Herzlichen Glückwunsch den FinisherInnen vom Wochenende
Hab mich gefreut, mal wieder einige live zu erleben und ein paar neue Gesichter kennenzulernen. Besonderer Dank geht an Tina und Niko für Früstück in der warmen Stube usw.
Weil meine eher unspektakuläre Aktion für mich doch so viel Erlebnisse, Erkenntnisse und Wechselbäder der Gefühle zu bieten hatte schreib ich mal wieder einen kleinen Bericht ...
Freitag, 18 Uhr. In der Liste stehen ausser mir noch zwei Frauen, die aber weit und breit nicht zu sehen sind. Mario Schönherr, der Frontman der Trail Maniaks wünschte mir gutes Gelingen, so machte ich mich kurz nach 18 Uhr auf den Weg.
Im Rucksack hatte ich zwei kurze und zwei lange Shirts sowie eine kurze Hose zum wechseln. Zu wenig, wie sich herausstellen sollte, Für genügend Wechselklamotten hätte ich aber einen 50-Liter-Rucksack mitnehmen müssen, hinterher ist man eh schlauer.
Das beste vorweg, es regnete nur ein mal

Es ging gleich knackig bergauf, ich war gut drauf. Nach ca. einer Stunde tauchten vor mir die zwei Frauen, Anita und Dagmar auf. Es war sofort klar, wer bei dem geilen Wetter um 19 Uhr da oben im Niemandsland rumwandert macht das sicher nicht zum Spass, der will sichs geben und die 108 km mit 4200 Höhenmetern in 24 Stunden hinter sich bringen.
Wir unterhielten uns und ich beschloss, die Nacht gemeinsam mit den beiden zu wandern. Ich hatte nämlich nicht besonders viel Lust, mein Gelaber die ganze Nacht durch ganz allein ertragen zu müssen.
Am nächsten Steilstück waren die beiden dann aber ruckzuck ausser Hörweite, so bin ich unhöflich, ohne mich zu verabschieden doch allein weitergewandert. Nach 2 Stunden war mir schon kalt, ich hatte den Berg hoch geschwitzt und nun ging es wellig weiter. Jetzt schon frische Klamotten? Nein, zu früh! So war also schon mal eine Weile lang probefrieren angesagt. Es wurde langsam dunkel, so holte ich die Stirnlampe raus, dabei merkte ich, dass die Finger ganz schön klamm waren. Kein Problem, ich hatte ja Handschuhe dabei. Doch ein Problem, die Finger waren schon so kalt, dass ich fast nicht reinkam.
Ich hatte übrigens schon nach 2 Stunden mit dem Gedanken gespielt, umzudrehen und die Nacht im warmen Schlafsack zu verbringen, die Gedanken, die ganze Nacht durchhalten zu müssen fand ich richtig scheisse. Eh klar, umkehren, ohne mich ...
Hab mich dann mal umgezogen, sofort war mir warm und damit war auch die Laune wieder bestens. Es ging gut voran, bis ich mal Bestandsaufnhme machte. Ich hatte nur einen Liter Wasser dabei. Du kommst ja beim wandern ständig irgendwo vorbei, wo es was zu trinken gibt. Zwischendurch geh ich natürlich auch ein zweimal richtig was essen. Tolle Idee! Es ist Nacht. Die geht noch lang. Wenn ich Glück hab, bekomme ich um 8 Uhr irgendwo ein deftiges Frühstück. Dann bin bin ich aber schon 14 Stunden unterwegs. Vielleicht hätte ich mir das mal vorher ausrechnen sollen. Sorry, genau jetzt hab ich gaaaaanz viel Zeit, alles mögliche auszurechnen, wär doch saublöd, das vorher zu tun

Schliesslich hatte ich ja 5 Riegel dabei, mit denen überleb ich die Nacht.
Klar war, ich brauch irgendwann Wasser. Der Körper rebellierte nach etlichen Stunden schon ein wenig. Klar war auch, es gibt bestimmt auch hier Brunnen undQuellen, nur seh ich sie nicht. Wie auch? Stirnlampe war als Stirnlampe nicht zu gebrauchen, durch die hohe Luftfeuchtigkeit sah ich nichts als Nebel, ich musste sie in der Hand relativ weit unten halten, dann ging es gut. Die Orientierung war teilweise trotz aufs GPS geladenem Weg schwierig, ging aber recht gut.
Ich beschloss, aufmerksamer nach Wasser zu schauen (nicht das Wasser von oben, das musste man nicht suchen). Kalt war mir natürlich auch wieder, bitterkalt! Frieren UND Durst? Nein, also die letzten Wechselklamotten angezogen, in der Hoffnung, dass jemand oben irgendwann den Hahn zudreht.
Irgendwann sah ich ein kleines Schild: Schutterquelle. Quelle klingt gut, Hab mit der Lampe rumgeleuchtet und sah eine grosse Hinweistafel. Hätten Sie's gewusst? Hier entspringt die Schutter. Ich musste lachen. Nein, ich habs nicht gewusst aber ich finde es genial, dass hier die Schutter entspringt. Die Quelle war eingefasst und ich hab mir erst mal den Bauch mit Wasser vollgehauen und die Flaschen gefüllt.
Mir war warm und ich hatte keinen Durst, klasse!
Nach ca. 40 km, keine Ahnung ob das vor oder nach der Schutterquelle war, hatte ich schon leichte muskuläre Probleme, das kann ja heiter werden. Bin dann immer mal wieder ein paar hundert Meter gejoggt, irgendwann gings den Beinen auch wieder klasse. Auch am Ende waren die Beine noch tiptop, eine der vielen positiven Erkenntnisse der Tour!
Ich war im Schnitt sehr konstant mit über 5 km/h unterwegs, hatte erst 3 kleine Pausen hinter mir, lag also sehr komfortabel in der Zeit. Mir ging es gut und ich war überzeugt davon, das Ding zu Ende zu bringen.
Irgendwann hatte ich deutlich über die Hälfte, Zwischenziel war Waldkirch nach ca. 73 km. Wenns so weiterläuft bin ich gegen 8 bis 8:30 Uhr dort. Dort bekomme ich sicherlich Kaffee und was zu essen. Die Füsse waren schon nach 10 km nass, noch keine Blasen, wunderbar.
Der Weg wurde langweilig, es wurde hell und mir war, wer hätts gedacht, kalt ... saukalt. Ich hatte mich darauf gefreut, dass es hell wird. Nun war es also hell aber es war ätzend. Ich sah nicht viel mehr als in der Nacht. Der Regen wurde stärker, mir wurde kälter. Je näher ich dem Zwischenziel kam umso schlechter wurde meine Stimmung. Auf den Wegweisern war Waldkirch mit S-Bahn-Zeichen zu sehen ... S-Bahn -> Busbahnhof -> Bus nach Simonswald ... klingt gut.
So langsam kündigten sich dann doch Blasen an, wenn man dran denkt scheinen sie zu kommen. Gut. Mir ist eh viel zu kalt. Andererseits gehts hinter Waldkirch auf den Kandel hoch, da wirds mir wieder warm. Danach nur noch 25 km frieren oder vielleicht auch nicht?
Die Luft war raus, Spass machte es schon lang nimmer, 8:20 Bahnhof Waldkirch. Im Bahnhof eine Bäckerei. Busfahrplancheck ... 08:31 Bus nach Simonswald. Perfekt, Schnell 4 Käselaugenstangen und einen Kaffee zum mitnehmen geschnappt und rein in den warmen Bus. Herrlich!
Um 9 Uhr tauchte ich Im Start/Ziel-Bereich auf und wurde sehr sehr herzlich von Mario und ein paar anderen empfangen. Sie gaben mir sofort trotz Abbruch das Gefühl, nicht der Verlierer des Tages zu sein

und schickten mich unter die heisse Dusche.
Nach dem sehr langen und sehr heissen duschen ging es mir richtig gut, erst später kamen dann die Gedanken Weichei, Du hättest das doch locker zu Ende bringen können usw.
Nix da. Es ging in dem Moment nimmer! Das passt.
Ich bin relativ weit gekommen, hatte mit etlichen Problemen zu kämpfen, hab immer wieder die Kurve zu guter Laune bekommen, da darf ich irgendwann auch abbrechen. Über 14 Stunden lang nonstop im Dauerregen unterwegs, das kannte ich noch nicht. 2 mal hatte ich bisher die Chance dazu, beide Male sagte der Veranstalter: Ende! Diesmal sagte ich: Ende ... und hab keine Lust, diese 14 Stunden irgendwann mal zu toppen!
Habe fertig (den kurzen Bericht, die weiteren Millionen Gedanken und Eindrücke erspar ich Euch) ...
Holle