicht mehr weiter konnten, und auch viele, die sich mit Krämpfen rumplagen mußten.
Als wir wieder über die Bregenzer Ach liefen, ging es mir im Gegensatz zu vielen meiner Mitläufer eigentlich wieder richtig gut, ich fühlte mich wieder frischer, hatte mir am Verpflegungspunkt bei km 38 wieder Cola geben lassen und habe den Autofahrern im Stau auf der Brücke mit dem Becher in der Hand zugeprostet, es haben alle zurückgewunken, gerufen, mich angefeuert, hat denen wohl auch Spaß gemacht.
Dann kam wieder ein Kurzinterview vor dem Kloster Mehrerau, ich weiß nicht mehr, was der Kameramann gefragt hat, ich weiß nur noch, daß ich geantwortet habe, ich hätte heute mehr himmlischen Beistand gebrauchen können.
Wahrscheinlich hat das ganz oben jemand aufgeweckt, denn ab jetzt lief es richtig gut, ich hatte das Gefühl, ich hätte Flügel. Im Wäldchen vor Bregenz konnte ich einige Läufer überholen, vielen Gehern einen Klaps geben und mitziehen, auf komm, zusammen schaffen wir das noch, einer hat sich auch kurz noch an mich rangehängt, mußte dann aber leider doch abreißen lassen. Kurz vor dem Ziel kam dann die letzte Schikane, ein kleine steile Rampe über einen See, aber wenn dann eine ganze Gruppe Zuschauer danebensteht und man dann auch noch gefilmt wird, beißt man ein letztes Mal auf die Zähne und rennt drüber.
Auf der Straße vor dem Stadion stand dann mein Mann und hat uns fotografiert, eine strahlende Rennschnecke und nebendran das Motorrad, wie sich der Kameramann runterbeugt und meine Waden/Füße aufnimmt.
Und ab dann wurde es richtig geil: die letzte Kurve, dahinter gut aufgelegte Zuschauer, die für jeden um-die-Ecke-bieger ein Gebrüll veranstalteten, der Einlauf durch das Tor ins Stadion immer noch mit dem Motorrad im Schlepptau, die Stadionatmoshäre, die rote Bahn wie ein roter Teppich, "do kriagst a Ganslhaut" wie der Sieger von 2008, Christian Pflügl, sagte, ich hab meine Mütze vom Kopf gerissen und geschwenkt, hab den Stadionsprecher mich ansagen hören und dann war ich auch schon im Ziel. Auf die Uhr hatte ich schon lange nicht mehr geschaut, Zeit war mir jetzt sowieso egal, und die Stopp-Funktion drücken hab ich auch vergessen.
Das war mein schönster Marathon-Einlauf bisher, körperlich ging es mir wieder gut und alle Strapazen unterwegs waren in diesem Moment vergessen.
Ich hab dann auch gleich von einem jungen Mann meine Medaille umgehängt bekommen und kaum hatte ich mich umgedreht, kam das Stadion-Kamerateam und wollte ein Ziel-Interview. Leider hab ich bei der ganzen Geräuschkulisse kaum die Fragen verstanden und ich fand es sehr gewöhnungsbedürftig und etwas unangenehm, die Kamera genau vor dem Gesicht zu haben, da hat man sicher jede Pore in Großaufnahme gesehen. Unterwegs beim Laufen war das Drehen fast nicht zu merken, ging alles ganz unaufdringlich vor sich.
Beim Bummel durch das Verpflegungsdorf war die Kamera auch dabei. Leider hab ich nicht mehr allzuviel bekommen, ich hatte auch den Eindruck, manche Stände waren ganz leer und es wurde schon langsam abgebaut. Getränke waren noch genug da, aber ich hätte mir noch was herzhaftes zu essen gewünscht, erwischt habe ich dann nur noch eine Handvoll Salzstengelchen. Und das war auch die letzte Tüte. Bananen waren noch genug da, aber wahrscheinlich kann kein Läufer nach 42,2 km noch Bananen sehen. Ich denke immer noch mit Wehmut an Köln zurück, das habe ich seither nie wieder so erlebt, da gab es Brotstücke und Fleischwursträdle, auch kleine Essiggurken, da hätte ich richtig Appetit drauf gehabt nach dem ganzen süßen Tee und Cola unterwegs und was Salziges hätte sicher dem Mineralienhaushalt auch gutgetan nach dem vielen Schwitzen. Ist aber meine persönliche Vorliebe, andere haben einen anderen Geschmack.
Im Verpflegungsbereich habe ich 2 Läufer getroffen, die morgens mit mir in der Gruppe um “rob” gestartet sind, aber auch diese beiden sind weit nach 4 Stunden ins Ziel gekommen.
Geplant war noch, bei der Massage zu filmen, aber da war viel zu viel Andrang, deshalb haben wir uns da nicht mehr angestellt und sind gleich weiter zu den LKW's, um meinen Kleiderbeutel abzuholen.
Und hier schließt sich der Kreis, was morgens um Zehne mit der Kleiderbeutelabgabe begonnen hatte, endete kurz vor Vier an demselben LKW.
Nächste oder übernächste Woche bekomme ich nochmal Besuch vom Bodensee, Nachbetrachtung, mein Resümee des Laufes usw. und ich hoffe, ich bekomme schon eine erste Fassung meiner Aufnahmen zu sehen. Vielleicht kann ich dann noch ein bißchen Einfluß nehmen, wenn ich mich gar zu schlimm als Model finde.
Nach dem Umziehen im Bregenzer Hallenbad haben wir beim Warten auf den Zug nach Lindau auf dem Bahnhof noch die Marathonsieger gesehen. Ich hab die Siegerin, Helen Kimutai, gefragt, ob ich sie fotografieren darf, und jetzt hab ich ein Foto von 2 Siegerinnen, die Gesamtsiegerin (2:43) und die persönliche Schweinehund-Besiegerin (4:25).
Miss Kimutai hat mir erzählt, sie ist 27 Jahre alt und ich bin so alt wie ihre Mutter.
Der Männer-Sieger Evans Kamromboi (2:17) hat mir auch ein Foto gestattet, er saß still auf seiner Wartebank und blickte ganz ernst in den Fotoapparat, erst als ich gesagt habe, hey, you are the winner, konnte er sich ein Lächeln abringen. Dabei war er heute gar nicht Favorit, das war Titus Kosgei, aber der hatte heute genauso Probleme wie ich und mußte bei km 35 gar eine Gehpause einlegen. Sind auch alles nur Menschen und keine Maschinen, gestern sind sicher alle Läufer an ihre körperlichen Grenzen gestoßen.
Das war jetzt meine 3. Teilnahme beim 3-Länder-Marathon und wieder war es ein schöner Lauf (bis auf die Kilometer zwischen 20 und 35 ) und das Marathon-Modeln war ein interessantes und abwechslungsreiches Erlebnis. Hinter jeder Kurve hab ich gedacht, wo sind sie? was fragen sie diesmal? kann man mich überhaupt verstehen bei der Schnauferei?
Bis gespannt, wie die DVD wird.
Und hier der Schlußsatz, kurz gereimt von meinem Mann:
Drei Teilnahmen, drei Länder,
und vor den Augen immer der Pfänder
Das Marathon-Model 2010
Rennschnecke
PS: mit meiner Zeit bin ich 9. W50 von 21 W50 geworden, zeigt mir also, daß auch meine Mitläuferinnen an diesem Tag schwer zu kämpfen hatten.
Übrigens: die 4- Stunden-Marke habe ich dann in der W55 geknackt.
3 Wochen später war Drehtag bei mir zuhause:
Diese Woche hat es geklappt, am Dienstag war das Kamera-Team da und es wurde ein anstrengender Nachmittag für mich, ein paar Stunden Drehen für ein paar Minuten auf der DVD. Die DVD dauert insgesamt nur 15 Minuten, da ist dann ein Großteil für die Veranstalter und die Sponsoren reserviert, wieviel dann für die Läufer und für mich übrigbleibt - keine Ahnung.
Die Außenaufnahmen gingen noch, wir waren auf meiner Laufstrecke durch die Felder, ich nach Anweisung gelaufen, hin und her und auf die Uhr geschaut und die Uhr gedrückt, der Kameramann z.Tl. mit Stativ in einem Feldweg und mich beim Draufzulaufen oder Weglaufen aufgenommen, z.Tl. auch aus dem offenen Kofferraum vom Kombi während des Fahrens gefilmt.
Vor unserem Haus war es da schon aufwendiger, mal hat sich jemand in der Haustür gespiegelt, mal hab ich in die Kamera geschaut, mal sind grade Nachbarn mit dem Auto weggefahren...usw.
Dann kam das Interview: zuerst mußte ich verkabelt werden, dann hat das Mikro nicht gehalten, manchmal waren wir draußen im Garten, da hab ich gefroren bei 7 Grad und stand am Anfang bolzengrade wie beim Militär. Als ich erzählen sollte, ist mir nix eingefallen - und das mir.

Nach ein paar Stichworten hab ich dann angefangen, mußte aber dann 1000-mal wieder neu beginnen - mal zu langatmig, mal gestottert, mal ganz aufgehört, mal den Faden verloren, mal hat in der Nachbarschaft jemand mit dem Laubsauger losgelegt, mal direkt in die Kamera geschaut, mal blöd gelacht, mal den Kopf zu hoch gehalten - immer wieder war was, und wenn dann alles gestimmt hat, ist mir der vorher formulierte Satz nicht mehr eingefallen.

Wenn mir die Redakteurin nicht die Sätze, die ich schon mal gesagt und als gut befunden hatte, immer wieder souffliert hätte, würden wir wohl jetzt noch dasitzen. Am Schluß war ich richtig matschig im Hirn, ich fand es eine wahnsinnnige Konzentrationsleistung. Gottseidank können sie dann später alles zusammenschneiden und in die richtige Reihenfolge bringen.
Wer Loriot's Sketch “Ich heiße Erwin Lindemann, habe 500 000 DM im Lotto gewonnen und mache mit dem Papst eine Herrenboutique in Wuppertal auf ” kennt, kann sich vorstellen, wie die Dreharbeiten abliefen. Zum Schluß wußte ich am Satzende nicht mehr, wie mein Satzanfang war
Ich habe mir das nicht so schwierig für mich vorgestellt, ich habe mir im Vorfeld eingebildet, ich krieg das besser hin. Insgesamt fand ich es sehr anstrengend, ich hatte Kopfschmerzen und war ganz k.o. hinterher.
Am Ende wurde noch unsere Schuhgalerie im Keller und meine Medaillenleiste im Schlafzimmer aufgenommen. Der Kameramann hat mir leid getan, das Ding wiegt 12 Kilo und er mußte in Keller und Schlafzimmer freihändig drehen.
Da haben sie in Bregenz noch viel Arbeit, bis da was Gscheites rumkommt. Ich hab mir am Abend noch was Hochprozentiges aus dem Kühlschrank geholt, kommt selten vor, hab ich mir aber gegönnt an diesem Tag. Hinterher mußte ich mich erstmal hinlegen, ich werde in Zukunft nie mehr über Interviewte ablästern und habe viel mehr Verständnis für die Leute auf Gottschalk‘ Couch.